Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

Nachruf: Max Kruse: Der Schöpfer des Urmels ist tot

Nachruf

Max Kruse: Der Schöpfer des Urmels ist tot

    • |
    Max Kruse ist tot.
    Max Kruse ist tot. Foto:  Wolf-Dieter Weißbach (dpa)

    Max Kruse, der Auto des berühmten Urzeitwesens Urmel, ist tot. Der 93-Jährige starb am vergangenen Freitag. Obwohl  das Urmel zu seinen bekanntesten Erfindungen zählt, wollte er darüber eigentlich gar nicht mehr sprechen. „Ist alles schon so oft gesagt“, meinte der Schriftsteller

    Urmels Erfolg der Augsburger Puppenkiste zu verdanken

    Mit der hatte Kruse schon für „Der Löwe ist los“ zusammengearbeitet und deren Dramaturg Manfred Jenning ermunterte ihn, doch noch einmal eine Geschichte mit „irgendeinem Tier“ zu schreiben. Die Idee vom Urzeitwesen, das aus einem tiefgefrorenen Ei schlüpft, kam dem Autor dann beim Gedanken an seine gerade erworbene Tiefkühltruhe. Mehr als 800000-mal wurden die Geschichten vom Urmel und seinen Freunden weltweit verkauft. Bis heute lieben die Kinder die lustige Schar auf der tropischen Insel Titiwu, den Waisenjungen Tim Tintenklecks und vor allem die Tiere wie den Seele-Fanten, den Ping Pinguin, die Echse Waran Wawa, das Hausschwein Wutz und natürlich das Urmel, den liebenswerten Dinosaurier mit der Nilpferdschnauze, dem langen Schwanz und den kleinen Flügeln, denen Professor Habakuk Tibatong die menschliche Sprache beibringen möchte. Als Kruse die erste Urmel-Geschichte „Urmel aus dem Eis“ 1969 schrieb, erinnerte er sich auch an seine eigene Lieblingslektüre zu Kinderzeiten, an Hugh Loftings „Doktor Doolittle“.

    Bücher hatten für den 1921 geborenen Max Kruse von klein an eine besondere Bedeutung. Sie öffneten dem kränkelnden Kind „das Tor zur Welt“, wie er oft erzählte, und sie waren auch dafür verantwortlich, dass er früh schon davon träumte, Schriftsteller zu werden. Geprägt wurde er durch sein künstlerisches Elternhaus, seinen Vater, den berühmten Bildhauer Max Kruse, vor allem aber durch seine Mutter, die noch berühmtere Puppenschöpferin Käthe Kruse, für die das jüngste von sieben Kindern immer der „Herzensmaxl“ war. In seinen dreibändigen Erinnerungen „Im Wandel der Zeit“ erzählt er in einer Mischung aus melancholischer Erinnerung und chronistischer Genauigkeit vom Leben in diesem Künstlerhaushalt und der quirligen Familie, in deren Zentrum die liebevolle und impulsive Mutter stand. Sie brachte ihren jüngsten Sohn in den 50er Jahren schließlich dazu, seinen Kindheitstraum von der Schriftstellerei zu verwirklichen, als sie ihn bat, eine Geschichte für Fotos mit ihren Puppen zu schreiben. „Der Löwe ist los“ entstand auf diese Weise schon 1952.

    "Schreiben ist für mich wie Atmen"

    Nach dem Krieg hatte der Sohn seine Neigung zunächst der Pflicht geopfert und die in der Sowjetzone enteignete Puppenfabrik in Bad Pyrmont wieder aufgebaut. Auch den Umzug nach Donauwörth übernahm er noch, bevor er die Geschäfte seiner Schwester übergab und sich ab 1958 ganz dem Schreiben widmete. Zunächst als Werbetexter in München, bald schon als Kinderbuchautor, der mittlerweile zu einem der Klassiker geworden ist wie Michael Ende oder Otfried Preußler. Doch trotz des großen Erfolges in diesem literarischen Genre wollte er sich darauf nicht reduzieren lassen. Zu seinem umfangreichen Werk zählen ebenso Kurzgeschichten, Gedichte, Reiseberichte und Romane für Erwachsene.

    Seit mehr als vierzig Jahren lebte Max Kruse zuletzt mit seiner zweiten Frau, der chinesischen Musikerin und Malerin Shaofang, bei Penzberg in Oberbayern. Das Schreiben gehörte auch im hohen Alter noch zu seiner täglichen Beschäftigung. „Schreiben ist für mich wie Atmen“, hat er in Gesprächen immer wieder betont. „Ohne zu schreiben, könnte ich mir mein Leben nicht vorstellen. Ich denke, dann wäre es zu Ende.“ Eine Möglichkeit der Diskussion mit sich selbst und seiner Umwelt sei die Arbeit als Schriftsteller für ihn, erklärte er. Und es half ihm, der sich selbst als „gedämpft pessimistischen Menschen“ bezeichnete, auch in Phasen der Depression, so bei „dem größten Schmerz meines Lebens “, dem tödlichen Fahrradunfall seines 15-jährigen Sohnes Stefan 1968 vor der eigenen Haustüre. Die Arbeit am ersten Urmel-Buch „gab mir die Möglichkeit, am Leben zu bleiben“, sagte er später.

    Nun hat Max Kruse aufgehört zu schreiben. Am vergangenen Freitag ist er im Alter von 93 Jahren gestorben, teilte sein Verlag gestern mit. Was bleibt, sind die Bücher eines Mannes, der genauso wissensdurstig war wie das Urmel, der die Fantasie spielen ließ wie Professor Tibatong und sich manchmal der Melancholie ergab wie der Seele-Fant – der es aber auch genoss, Freundschaften und Beziehungen zu pflegen wie die munteren Bewohner der Insel Titiwu. „Das ist für mich das Wichtigste, wenn Sie wollen der Sinn des Lebens: mit den Menschen gut zu leben und ein produktives, kreatives und warmherziges Leben zu führen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden