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Salzburger Festspiele: Anna Prohaska: Eine ganz Große wächst heran

Salzburger Festspiele

Anna Prohaska: Eine ganz Große wächst heran

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    Schwarz ist dieser Abend, tiefschwarz. Der Flügel, vor dem sie steht, ihr schwarzer Schopf, ihr Anzug im angedeuteten Husaren-Schnitt, die Lieder, die sie singt mit schwarz blitzenden Augen. Anna Prohaska auf der Bühne des Mozarteums Salzburg, das 1914, in den ersten Wochen des Ersten Weltkriegs eingeweiht worden war – und zwar „im Einvernehmen mit der II. Sektion des Frauen-Kriegshilfs-Komitees“. Damals sang die große Lilli Lehmann zum Auftakt Mozart, jetzt singt

    Die Geschichte beginnt 1983 in Neu-Ulm

    Wie es dazu kam, ist eine längere Geschichte. Sie begann 1983 in Neu-Ulm, wo Anna Prohaska als Tochter des damaligen Ulmer Oberspielleiters, des Regisseurs Andreas Prohaska, geboren wurde. Und als Enkelin des Dirigenten Felix Prohaska. Und als Urenkelin des Komponisten Carl Prohaska. Die Interessenlage, die Gespräche im Elternhaus: Sie muss man an dieser Stelle nicht erörtern. Wichtiger ist, dass der einstige Ulmer Generalmusikdirektor Eberhard Kloke, ein Freund der Familie, Anna Prohaska unter die Fittiche nahm, sie ausbildete und stark forderte, als die Prohaskas schon weitergezogen waren nach Wien, Berlin. Dieser

    Anna Prohaska singt, wie sie sich im Gespräch gibt

    Nun aber singt sie hier im Mozarteum vor diesen eingeschworenen Kennern der Kammermusik und des Liedgesangs. Sie singt deckungsgleich das in Tonartenfolge und Dramaturgie ausgetüftelte CD-Programm, nicht weniger, nicht mehr. Aber sie tut es so, wie sie sich im Gespräch auch gibt: reif, eloquent, wissend, gebildet. Da steht kein gewitzter, glockenheller Mozart-Sopran (der sie – zumal in Salzburg – auch sein kann), da steht eine zwischentonreich-nachdenkliche Künstlerin, die Eindeutiges in Text und Musik umschifft, lieber lakonisch den Doppelsinn frei gibt, das Dräuende, das Ungewisse. „Die Komponisten verhalten sich nie unkritisch“, sagt sie.

    Und so ist makellos, aber tiefschürfend, Beethovens „gerührte Trommel“ zu hören (Egmont), schmerzend-süß „Kriegers Ahnung“ von Schubert, auch Schumanns „Grenadiere“, Hugo Wolfs „Tambour“, Mahlers „Schöne Trompeten“, Kurt Weills „Beat, Beat, Drums“ nach Walt Whitman. Und es erklingen drei Lieder Hanns Eislers auf Brecht-Gedichte, darunter, geboten trocken, die „Heimkehr“ in die Vaterstadt Augsburg, darunter die „Panzerschlacht“, in der Brecht bitter fragt, was seine Spielfreunde aus den Kindheitstagen am Lech nun in Flandern und in der Champagne auf den Gefechtsfeldern anrichten. Eric Schneider begleitet das alles am Flügel außerordentlich prägnant.

    Wäre der Siegerkranz, der im Ersten Weltkrieg so oft patriotisch geschmettert wurde – übrigens auch zur Einweihung des Mozarteums –, ein Lorbeer für nach innen gerichtete Kunst, man müsste ihn leise, still Anna Prohaska aufsetzen. Ovationen. Eine ganz Große wächst heran.

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