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Matthias Hartmann startet am Burgtheater

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Matthias Hartmann startet am Burgtheater

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    Matthias Hartmann startet am Burgtheater
    Matthias Hartmann startet am Burgtheater Foto: DPA

    Er löst den nach München wechselnden Klaus Bachler als "Burgherrn" der wohl renommiertesten Bühne des deutschsprachigen Raumes ab und wird besonders in seinem Anfangsmonat September mit gleich sieben Premieren unter genauester Beobachtung stehen. "Man hat mir gesagt, ich müsste mir in Wien eine kugelsichere Weste anlegen", scherzt der vom Schauspielhaus Zürich kommende Theatermacher in einem Interview mit der Zeitung "Kurier". Dennoch wolle er sich seine Dünnhäutigkeit bewahren: "Ich kann nicht inszenieren, wenn ich die Dinge nicht an mich heranlasse."

    Bei dem rund siebenstündigen Eröffnungs-Faust führt Hartmann selbst Regie und hat mit Tobias Moretti als alterndem Faust und Gert Voss als Mephisto zwei hochkarätige Schauspieler für den ersten Teil verpflichtet. Katharina Lorenz stellt als Gretchen die weltberühmte Glaubensfrage und der ZDF-Theaterkanal überträgt das Spektakel angereichert mit Kommentaren und Hintergrund live.

    Mephisto sei für ihn ein Rebell, ein wütender Opponierer, beschrieb Voss seinen Zugang zur Rolle in einem Interview mit der österreichischen Nachrichtenagentur APA. "Ich habe das Gefühl, dass Herr Goethe den Mephisto all das sagen lässt, was er selbst dachte." Dem teuflischen Verführer setzt Hartmann einen gehetzten und leicht orientierungslosen, vom Streben nach Höherem getriebenen Wissenschaftler gegenüber. "Moretti ist alles andere als ein Faust, und zwar bewusst: Ich brauche einen Wärmeherd gegen den grandiosen Virtuosen Voss", sagt Hartmann.

    Dass er mit seinem Mega-Projekt zum Auftakt sehr viel Angriffsfläche bietet, ist Hartmann bewusst: "Ich stehe mit heruntergelassener Hose vor Kimme und Korn." Doch so ein großes Theater wolle nun mal groß eröffnet werden und er wolle es sich nicht leicht machen.

    Fast jeder große Regisseur hat sich bisher an der Geschichte um den zweifelnden Gelehrten zwischen Gott und Teufel versucht. Legendär wurde die später auf Film gebannte Inszenierung von Gustaf Gründgens aus den 50er Jahren mit Will Quadflieg in der Titelrolle. In Wien stand Quadflieg dann 1967 auch als Mephisto in beiden Teilen auf der Bühne, die letzte Burgtheater-Inszenierung von Faust I stammt von dem tschechischen Regisseur Otomar Krejca aus dem Jahr 1976. Den Rekord in der Aufführungszeit stellte Regisseur Peter Stein 2000 bei der Expo in Hannover auf: Dort nahm er wie Hartmann jetzt den sperrigen "Faust II" dazu und schaffte es auf rund 21 Stunden.

    Hartmann will sich in Wien bei dem nur schwierig auf die Bühne zu bringenden zweiten Teil kürzer fassen. Es gibt keine genaue Rollenaufteilung, Voss und Moretti kommen nicht mehr vor und alles soll experimenteller werden. Faust II könne man eigentlich gar nicht inszenieren, sagte der neue Burgherr dem Stadtmagazin "Falter": "Natürlich ist Faust II ein völlig unmögliches Stück. So einen Quatsch habe ich noch nie gelesen. Das ist verrückt!"

    Ist die Eröffnungspremiere erst einmal über die Bühne gebracht, gibt es für den Deutschen jedoch nicht viel Verschnaufpause. In der kleineren Bühne im Akademietheater feiert am Samstag die Uraufführung von Roland Schimmelpfennigs "Der goldene Drache" Premiere, am Montag folgt dann die Uraufführung von "Life and Times" des Nature Theatres of Oklahoma. Als neue Regisseure bringt Hartmann unter anderem Alvis Hermanis, Jan Lauwers und Stefan Pucher mit an die Renommierbühne.

    Er wolle sich aber nicht dadurch profilieren, dass er alles mit der "Streitaxt" zerhaue, meint Hartmann. Dennoch wolle er alles - inklusive sich selbst - immer neu erfinden: "Und natürlich muss man auch das Burgtheater immer wieder neu erfinden, aber das geht schrittweise und nicht, indem man da einfach wie bei einem Auto einen neuen Motor einbaut."

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