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Kunstfälscher vor Gericht: Sogar die Holzwurmlöcher waren unecht

Kunstfälscher vor Gericht

Sogar die Holzwurmlöcher waren unecht

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    Das undatierte Handout zeigt das Bild «Rotes Bild mit Pferden» des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk. Einer der größten Kunstfälscherskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte kommt vor Gericht. Vier Angeklagte sollen jahrelang gefälschte «Meisterwerke» in den internationalen Kunstmarkt geschleust haben. Dafür kassierten sie Millionen. Einen deutschen Jahres-Auktionsrekord erzielte 2006 das gefälschte Werk «Rotes Bild mit Pferden» des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk, das für 2,9 Millionen Euro vom Kölner Kunsthaus Lempertz versteigert wurde.
    Das undatierte Handout zeigt das Bild «Rotes Bild mit Pferden» des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk. Einer der größten Kunstfälscherskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte kommt vor Gericht. Vier Angeklagte sollen jahrelang gefälschte «Meisterwerke» in den internationalen Kunstmarkt geschleust haben. Dafür kassierten sie Millionen. Einen deutschen Jahres-Auktionsrekord erzielte 2006 das gefälschte Werk «Rotes Bild mit Pferden» des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk, das für 2,9 Millionen Euro vom Kölner Kunsthaus Lempertz versteigert wurde. Foto: Simon Vogel/dpa

    Mindestens 15 Jahre narrten mutmaßliche Fälscher die Kunstwelt mit vermeintlichen Meisterwerken der Klassischen Moderne. Das Quartett soll fast 16 Millionen Euro kassiert haben. Am morgigen Donnerstag beginnt am Landgericht Köln der Prozess um den wohl größten Kunstfälschungsskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Gericht setzte 40 Verhandlungstage bis Anfang März an.

    Drei Angeklagte – ein 60-Jähriger und seine 53-jährige Frau sowie ein 67-jähriger Mann – sitzen seit einem Jahr in Untersuchungshaft und schweigen. Die vierte Beschuldigte (54), Schwester der 53-Jährigen, ist auf freiem Fuß. Eine schier unglaubliche Legende hatte die Bande nach Erkenntnissen der Ermittler um eine erdachte „Sammlung Werner Jägers“ und „Sammlung Knops“ erfunden.

    Die erfundene Freundschaft zweier Großväter

    Der 1992 gestorbene Werner Jägers, Kölner Unternehmer und Großvater der angeklagten Schwestern, habe zahlreiche Gemälde von dem in der Weimarer Republik bekannten Galeristen Alfred Flechtheim erworben und diese während des Krieges in der Eifel versteckt. Jägers sei befreundet gewesen mit dem Krefelder Schneidermeister Johann Wilhelm Knops, Großvater des 67-jährigen Angeklagten und ebenfalls Kunstliebhaber. Aber weder sammelten Jägers und Knops Kunst, noch sind sie sich – soweit man weiß – je begegnet.

    47 Gemälde mit der fingierten Provenienz Jägers oder Knops soll das Quartett seit 1995 über Auktionshäuser, Galerien und Händler in den Kunstmarkt geschleust haben. Schon Ende der 80er Jahre sollen sich die beiden Männer zusammengetan haben. Im Prozess geht es um 14 Werke. Den höchsten Preis erzielte die Fälschung „La Forêt (2)“, angeblich von Max Ernst, die für rund 5,5 Millionen Euro an den US-Verleger Daniel Filipacchi ging. Einen deutschen Jahres-Auktionsrekord erzielte 2006 das dem rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk zugeschriebene, gefälschte Werk „Rotes Bild mit Pferden“, das für 2,9 Millionen Euro vom Kölner Kunsthaus Lempertz versteigert wurde.

    Hohe Qualität der gefälschten Bilder

    2,8 Millionen Euro erzielte „La Horde“, wiederum angeblich von Max Ernst, das bei einer Christie’s-Auktion zunächst Ladenhüter war und dann der Sammlung Würth vermittelt wurde.

    Den Fälscherpinsel soll der künstlerisch versierte 60-Jährige geführt haben, möglicherweise hatte er auch Helfer. Sogar die Holzwurmlöcher waren unecht. Für den Verkauf waren die Frauen und der 67-Jährige zuständig. Das Geld floss ins Ausland, häufig auf ein Nummernkonto in Andorra. Die Bande leistete sich laut Anklage einen „äußerst luxuriösen Lebensstil“.

    Gefälscht wurden zumeist als verschollen geltende Werke, von denen es keine Abbildungen gab. Auf die Rückseiten klebte die Bande gefälschte Aufkleber bekannter Galerien der Vorkriegszeit. Die „hohe Qualität“ der beschlagnahmten gefälschten Werke beeindruckt sogar Experten. Dorothea Hülsmeier, dpa

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