Muss man noch sagen, dass das neue Buch sofort wieder in der Spitze der Bestsellerlisten steht? Wie jedes andere auch der Serie! Aber nein: Es handelt sich hier nicht um eine der dort sonst anzutreffenden Star-Reihen in Thriller, Regional-Krimi und Fantasy. Sondern vielleicht um so was wie eine Mischung aus alldem. Es sind durchaus düstere, mörderische Dramen aus stets ein und derselben erfundenen Region. Und der Starautor ist seit vielen Jahren aus der Öffentlichkeit verschwunden, ein Phantom. Die letzten Fotos von ihm sind jetzt 25 Jahre alt …
Klingt abenteuerlich? Ja – das ist es auch! Und Abertausende lieben es genau deshalb: Zamonien. 20 Jahre ist es her, dass der zuvor schon mit „Das kleine Arschloch“ erfolgreiche Autor und Zeichner Walter Moers die Reisen in dieses Fantasiereich begonnen hat. Unter dem Titel „Die 131/2 Leben des Käpt’n Blaubär“ bezeichnete er sich erstmals als Übersetzer des dortigen Autors Hildegunst von Mythenmetz – der Stoff ist nach früher Verfilmung kürzlich auch zum Musical geworden.
Und nach sieben weiteren Bestsellern von „Ensel und Krete“ über „Der Schrecksenmeister“ bis zuletzt „Weihnachten auf der Lindwurmfeste“ (in der Heimat von Hildegunst also), nach kongenialen Hörbüchern, mit eigener Homepage, auf der die vielen Anspielungen in Moers’ Schöpfungen diskutiert werden: Jetzt gibt es schon wieder einen neuen Publikumsliebling.
Aber nein, es ist wieder nicht der lange erwartete dritte Teil der vielleicht tollsten, jedenfalls zentralen Zamonien-Erzählung, begonnen vor 15 Jahren: „Die Stadt der träumenden Bücher“. Aber es ist mit „Der Bücherdrache“ wieder eine Reise in die Katakomben unter der Bücherstadt Buchhaim. Anders als noch in „Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr“ hat Moers wieder selbst gezeichnet, wie Hildegunst in einem Traum im Traum im Traum die Geschichte seines Buchlings erfährt. Für Nicht-Zamonier: Buchlinge sind in dieser Welt kleine Wesen, von denen jedes einen Autor hat, dessen Werk es in- und auswendig zu kennen hat.
Hildegunsts Buchling aber hat darüber hinaus etwas zu erzählen: Von der Begegnung mit einem Drachen nämlich, gefährlicher noch als die Spinxxxe, mächtiger noch als der Schattenkönig. Der schuppige Riese hatte sich einst in den Katakomben verborgen, ist dort mit Büchern, viel besser noch als die des Ojahnn Golgo van Fontheweg, quasi verschmolzen, ist quasi reines Orm geworden, was natürlich die Bücherjäger sehr interessierte …
Klingt abenteuerlich? Ja – das ist es auch! Eingeweihte haben den Goethe im Satz zuvor entziffert und sind mit diesen Anspielungen eh bereits in Vorfreude auf eine Rückkehr nach Zamonien versetzt. Allen anderen lesevernarrten Abenteurern, die noch keine Ahnung vom Orm haben, das literarisches Genie verleiht, sei die Reise dorthin nahegelegt. „Der Bücherdrache“ ist aber nicht zum Einstieg geeignet. Dafür bleibt am besten: „Die Stadt der träumenden Bücher“. Viel Spaß!
Walter Moers: Der Bücherdrache. Penguin, 192 S., 20 ¤