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Nadals emotionaler Moment

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Nadals emotionaler Moment

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    New York Schmunzelnd und ein wenig in sich gekehrt saß Rafael Nadal nach seinem US-Open-Triumph auf dem Stuhl, als auf der Videoleinwand die Bilder seiner vergangenen Grand-Slam-Titel liefen. Der 31-Jährige genoss diesen Moment, dachte aber auch an die vergangenen Monate zurück. „Es ist ein sehr emotionales Jahr für mich“, sagte der Spanier gerührt und fügte später an: „Wir sind in einer Ära, in der einige Spieler unglaubliche Dinge in diesem Sport schaffen, oder? Ich bin glücklich, ein Teil davon zu sein.“

    Kaum zu glauben, dass Nadal vor den French Open zwei Jahre lang keine Rolle bei großen Events spielte. Kaum zu glauben, dass er nun in drei großen Finals stand, zweimal in diesem Jahr triumphierte und sich nun mit Roger Federer alle Grand-Slam-Siege 2017 teilt. Wer hätte das vor acht Monaten geahnt?

    Beide waren schon abgeschrieben, bei beiden schien die beste Zeit schon vorbei. Mit dem 6:3, 6:3, 6:4 gegen den chancenlosen Final-Debütanten Kevin Anderson setzte die Nummer eins ein dickes Ausrufezeichen hinter ihre Saison der Extraklasse. Nadal untermauerte, wie sehr er und Federer diese Saison dominieren. „Was die Zwei gerade fabrizieren, ist nicht von dieser Welt“, urteilte Boris Becker bei Eurosport.

    Federer, inzwischen 36 Jahre alt, gewann in Australien im Endspiel gegen Nadal. Der Spanier, 31 Jahre alt, zelebrierte in Paris seinen zehnten French-Open-Titel. Der Schweizer triumphierte als Erster achtmal in Wimbledon. Jetzt wieder Nadal. Kein Major-Titel für ein neues Gesicht. Keiner für Novak Djokovic, keiner für Andy Murray.

    Die „großen Vier“ sind auf zwei reduziert. Zum ersten Mal seit sieben Jahren schrieben sich nur Nadal und Federer in die Siegerlisten der vier wichtigsten Turniere ein, erst zum dritten Mal kam dies vor. „Natürlich war das schwer vorstellbar. Es ist einfach unglaublich, was passiert ist“, antwortete der Spanier. „Aber einer muss ja die Grand Slams gewinnen, oder?“ Gegen Anderson ließ der Topgesetzte am Sonntag keine Zweifel aufkommen. Zu dominant trat der Mallorquiner bei eigenem Service auf. Zu viel Druck übte er aus, wenn der 2,03 Meter große Südafrikaner mit dem Aufschlag an der Reihe war. Als er nach 2:27 Stunden das Match beendete, streckte Nadal die Arme in die Höhe, blickte gen Himmel, verharrte einen Moment. Sein Jubel fiel schon mal ausgefallener aus.

    Erstmals seit 2013 gewann er zwei Grand-Slam-Titel in einem Jahr. Mit 16 rückte er wieder an Federer heran (19). „Das ist, glaube ich, die wichtigste Botschaft: Dass die 19 von Roger Federer im Bereich des Möglichen sind“, befand Becker. Nadal meinte zum Wetteifern: „Ich gehe meinen Weg, er geht seinen. Lass uns abwarten, bis wir aufhören.“

    Aus dem direkten Duell in New York war nichts geworden, weil der Schweizer im Viertelfinale an Juan Martín del Potro gescheitert war. Murray und Djokovic fehlten bei den US Open verletzt. Auch wenn Nadals 10. Triumph in Paris emotionaler und denkwürdiger war – die Bedeutung seines glänzenden Moments in Flushing Meadows lässt sich an Statistiken nur unzureichend ermessen.

    Im Mai 2016 war er den Tränen nah, als er bei seinem Lieblingsevent in Paris mit einer Handgelenksblessur zurückziehen musste. Frühzeitig brach der Olympia-Vierte die Saison ab. Zweifel um seine Gesundheit – auch wegen seiner Knie – sind seit Jahren ständige Begleiter. Seit drei Wochen steht er wieder an der Spitze der Rangliste. „Wenn du dich verletzt, sieht die Saison wie ein Desaster aus. 2015 hatte ich mentale Verletzungen“, sagte Nadal. Inzwischen kann er darüber lächeln. Vor zwei Jahren hatte der Linkshänder die Lust an der Schinderei verloren. Im Moment spielen Körper und Geist dagegen mit. „Ich habe immer noch die Liebe und Leidenschaft für das Spiel“, sagte Nadal. (dpa)

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