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Konzert in München: Jake Bugg: Junge, Junge!

Konzert in München

Jake Bugg: Junge, Junge!

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    Ein Milchbub mit reifer musikalischer Leistung: der 19-jährige Jake Bugg.
    Ein Milchbub mit reifer musikalischer Leistung: der 19-jährige Jake Bugg. Foto: dpa

    Allein die Vorstellung: So wie dieser verstockte Milchbub nun auf der Bühne eines gerammelt vollen Klubs in München steht, stünde er vor einem Talent-Such-König wie Dieter Bohlen. Der Jüngling also zupft auf seiner akustischen Gitarre eine kleine Melodie und singt mit leichtem Quäken ein schlicht schwingendes Liedchen dazu. Was der Zampano da wohl sagen würde? Eine olle Country-Ballade! Null Performance! Wie soll daraus was werden? Im 21. Jahrhundert! Besuch aus der Zeit des Schwarz-Weiß-Fernsehens! Vielen Dank. Und tschüss!

    Nein, dieser Jake Bugg hat mit dem großen TV-Talent-Theater nichts gemein. Ob "Deutschland sucht den Superstar" oder, wie es in seiner Heimat heißt, "Britain’s Got Talent" - fürs fiebrige Inszenieren möglicher Stars von morgen eignet er sich gerade nicht. Und doch hat er mit seinem selbst betitelten Debüt-Album die Spitze der englischen Charts und die Top 10 der deutschen erreicht, spielt auf der Insel und dem Kontinent in ausverkauften Häusern - in München wäre es ein deutlich größeres geworden, hätte nicht der alternative Klub "Strom" mit ihm ein erstes großes Highlight als Hinweis auf seine Wiedereröffnung gewonnen. Aber wie kam das alles?

    Der Traum einer jeden Plattenfirma

    Der Weg des jetzt 19-Jährigen führte klassisch zum Durchbruch. Er ist der Traum einer Plattenfirma: ein Kauz aus der Provinz, eigenwillig und mit Ausnahme-Talent. Zwölfjährig begann Jake Bugg (sehr britisch mit "u" ausgesprochen) das Gitarre-Spielen; mit 14 begeisterte er sich für Buddy Holly, Robert Johnson und Don McLean, The Weavers und Jimi Hendrix. Ein 14-Jähriger im Jahre 2008! Er beginnt, doch auch Kind seiner Zeit, den Brit-Pop der Neunziger einzupflegen, stimmig, weil der ja wiederum in den Sechzigern wurzelt. Der Junge formt seinen eigenen Sound daraus, schreibt gute Texte dazu, mal gewitzt, mal melancholisch, nicht überambitioniert - und findet schnell Gehör. Mit 17 unterschreibt er einen Plattenvertrag beim Branchenriesen Universal, gleich über vier Alben. Denn er ist auch der Traum der Musikpresse, die die Retorte verabscheut und den kundigen, aber frischen Griff in die Geschichte liebt (und gleich selbst "Ein neuer Dylan?" orakelt). Und Bugg passt damit in die derzeitige Revival-Seligkeit, die Folk und Country charttauglich macht. Das ist das eine.

    Bugg spielt wunderbar reduzierte Balladen

    Das andere ist, dass dieser junge Mann tatsächlich Großes vermag. "Fire" heißt das beschauliche Stück, mit dem er in München eröffnet, er lässt später so wunderbar reduzierte Balladen wie "Simple As This" oder "Broken" folgen. Im Schlussspurt des einstündigen Konzerts haut er dann mitreißende Country-Stampfer wie "Lightning Bolt" und Oasis-hymnischen Folk-Pop wie "Two Fingers" raus (klar, auch Noel Gallagher von Oasis gehört inzwischen zu Buggs Förderern).

    Er beherrscht das alles, Inniges, Hymnisches, Leichtes; er schrubbt so stoisch wie akkurat seine Gitarrensoli; die Begleiter an Schlagzeug und Bass bilden lediglich die Grundierung für sein Können. Und für Bohlen: Dass es keine Performance gibt, passt gerade ins Bild (solange sich die Verstocktheit nicht in britische Blasiertheit auswächst). Dies ist kein Pop-Theater, sondern Musiker-Handwerk. Darum darf der Jüngling zum Schluss selbst Johnny Cashs "Folsom Prison Blues" covern. Kann er nämlich auch. Bleibt abzuwarten, ob er das Niveau halten kann, jetzt, da der Produktionsdruck steigen wird. Der Traum der Plattenfirma führt nicht selten für den Künstler in den Albtraum. Man muss diesen Jungen im Auge behalten. Und für ihn hoffen.

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