"Leider" ist das Wort der Stunde in der Buchbranche. Nach der Absage der Leipziger Buchmesse wegen der Ausbreitung des Coronavirus ist das Bedauern immer noch groß. Als weiterer Schlag kam am Dienstag, dem geplanten Eröffnungstag, das kurzfristige Aus der Lit.Cologne dazu.
Die Verlage versuchen nun zu retten, was in diesem Bücherfrühling noch zu retten ist. Die Branche setze alle Hebel in Bewegung, um trotzdem Aufmerksamkeit auf die Titel und Themen rund ums Buch zu lenken, sagt Thomas Koch, Sprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.
Die Hebel - das sind vor allem Aktionen im Internet und Einladungen zu Lesungen im kleineren Kreis. So zirkuliert seit einer Woche auf Twitter der Aufruf zum #Bücherhamstern zugunsten kleinerer Verlage. Unter dem Label #LeiderNichtLeipzig wird für Buchvorstellungen und Signierstunden getrommelt, die trotzdem stattfinden. Bücher erscheinen in Deutschland ganz überwiegend in zwei Zyklen: einmal im Frühjahr und einmal im Herbst. Die Frühlingstitel hat nun die Corona-Krise voll erwischt.
Auch die Leipziger Buchmesse versucht gegenzuhalten. Sie hat die Bekanntgabe ihres Buchpreises, eine der wichtigsten deutschen Literaturauszeichnungen, ins Radio verlegt. Statt live vor Tausenden Zuhörern in der großen Glashalle der Leipziger Messe werden die Träger des Preises der Leipziger Buchmesse nun am Donnerstagvormittag im Deutschlandfunk Kultur verkündet. Die ARD organisiert eine "virtuelle Buchmesse" mit Autorengesprächen, die live im Radio und im Netz übertragen werden.
Das sei alles gut und wichtig, sagt Katharina Wilts, Sprecherin des Klett-Cotta Verlags. "Aber es ist eben nicht dasselbe." Das Aus für die Leipziger Buchmesse, die vom 12. bis 15. März ihre Tore hätte öffnen sollen, mache sich stimmungsmäßig bemerkbar. "Wir sind tatsächlich alle sehr traurig." Die Messe oder eine Lit.Cologne könne man eben zum Teil nicht ersetzen, auch wenn die Berichterstattung über die Bücher weiterlaufe. "Aber der direkte Austausch mit dem Publikum ist eben nicht da."
Auch Myriam Lang, Messe-Verantwortliche beim Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband (SBVV), sagt: "Die Leipziger Buchmesse ist so nicht zu ersetzen." Vor allem die Frühjahrsnovitäten fänden nun nicht die gewohnte Aufmerksamkeit. Am SBVV-Stand in Leipzig hätten sich 24 Mitaussteller aus dem Nachbarland präsentieren wollen. Stattdessen ist der Verband nun dabei, gleich zwei Messen abzuwickeln. Die Schweizer wollten auch vom 10. bis 12. März auf der London Book Fair dabei sein. Auch diese Messe wurde kurzfristig gestrichen. Durch die Absagen entstünden Kosten zwischen 13.000 und 30.000 Euro pro Messe, sagt Lang.
Wie sich das Krisen-Frühjahr auf die Buchbranche insgesamt auswirkt, lasse sich jetzt noch nicht abschätzen, sagt Börsenvereins-Sprecher Koch. Der Börsenverein beobachte die Umsatzentwicklung. Aussagen über den März seien in einigen Monaten möglich. Wie sich die Auflagen ohne Buchmesse entwickeln, werden die Verlage erst dann beurteilen können.
Nicht allzu pessimistisch schätzt unterdessen Prof. Svenja Hagenhoff, Leiterin des Instituts für Buchwissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die Lage ein. Sicher sei, dass die Buchmesse-Absage für die Stadt Leipzig ökonomisch eine Katastrophe sei. Für die Buchbranche an sich zieht Forscherin aber eine Parallele zu Erkenntnissen aus der Rezensionsanalyse. "Wir wissen, dass es vollkommen egal ist, ob ein Buch gut oder schlecht besprochen wird. Wichtig ist, dass es besprochen wird", sagt Hagenhoff. "Einmal eine Messe abzusagen mit lautem Getöse bringt ja wieder genau die Aufmerksamkeit, die man haben will." (dpa)