Von einem Lockdown light im November ist die Rede. Den Kulturbereich treffen die neuen Verordnungen zur Bekämpfung der Pandemie allerdings mit voller Wucht. Dementsprechend fallen auch die Reaktionen von Theaterleuten, Kinobetreibern und der freien Szene aus.
Für unangemessen und „eine fatale Fehlentscheidung“ hält die Intendantin des Landestheaters Schwaben, Kathrin Mädler, die Veranstaltungsverbote. Sie wirft der Politik vor, mittels „patriarchalischem ordre du mufti“ zu handeln und sich nicht genau zu informieren. Folge: „Die Kultur wird besinnungslos geopfert.“ Dabei seien die Hygienekonzepte und Vorsichtsmaßnahmen in den Theaterhäusern und Konzertsälen so gut, dass es bisher nirgendwo Ansteckungen gegeben habe. „Das Publikum ist sehr diszipliniert“, sagt sie.
Die Landestheater-Intendantin stört, dass es hauptsächlich um die Wirtschaft geht
Die Politik hätte Mädlers Ansicht nach viel differenzierter vorgehen müssen. Veranstaltungsverbote bringen ihrer Ansicht nach nichts in der – gleichwohl dringend notwendigen – Bekämpfung des Coronavirus. Die Kulturschaffenden und die Veranstaltungsbranche zahlten einen hohen Preis für einen kleinen Nutzen. Die Landestheater-Intendantin stört auch, dass es in den Corona-Debatten vorrangig um die Rettung der Wirtschaft und medizinische Fragen gehe, nicht aber um die gesellschaftlich-soziale Problematik. Kunst und Kultur könnten für den dringend nötigen Kitt in der Gesellschaft sorgen – das werde übersehen.
Auch die Kinos müssen schließen. Für Alexander Rusch aus Aichach, der an acht Standorten Cineplex-Kinos betreibt, hat der November-Lockdown zwar ein Gutes: „Es ist absehbar, wann er wieder beendet ist, das ist ein großer Unterschied.“ Für diesen Zeitraum müsse er die Kinos auch nicht komplett herunterfahren, was Kosten spare. Mitarbeiter könnten jetzt Überstunden abbauen oder würden für den Zeitraum in Kurzarbeit geschickt.
Die Kinos halten sich an die Hygieneregeln
Eine große Sorge von Rusch aber ist, dass die Filmverleiher nun wieder Starttermine im größeren Stil verschieben könnten. Wenn die angekündigte Regelung, 75 Prozent des November-Umsatzes ersetzt zu bekommen, nicht noch einen Haken habe, sei das eine gute Regelung. Gutheißen kann er die Entscheidung, jetzt auch die Kinos schließen zu müssen, jedenfalls nicht. „Wir halten uns an die Hygieneauflagen, über die modernen Lüftungsanlagen wird die Luft ständig ausgetauscht. In unseren Kinos hat sich noch niemand angesteckt“, sagt Rusch. Dass Friseure weiter arbeiten dürfen, Kinos aber nicht, sei nur schwer nachzuvollziehen.
Auch in der freien Theaterszene schafft der November-Lockdown Frust. Sebastian Seidel, der in Augsburg das Sensemble-Theater aufgebaut hat, muss nun eine erfolgreiche und große Produktion vorzeitig absetzen, ohne dass er sie im Anschluss wieder aufnehmen kann. „Eine große Investition ist einfach weg, viel Arbeit für keinen Ertrag“, sagt er. Mit Mitteln des Bundes sei das Theater in Augsburg für einen Betrieb in Corona-Zeiten umgerüstet worden. Es gebe jetzt auch Virenfilter. „Wir stehen vor einem Rätsel, warum solche Anschaffungen gefördert worden sind, wenn jetzt wieder geschlossen werden muss.“ Außerdem glaube er nicht, dass die Infektionszahlen zurückgehen, weil Theater geschlossen werden. Er reagiere mit absolutem Unverständnis auf den neuen Lockdown, weil nur mit einem Pauschalverdacht vorgegangen und nicht differenzierter entschieden werde.
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