Bereits an diesem Mittwoch gibt der Südwestrundfunk anlässlich des Jubiläums in Ludwigshafen eine kleine Feier - inklusive Pressekonferenz und Filmvorführung. Denn Folkerts ist auch Rekordhalterin: Niemand ist so lange als Fahnderin in der ARD-Krimireihe dabei wie sie.
Dabei war es für die Schauspielerin früher nicht leicht, weil sie auf die Rolle der spröden Ermittlerin festgelegt war, was mittlerweile anders ist: So war sie beispielsweise der "Tod" in der Salzburger "Jedermann"-Inszenierung. 2008 veröffentlichte Folkerts mit ihrer Freundin, der Künstlerin Katharina Schnitzler, den Band "Glück gefunden" und ging auf Lesereise. Beim "Tatort" will sie weitermachen, so lange die Bücher gut bleiben, sagte Folkerts im Interview der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.
Was denken Sie, wenn Sie alte "Tatort" Folgen sehen?
Folkerts: "Niedlich! Und unbedarft. Die Mode war eine andere. Natürlich erinnere ich mich sehr genau an mein Leben damals. Es ist wie ein Fotoalbum, bei dem man denkt, ach, damals sah ich so aus. Eine gewisse Unsicherheit kann ich da erkennen, ein gewisses Sich-Behaupten-Wollen. Gedreht habe ich nur einen "Tatort" im Jahr, damals waren es 32 Drehtage, also sieben Wochen."
Sie haben nebenher gearbeitet.
Folkerts: "Als Anfänger verdient man nicht so viel, also habe ich gejobbt. Ich hatte die Freiheit, dorthin zu ziehen, wo ich wollte. Seitdem lebe ich in Berlin. Ich habe die Filmfirmen abgeklappert und mit Fotos beliefert. Aber da passierte nicht so schnell etwas. Also habe ich angefangen, in einer Bar in Charlottenburg zu arbeiten. "Be 4" - die gibt es heute nicht mehr."
Was war früher besser am "Tatort"?
Folkerts: "Früher hatten wir mehr Drehtage und mehr Zeit zu probieren. Inzwischen muss man sich beeilen, und die Tage werden lang und anstrengend. Fanden Sie, dass die "Tatorte" früher besser waren? Sie waren anders. Man durfte zum Beispiel noch rauchen, das geht heute gar nicht mehr. Es sei denn, der Regisseur kann erklären, warum das für eine Figur unbedingt vonnöten ist."
Heute sind die Sehgewohnheiten anders. Viele gucken amerikanische Serien auf DVD. Da wirkt der "Tatort" manchmal ein bisschen altmodisch.
Folkerts: "Was heißt altmodisch? "Tatort" ist freigegeben ab zwölf Jahren, das ist noch Familienprogramm. Ich finde "Tatorte" nicht altmodisch, sondern eher deutsch und eben nicht amerikanisch."
Ist das "Tatort"-Format denn noch zeitgemäß?
Folkerts: "Ja, es ist wahnsinnig beliebt. Alle haben einen Lieblingskommissar oder eine Stadt, Ermittlerpaare, die sie besonders mögen. Da ist für jeden etwas dabei. Und anscheinend ist es auch generationsübergreifend: Meine Nichte ist Ende 20, die guckt mit Freunden "Tatorte" auf der Großleinwand. Und das nicht nur, weil sie meine Nichte ist. Außerdem sind da immer noch Leute, die darf man sonntags um 20.15 Uhr nicht anrufen. Ich gucke auch "Tatort", aber nicht jeden Sonntag.
Geht Ihnen Lena Odenthal manchmal auf den Wecker?
Folkerts: "Nein, ich mache den Job wirklich gerne. Wir haben immer wieder eine neue Geschichte zu erzählen. Ich habe oft das Glück, ganz tolle Kollegen kennenzulernen und mit echt brillanten Regisseuren zusammenzuarbeiten. Es wird mir nicht langweilig. Ich probiere mich da auch aus. Natürlich ist es spannend, wenn ich zwischendurch auch ganz andere Rollen spielen darf."
