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Literaturnobelpreis 2020: Berührende Rede der Nobelpreis-Gewinnerin Louise Glück

Literaturnobelpreis 2020

Berührende Rede der Nobelpreis-Gewinnerin Louise Glück

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    Die 77-jährige Dichterin Louise Glück aus New York lebte bislang abseits der Öffentlichkeit - bis sie 2020 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde.
    Die 77-jährige Dichterin Louise Glück aus New York lebte bislang abseits der Öffentlichkeit - bis sie 2020 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Foto: Daniel Ebersole, dpa

    Es ist äußerlich wie bei Bob Dylan, doch innerlich genau das Gegenteil. Wieder wird am Donnerstag einer Autorenpersönlichkeit aus den USA der Literaturnobelpreis überreicht – und wieder wird es keine persönliche Begegnung geben.

    Der Sänger, der 2016 durch seinen Star-Status dem Preis neue Aufmerksamkeit bescherte, wollte nicht kommen und sandte als Dankesrede eine Tonaufnahme; die Dichterin Louise Glück nun, von der berühmten Auszeichnung aus weitestgehender Unbekanntheit gerissen, darf wegen Corona nicht kommen und sendet einen Text. Er, damals 75, sprach mit weltliterarischen Referenzen (Homer, Melville) über das, was sein berühmtes Singen literarisch macht, sie, heute 77, schreibt mit magisch wispernden Stimmen (William Blake, Emily Dickinson) über die Intimität der Literatur.

    Louise Glück und der Literaturnobelpreis 2020: Ein Vergleich mit Bob Dylan

    Es ist ein so kurzer wie schöner Text, den Glück nun vorab im Internet veröffentlicht hat, so leicht und klar er daherkommt, so klug und vielschichtig ist er. Denn die New Yorkerin beginnt damit, dass es für sie als Kind von fünf oder sechs Jahren ganz selbstverständlich war, alles in Wettbewerben zu messen, der größte von allen für sie war: Welches ist das beste Gedicht der Welt? Dickinsons „I’m Nobody! Who are you?“, Blakes „The Little Black Boy“?

    Dabei sind beides Gedichte, die eben nicht zur Welt oder zum dichterischen Über-Ich sprächen, sondern direkt mit dem Lesenden in ein intimes Verhältnis träten – wie ihre eigenen. Und so wenig diese für die Bühne taugten, so sehr hat es sie selbst in Panik versetzt, als sie am 8. Oktober vom Nobelpreis erfahren habe: „The light was too bright. The scale too vast.“ Das Licht zu hell, der Rahmen zu riesig …

    Ob Louise Glück froh ist, nicht persönlich auf die Bühne treten zu müssen? Den Preis versteht sie als Auszeichnung für die Intimität von Literatur – die in der existenziellen Zwiesprache von Mensch zu Mensch eminent politisch sein kann. Bei Blakes schwarzem Jungen nach 200 Jahren frappierend aktuell, aber auch bei Dickinson: Wer ist ein Niemand? Für wen? Louise Glück ist keiner mehr. Was für sie bedrohlich wirkt. Das aber kann sie von Bob Dylan lernen: Der ist in gleißendem Licht ein Schatten geblieben.

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