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Streaming: In dieser Serie wird ein besseres Hollywood erfunden

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In dieser Serie wird ein besseres Hollywood erfunden

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    David Corenswet spielt in „Hollywood“ den GI Jack.
    David Corenswet spielt in „Hollywood“ den GI Jack. Foto: Netflix

    In der siebenteiligen Netflix-Serie „Hollywood“ werfen Ryan Murphy und Ian Brennan einen etwas anderen Blick auf die Goldene Ära der amerikanischen Filmindustrie. Denn die 1940er und 50er Jahre waren nicht nur von ungeheurer Produktivität und Kreativität gekennzeichnet, sondern auch von den Zensurvorgaben des „Hayes-Code“, mit dem die Sittenwächter gegen vermeintlich unmoralische Werke vorgingen. Es war die Zeit der großen Doppelmoral. Denn natürlich lebte die kreative Gemeinde in Hollywood keineswegs nach den sittlichen Vorstellungen, die sie in ihren Filmen verteidigte.

    Während Rock Hudson als züchtiger, romantischer Held an der Seite von Doris Day und Gina Lollobrigida Karriere machte, war es in Hollywood ein offenes Geheimnis, dass er im echten Leben Männer liebte. Aber nicht nur homophobe Ressentiments, sondern auch rassistische Stereotypen wurden seinerzeit in Hollywood perpetuiert. Als erste Afroamerikanerin gewann Hattie McDaniel 1940 für ihre Nebenrolle als Haussklavin in „Vom Winde verweht“ einen Oscar, wurde bei der Verleihung an einen Tisch weit weg von den weißen Nominierten platziert und kam ihr Leben lang nicht über die Rolle des Dienstmädchens hinaus.

    "Hollywood" stimmt kein Klagelied gegen Diskriminierungen an

    Von all dem erzählt „Hollywood“ im Modus einer gut gelaunten Unterhaltungsserie. Denn Murphy und Brennan stimmen kein politisch-korrektes Klagelied gegen die Diskriminierungen vergangener Zeiten an, sondern holen keck zu einem Alternativentwurf der historischen Wirklichkeit aus. „Hollywood“ geht der Frage nach, was wäre, wenn man damals mehr Mut bewiesen, eine Frau ein Studio geleitet, eine Afroamerikanerin die Hauptrolle bekommen hätte und Rock Hudson Hand in Hand mit seinem Lebensgefährten über den roten Teppich gegangen wäre.

    Im Zentrum steht eine Gruppe junger Menschen, die mit einem Koffer voller Träume nach Los Angelas kommen und im Filmgeschäft Karriere machen wollen. Der ehemalige GI Jack (David Corenswet) steht jeden Tag erfolglos vor den Studiotoren für einen Statistenjob an. Erst als er an einer Tankstelle arbeitet, wendet sich sein Blatt. Denn Besitzer Ernie (Dylan McDermot) kümmert sich nicht nur um die Treibstoffversorgung, sondern vermietet seine schmucken Tankwarte auch als sexuelle Dienstleister.

    Schwerreiche Produzenten-Gattinnen fahren auf der Suche nach einem Abenteuer vor, auch schwule Hollywood-Größen wie der schüchterne Rock Hudson (Jake Picking), um den sich Kollege Archie (Jeremy Pope) kümmert. Der wartet auf seinen Durchbruch als Drehbuchautor, aber der Studiochef will nicht den Namen eines Afroamerikaners auf dem Filmplakat. Die Dinge ändern sich, als der Boss nach einem Herzinfarkt im Koma liegt und dessen Ehefrau Avis (Patti LuPone) die Geschäfte übernimmt. „Hollywood“ entwickelt über sieben Folgen die turbulente Energie einer klassischen Screwball Comedy und versteht sich als kritische Liebeserklärung an Hollywood. Murphy und Brennan mischen beherzt erfundene und reale Charaktere. Das fiktive Konzept ermöglicht es, dass sich die Figuren von den Ressentiments befreien. Dabei befindet sich die Serie nicht nur durch ihre verschwenderische Ausstattung, sondern auch durch ihren Mut im Einklang mit jener goldenen Ära des Kinos.

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