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Nach Israel-Kritik: "Ekelhaftes Gedicht": Reich-Ranicki schießt gegen Grass

Nach Israel-Kritik

"Ekelhaftes Gedicht": Reich-Ranicki schießt gegen Grass

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    "Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren": Auch Marcel Reich-Ranicki kritisert Günther Grass scharf.
    "Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren": Auch Marcel Reich-Ranicki kritisert Günther Grass scharf. Foto: dpa/Archiv

    Es sei "ein ekelhaftes Gedicht", das politisch und literarisch wertlos sei, sagte Reich-Ranicki der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das Gedicht sei ein geplanter Schlag nicht nur gegen Israel, sondern gegen alle Juden.

    Günther Grass hatte in seinem am Mittwoch veröffentlichten Gedicht angeprangert, dass der Iran von einem atomaren Präventivschlag durch Israel bedroht sei, der das iranische Volk auslöschen könne.

    Reich-Ranicki: Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren

    Der Literatur- Nobelpreisträger stelle "die Welt auf den Kopf", sagte Marcel Reich-Ranicki weiter. "Der Iran will Israel auslöschen, das kündigt der Präsident immer wieder an, und Günter Grass dichtet das Gegenteil. Das ist eine Gemeinheit, so etwas zu publizieren", betonte Reich-Ranicki, der aus einer jüdischen Familie stammt.

    Reich-Ranicki betonte, Grass sei kein Antisemit, aber er spiele gezielt auf antisemitische Neigungen in Teilen der Bevölkerung an. Darum mache ihm das Gedicht auch Angst.

    Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass (84) erntet für sein Israel-Gedicht derweil auch von Schriftstellerkollegen Kritik. Rolf Hochhuth (81) griff Grass direkt an: "Du bist geblieben, was Du freiwillig geworden bist: der SS-Mann, der das 60 Jahre verschwiegen hat, aber den Bundeskanzler Kohl anpöbelte, weil der Hand in Hand mit einem amerikanischen Präsidenten einen Soldatenfriedhof besuchte, auf dem auch 40 SS-Gefallene liegen", schrieb er in einem offenen Brief, den "Münchner Merkur" und "Die Welt" am Samstag veröffentlichten.

    Hochhuth, der das Drama "Der Stellvertreter" über den Vatikan in der NS-Zeit verfasst hat, meinte: "Ich (...) schäme mich als Deutscher Deiner anmaßenden Albernheit, den Israelis verbieten zu wollen, ein U-Boot deutscher Produktion zu kaufen, das möglicherweise allein ihrem kleinen Staat die letzte Sicherheit geben kann, von einer engst benachbarten Atommacht buchstäblich über Nacht nicht ausgerottet zu werden!" Der Iran habe schließlich, den Nazis gleich, dem jüdischen Volk mit Ausrottung gedroht.

    Daniel Goldhagen: Grass ist ein "Verfälscher seiner eigenen Nazi-Vergangenheit"

    Der US-Autor Daniel Jonah Goldhagen nannte Grass in der "Welt" einen "Verfälscher seiner eigenen Nazi-Vergangenheit". Mit seinem am Mittwoch veröffentlichten Gedicht "Was gesagt werden muss", in dem Grass vor einem Präventivschlag Israels gegen den Iran und einem Dritten Weltkrieg warnt, kaue Grass, "nicht anders als jene am Stammtisch, die kulturellen Klischees und Vorurteile seiner Zeit" durch, schrieb Goldhagen in einem Essay für "Die Welt". Grass' Warnung, Israel könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen, sei absurd. "Grass führt die Perversion - die Verkehrung von Opfern zu Tätern - auf ein neues Niveau." dpa

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