Es ist das Jahr der Jugendbuch-Fortsetzungen: Vierter Teil „Tribute von Panem“, fünfter Teil „Twilight“, nun gibt es von Cornelia Funke den nächsten Band ihrer „Reckless“-Reihe. Während Suzanne Collins’ „Panem“-Trilogie und Stephenie Meyers „Twilight“-Saga bereits abgeschlossen waren, ist Funkes Geschichte um die märchenhafte Spiegelwelt von Anfang an auf diesen vierten Teil (und weitere) hin konzipiert. Nicht nur das lässt, um es gleich vorwegzunehmen, „Auf silberner Fährte“ erzählerisch aufleuchten in diesem Duo der „Nachzügler“.
Märchen sind in Cornelia Funkes "Reckless" Realität
Seit zehn Jahren, als mit „Steinernes Fleisch“ der erste Band erschien, führt Cornelia Funke ihre Leser in diese Spiegelwelt, die dem 19. Jahrhundert in unserer Welt nachempfunden ist, und in der Märchen eine Realität sind. Feen, Riesen, Hexen und manch andere Gestalten aus dem europäischen Märchen- und Sagenschatz wirken in dieser Welt, welche die Brüder Jacob und Will Reckless durch einen alten Spiegel betreten und gefährliche Abenteuer erleben. Jacob hat sich hier mit Fuchs, einem Mädchen, das sich immer wieder in eine Füchsin verwandelt, ein Leben als Schatzsucher aufgebaut. Will verwandelt sich immer mehr zu einem Goyl, einem Wesen mit einer Haut aus Stein.
Im vierten Band nun gelangt das Brüderpaar mit Fuchs auf die fernöstliche Insel Nihon, die dem Japan in unserer Welt entspricht. Jacob und Fuchs sind inzwischen ein Liebespaar und auf der Flucht vor dem Erlelf Spieler. Als dieser im zweiten Band geholfen hatte, Fuchs aus den Fängen eines Blaubarts zu befreien, hatte Jacob ihm ihr erstes Kind versprochen. Als die beiden getrennt werden, wird Hideo, ein an einen Sumo-Ringer erinnernder Mann, zum Beschützer von Fuchs. Er ist tätowiert mit Fabelwesen, die er in gefährlichen Situationen zum Leben erwecken kann.
Cornelia Funke öffnet in "Auf silberner Fährte" den Kopf für eigene Bilder
Nach fünf Jahren Pause muss der Leser wieder neu in diese Welt hineinfinden. Manches ist verwirrend, vor allem auch, weil Funke es liebt, bedeutungsvoll und andeutungsreich auf Geschehenes zu verweisen. Lässt man dies beiseite und lässt sich erneut auf den fantastischen Kosmos Funkes ein, dann fesselt auch „Auf silberner Fährte“ ungemein: durch seinen Ideenreichtum, durch seine wundervoll ausgearbeiteten Figuren, durch diese Sprache, die so schön und detailreich beschreibt und gleichzeitig den Kopf des Lesers öffnet für die eigenen Bilder. Es entsteht ein dichtes Geflecht aus Handlungssträngen, in dem alles seine Bedeutung hat und am Ende vieles miteinander zusammenhängt, was noch in den vorhergehenden Büchern für sich stand.
Warum der Erlelf zur zentralen Figur wird, was ihn antreibt, das Kind von Fuchs und Jacob zu stehlen, das wird nun deutlich. Faszinierend und großartig, wie die Geschichtenerzählerin Funke ihre Netze ausgelegt hat und nun die Ernte einfängt.
Manchmal steht ihr aber auch das Glück zur Seite: Als sie Fuchs erfand, jene Gestaltwandlerin, die ihr von den Figuren am nächsten steht, wusste sie noch nichts davon, dass es auch in der japanischen Erzähltradition solche Wesen zwischen Frau und Fuchs gibt. Der japanische Kitsune wird die Geschichte nun weitertragen in die nächste Märchenwelt.
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