Der Philosoph Peter Sloterdijk sieht in der Klimafrage die einzig mögliche Quelle für eine große Glaubensbewegung. Unserer Redaktion sagte er: „Vielleicht wird die kollektive Klimasensibilität die letzte Weltreligion sein.“ Es wäre „überdies die erste, die alle erreicht“. Die bisherigen Weltreligionen seien nach Jahrtausenden, in den sie sich „als metaphysische Hure der Macht wichtig gemacht hätten“, heute in Gesellschaften, die sie nicht diktatorisch instrumentalisierten, nicht mehr bindend, also „funktionslos“ geworden. Die Religion sei damit erstmals in der Geschichte nur noch Privatsache. Auch die Menschenrechte hätten diese gesellschaftseinende Kraft nicht. Für die Klimareligion aber brauche es keine neuen Götter. Der Philosoph: „Man kann aus C02 aber keine Gottheit machen. Eher aus der atmosphärischen Hülle des Planeten. Die will nicht liturgisch verehrt sein, sie muss nur mit Sorgfalt respektiert werden.“ Klimawandel-Skeptikern sagt der 73-Jährige „schwere Zeiten“ vorher.
Sloterdijks Buch: "Den Himmel zum Sprechen bringen"
In der aktuellen Situation wirft Sloterdijk den Corona-Leugnern vor, die Gesellschaft zu spalten, die heute eine „Empathiegemeinschaft“ sei. Der Denker gegenüber unserer Redaktion: In Deutschland ist es eine sperrige Minderheit, die die Empathiegemeinschaft verweigert. In den USA hat sich eine fast bürgerkriegsartige Spaltung der Gesellschaft vollzogen – sie trennt Leute, die ihre Betroffenheit von der Pandemie-Sorge zugeben, und solche, die ihre Betroffenheit leugnen.“ Der Autor, von dem kürzlich das Buch „Den Himmel zum Sprechen bringen“ erschienen ist, sieht darin ein Vorzeichen: „Man dürfte sich nicht wundern, wenn die so zerklüfteten Gesellschaften eines Tages psychopolitisch bankrott machen.“
So feiert Peter Sloterdijk Weihnachten
Das bevorstehende Weihnachtsfest feiert der Philosoph, der selbst einst bekennender Buddhist war, lediglich als familiäre Tradition. Sloterdijk: „Meine Frau kommt aus einem protestantischen Haushalt. Da ist es üblich, ein Weihnachtsfest zu organisieren, insbesondere für Kinder und Großeltern.“ Für ihn selbst gelte: „Ich habe für das Brauchtümliche weniger Sinn, aber es gibt nichts in mir, was sich dagegen sträubt.“
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Peter Sloterdijk: Erstmals ist die Religion heute frei
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