Zwischenzeitlich waren Sie etwas frustriert, festgelegt zu sein.
Folkerts: "Das war eine Zeitlang so. Da wollte ich aus der Nische rauskommen und habe überlegt, muss ich dafür diesen "Tatort" aufgeben? Das macht man natürlich nicht so einfach. In den letzten sechs Jahren ist da eine Tür aufgegangen. Ich habe eine Zeitlang auf die Branche geschimpft, dass sie nicht richtig hinguckt. Es hatte aber auch mit mir zu tun. Man muss kommunizieren, dass man Zeit hat. Dass man nicht immer die Hauptrolle haben muss, auch Theater spielen oder in einer Serie mitmachen würde, wenn die Geschichte interessant ist."
Wünschen Sie sich manchmal, Sie hätten sich früher zum Lesbischsein (was 1999 durch einen Zeitungsbericht öffentlich wurde) bekannt, damit das vom Tisch und Sie freier gewesen wären?
Folkerts: "Keine Ahnung, ob es damit zusammenhängt. Ich hatte einfach das Gefühl, das ist so unwichtig, das muss ich gar nicht kommunizieren. Wer redet denn über seine Sexualität in der Öffentlichkeit? Niemand. Es gibt ganz brillante Schauspieler, über die lese ich nie irgendetwas Privates, wie zum Beispiel Götz George. Ich sage Ihnen eines: Mein Job ist die eine Sache, aber diese öffentliche Person zu sein, ist ein anderer Job. Den lernt man nicht. Der ist anstrengender als mein Job, Schauspielerin zu sein. Der rote Teppich, das Spiel gehört dazu. Aber wenn ich nach einer Veranstaltung von Fotografen verfolgt werde, die ein Bild haben wollen von mir und meiner Freundin, und die uns nicht in Ruhe lassen, dann finde ich das ziemlich ekelhaft."
Kriegen Sie noch viel Fanpost?
Folkerts: "Ja. Teilweise sind das Autogrammwünsche oder jemand schreibt "Meine Freundin heiratet, können Sie ihr gratulieren?". Oder es geht um das Buch "Glück gefunden", dass sich die Leute für eine Lesung bedanken, manche sagen, dass sie danach glücklich waren."
Bekommen Sie Hilferufe von Mädchen, die sich nicht trauen, ihren Eltern zu sagen, dass sie lesbisch sind?
Folkerts: "Die gibt es, die beantworte ich auch. Ich kann sie nicht an die Hand nehmen. Aber dass sie sich an mich wenden, kann das erste Mal sein, dass sie es überhaupt formulieren."
Die Vorzeigelesbe wollen Sie nicht mehr sein.
Folkerts: "Stimmt, das muss ich nicht mehr haben. Beim CSD (der schwul-lesbischen Straßenparade zum Christopher Street Day) vorneweg zu marschieren, das mache ich nicht."
Wie sehen Sie das Älterwerden?
Folkerts: "Manchmal bin ich nach der Arbeit kaputter als früher oder ich brauche nach Partys etwas länger, mich zu erholen. Mir ist es zunehmend wichtig, meine Ruhe zu haben, mich gesund zu ernähren. Ich habe mit dem Älterwerden aber nicht so ein Problem. Ich werde mich niemals operieren lassen. Das ist das absolute Grauen!"
Wie lange wollen Sie noch den "Tatort" drehen? Sind Sie auch mit 60 noch Lena Odenthal?
Folkerts: "Im Moment läuft es so gut, dass alle ein Interesse haben, das Format zu halten. Mit Andi Hoppe zusammen - wir sind ein beliebtes Krimiduo geworden. Wenn die Bücher gut bleiben, mache ich weiter. Open End."
Interview: Caroline Bock, dpa