Trauer um Schauspieler Lohner: Er war der Frosch, er war der Tod
Der Wiener Schauspieler par excellence, Helmuth Lohner, ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Er begann mit eher seichten Rollen und arbeitete sich hoch zu Faust und Hamlet.
Der am Dienstag im Alter von 82 Jahren verstorbene Helmuth Lohner war einer jener Schauspieler, an deren Rollen man sich auch nach Jahrzehnten erinnert. Kurz nach Einführung des Schwarz-Weiß-Fernsehers versammelten sich Familien vor dem Gerät, um Lohner als „Frosch“ in der „Fledermaus“, im „Dreimäderlhaus“, als eleganten Liebhaber zusammen mit Romy Schneider oder in der Gangstergeschichte „Babeck“ zu erleben – einem sogenannten Straßenfeger, der 1968 zu Weihnachten im ZDF ausgestrahlt wurde. Damals war Lohner schon ein Großer des Theaters. Die von ihm später bedauerten seichten Filmrollen spielte er, weil er sich „einen VW kaufen wollte“.
1953, also mit 20 Jahren, kam Lohner zum Ensemble des Wiener Theaters an der Josefstadt, dessen künstlerischer Direktor er dann Jahrzehnte später, von 1997 bis 2007, war, und wo sich für ihn jetzt auch der Vorhang für immer schloss.
Helmuth Lohner spielte Hamlet, Faust, Mephisto
Doch nach seinen TV-Erfolgen engagierten ihn auch die Staatsbühnen. Lohner spielte die Traumrolle „Hamlet“. Er brillierte als „Faust“ und „Mephisto“. Kleists „Prinz von Homburg“ gab er am Wiener Burgtheater, „Richard III.“ am Züricher Schauspielhaus. Und nicht nur Ferdinand Reimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ in der Regie Peter Steins zeigte, dass er ein zutiefst wienerischer Schauspieler war.
1933 war er als Sohn eines Schlossers im Wiener Arbeiterbezirk Ottakring geboren worden. Nach einer grafischen Lehre machte er an der Arbeiterhochschule die Matura, nahm Schauspielunterricht und wurde als Operettenbuffo ans Theater in Klagenfurt engagiert.
„Nestroys Diener auf Erden“ wurde der Bonvivant genannt, weil er mit hintergründigem Humor und darstellerischer Kunst Zuschauer verstehen und lachen ließ. Tatsächlich gelang es ihm als einem der wenigen, den Sprachwitz der großen österreichischen Nestroy-Stücke auch durch entfesselte Selbstdarstellung lebendig werden zu lassen. Die Charaktere Artur Schnitzlers wiederum verkörperte er sensibel und eindrucksvoll. Fünf Jahre gab er den „Jedermann“ in Salzburg, vier Jahre den Teufel und ein Jahr den Tod im gleichen Stück.
Lohners Krankheit „hing wie ein Damoklesschwert über uns“
Noch dieses Jahr brachte er zusammen mit seinem Bühnenpartner Otto Schenk die Komödie „Immer wieder Sonntag“ in den Kammerspielen der Josefstadt zur Aufführung. Lohners Krankheit „hing wie ein Damoklesschwert über uns“, berichtet Schenk.
Erst 2011 hatte Lohner in fünfter Ehe seine langjährige Lebensgefährtin Elisabeth Gürtler geheiratet, die Wiener Society-Lady und frühere Chefin des Hotels Sacher. Als sie im Jahr 2000 als Opernball-Organisatorin debütierte, war sie bereits mit Lohner liiert. Doch das Fest sollte ihr nicht nur Freude bereiten: Wegen der schwarz-blauen Regierung in Wien und des rechten Populisten Jörg Haider sagten viele Künstler ihre Teilnahme am Opernball ab. Auch Lohner gab bekannt, er gehe „nicht gerne“ hin. Während er drinnen sei, werde „sein Herz draußen bei den Demonstranten“ sein. Als er den Opernball vor Journalisten auch noch mit einem „Tanz auf dem Vulkan“ verglich, fuhr Gürtler ihm über den Mund: „Jetzt hearst aber auf.“
Christiane Hörbiger, mit der er zusammen an den Münchner Kammerspielen in „Kabale und Liebe“ aufgetreten war, erzählte einmal im Radio, dass Helmuth Lohner sie vor Jahrzehnten auf dem Flug zur Beerdigung ihres Mannes Rolf Bigler erfolgreich mit Witzen über den Tod zum Lachen gebracht habe. Auch Lohners Zugang zum Tod dürfte ein tief wienerischer gewesen sein.
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