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Kunst-Auktionen: Kunstverkauf: Wenn Banken sich von ihrem Tafelsilber trennen

Kunst-Auktionen

Kunstverkauf: Wenn Banken sich von ihrem Tafelsilber trennen

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    Da steckt viel Kunst drin. Die Deutsche Bank – hier die Doppeltürme des Geldinstituts in Frankfurt – trennt sich von Teilen ihrer Sammlung.
    Da steckt viel Kunst drin. Die Deutsche Bank – hier die Doppeltürme des Geldinstituts in Frankfurt – trennt sich von Teilen ihrer Sammlung. Foto: Fredrik von Erichsen, dpa

    Kunst zu kaufen, kann so problematisch sein, wie Kunst zu verkaufen. Etwa wenn sie Raubkunst wäre oder wenn sie aus öffentlichem Besitz stammt. In Deutschland sind – anders als in den USA – Museumsveräußerungen ein Tabu, und wenn eine Landesbank, wie 2014 in Nordrhein-Westfalen geschehen, Andy-Warhol-Bilder, die einst mit öffentlichen Mitteln angeschafft worden waren, für hohe Millionensummen weiterverkauft, dann stößt dies auf nachvollziehbare Kritik.

    Ein wenig anders liegt der Fall bei Privatbanken und Finanz-Aktiengesellschaften. Drei große, zumindest europaweit operierende Institute sind in den vergangenen Jahren auffällig geworden, weil sie den Kunstmarkt mit ihrem Kunstbesitz fütterten: 2010 brachte die Commerzbank die Alberto-Giacometti-Plastik „Schreitender I“ (1961) für sensationelle 104 Millionen Dollar unter den Sotheby’s-Hammer – seinerzeit Weltrekord für ein versteigertes Kunstwerk. 2018 leierte die Unicredit die Versteigerung hunderter Werke aus dem Bestand ihrer Töchter Hypo-Vereinsbank und Bank Austria bei Christie’s an – darunter Arbeiten von Ernst Wilhelm Nay, Yves Klein, Gerhard Richter–, die denn auch Millionen erlösten. Und 2019 verkaufte die Deutsche Bank in New York für einen gewiss hohen zweistelligen, wenn gar dreistelligen Millionenbetrag das Gerhard-Richter-Triptychon „Faust“ (1980) an einen US-Privatsammler. Seinerzeit hieß es seitens der Deutschen Bank offiziell: Die Banken werden kleiner, brauchen weniger Platz und der Richter habe wegen seines außergewöhnlich großen Formats am neuen New Yorker Bank-Sitz nicht mehr gehängt werden können. Fast wollte man als Beobachter schon Mitleid empfinden.

    Kunst bringt auch ideellen Gewinn

    Klar jedenfalls ist: Alle drei Geldinstitute befinden sich seit Jahren in einer Restrukturierungs-, ja Sanierungsphase – genauso wie Kaufhof und das Textil-Unternehmen SØR Rusche, die ebenfalls Kunst veräußerten. Verboten ist das nicht. Aber bei aller Not bleibt doch ein kleines Gschmäckle dabei, wenn sich Unternehmen erst als großzügige Kunstförderer und Kunstsammler gerieren, mit der Aura von Ästhetik und Werthaltigkeit ihr Image aufbauen, aber dann das Tafelsilber verscherbeln. Mit ein bisschen guten Willen hätte man wohl einen Platz für den „Faust“ gefunden.

    Max Liebermanns "Straßenszene am Brandenburger Tor" aus der Sammlung der Deutschen bank steht zum Verkauf.
    Max Liebermanns "Straßenszene am Brandenburger Tor" aus der Sammlung der Deutschen bank steht zum Verkauf. Foto: Ketterer Kunst München

    Inzwischen lässt die Deutsche Bank weiter aus ihrem Kunstbesitz von weit über 50.000 Werken verkaufen, kapitale Werke bei Christie’s und bei Ketterer Kunst in München. Allem Gschmäckle-Verdacht soll dabei seitens der Bank erkennbar und von vornherein der Wind aus den Segeln genommen werden. Seitenarme der Sammlung wie Skulpturen der 1950er bis 1970er Jahre würden veräußert sowie Klassische Moderne. Dies erklärt der zuständige Friedhelm Hütte. Man wolle sich auf zeitgenössische Kunst auf Papier konzentrieren – so wie sie, von Antes bis Zero, seit Jahrzehnten das Innere der Frankfurter Doppeltürme schmückt, im hessischen Volksmund „Soll und Haben“ genannt. Auch werde ein „signifikanter Teil“ des Erlöses wieder für den Kauf von Nachwuchskunst aufgewendet.

    "Der von Corona gebeutelte Markt lechzt nach Qualität"

    Robert Ketterer, Geschäftsführer und Auktionator von Ketterer Kunst, erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass die Deutsche Bank in den nächsten drei Jahren rund 200 Werke in München versteigern lassen wolle. Und er erklärt: „Einen besseren Zeitpunkt hätte die Bank nicht wählen können. Der von Corona gebeutelte Markt lechzt nach Qualität und Provenienzen dieser Güte.“ Nun kommen also am 11./12. Dezember in München zunächst Gemälde, Mischtechniken und Skulpturen von Max Liebermann, Karl Hofer, Ernst Wilhelm Nay, Emil Schumacher, Fritz Winter und Renée Sintenis zum Aufruf.

    Spitzenstück ist Karl Hofers Öl „Arbeitslose“ (1932), in gewisser Weise auch ein Zeitdokument von diesem verfemten Künstler (1878 – 1955): fünf Männer unter winterlichem Geäst vor grauem Himmel. Schätzwert: 300.000 – 400.000 Euro. Renée Sintenis’ 1930 entstandene „Große Daphne“ ist auf 80.000 bis 120.000 Euro angesetzt. Neben dem berühmten Berliner Bären ist sie mit 144 Zentimeter Höhe die größte Plastik der Künstlerin.

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