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Konzert in Augsburg: Was Nena uns bei ihrem Konzert in Augsburg fürs Leben lehrt

Konzert in Augsburg

Was Nena uns bei ihrem Konzert in Augsburg fürs Leben lehrt

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    Nena bei ihrem Auftritt im Kongress am Park.
    Nena bei ihrem Auftritt im Kongress am Park. Foto: Siegfried Kerpf

    Spätestens als sie zum Abschluss ihrer zweistündigen Show auch noch samt neunköpfiger Band in Polonaise durch die Halle zieht, die Fans abklatscht und dabei zum Mitsingen des neuen, nach 40 Jahren im Popzirkus geradezu programmatischen Titels „Immer noch hier“ animiert – spätestens da wünscht man sich all die 17-Jährigen her, die davon träumen, die nächste Beyonce oder Helene Fischer, der nächste Eminem oder Shawn Mendes zu werden. Und mag den Kids auch die in den 80ern wurzelnde Musik nicht gefallen, würden sie die Sprache nicht verstehen: Bei Nena könnten sie auch an diesem Dienstagabend in der Kongresshalle in Augsburg fürs Leben lernen.

    Natürlich würden sie zuerst staunen, dass die Frau da vorn nicht nur mehrfach Mutter, sondern auch bereits mehrfach Oma ist, dass sie wirklich schon 58 sein soll, so frisch, so alterslos jugendlich wie sie nicht nur aussieht, sondern auch wirkt. Aber das ist ja nicht das Wesentliche, höchstens die symbolische Äußerung. Denn sie war ja schon mal sowas wie ein Weltstar, wurde in ausverkauften Arenen bejubelt, hat auch vor ein paar Jahren nach einer stilistischen Auffrischung mit „Oldschool“ etwa auch die Olympiahalle in München gefüllt – und jetzt, wo auf einer Tour im Bus sehr viele kleinere Orte wie die Kongresshalle auf dem Programm stehen, mit rund 2000 Zuschauern deutlich nicht ausverkauft und auch nicht vom enthusiastischsten Publikum bevölkert: Da haut einen die Lust dieser Frau erst Recht um.

    Nena ist ein Unterhaltungsprofi

    Natürlich hat sie reichlich Hits, die sie in diesen Abend streuen kann, der schon mit „Indianer“ und einem Schlagzeug-Spektakel beginnt. Bereits bei Song drei, „Nur geträumt“,  stehen (zumindest auf Nenas  mehrfache Aufforderung hin) auch den Rängen die Zuschauer auf, Begeisterung tost vor allem auf der Zielgeraden bei „Leuchtturm“ und „99 Luftballons“ und „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“. Aber eindrucksvoll ist, wie Nena nach 40 Jahren noch dazwischen die Stimmung mit ihrer Präsenz und Spielfreude hält und als Unterhaltungsprofi samt so vertrauter wie versierter Band ein lückenlos mitreißendes Programm hinstellt.

    Ein Höhepunkt etwa: Nena hat selbst für Hallen dieser Größe eine kleinere, zweite Bühne dabei, von einer solchen servieren ja längst so viele Popstars heutzutage Acoustic-Sets mitten im Konzert. Bei Nena aber wird daraus der Band-Proberaum, mit dem vor 40 Jahren alles begann. Sie nimmt die Gitarre in die Hand, es wird punkig, schmutzig, unmittelbar – wer heute 17 ist, kann darin noch immer das pochende Herz der damals 17-jährigen Gabriele Susanne Kerner aus Hagen spüren. Und mit ungebrochener Lust verbreitet die dann eben auch die ganze Vielfalt, die in den Karrierejahren danach entstanden ist: Setzt neben das Markus-Cover „Kleine Taschenlampe brenn‘“ ihre Satellitenstadt, die sie rückblickend geradezu avantgardistisch erscheinen lässt. Und wenn sich in einer ausgedehnten „Leuchtturm“-Version Helene-Fischer-Schlager und Rolling-Stones-Riff begegnen, so hält Nena nicht nur das zusammen. Sie schafft es auch bei einem weiteren Ausflug auf die kleine Bühne in „Oldschool“ zu rappen und „Willst Du mit mir gehen“ als Elektrostück zu präsentieren, ohne dass es peinlich oder an den Zeitgeist anbiedernd wäre. Es wirkt tatsächlich einfach wie Spaß. Kann das nach all den Jahren noch sein?

    Nena-Konzert in Augsburg: Durch die Jahre trägt nur die eigene Leidenschaft

    Diese Frage würden die heute 17-Jährigen wohl mitnehmen. Ein anderer Blick auf rauschende Youtube-Kanäle und den nächsten Pophype täte sich auf, mit all den Sternschnuppen, die im steigenden Druck des Geschäfts mitunter auch tragisch verglühen. Die Mutter aller deutschen Popstars verkörpert mit ihrem Leben und Wirken eine Lehre: Der Ruhm ist vergänglich, durch die Jahre trägt nur die eigene Leidenschaft. Auch Pop muss Passion sein, wenn sie für einen Menschen die Tätigkeit des Lebens werden und bleiben soll. Träumen und Arbeiten ist das eine, ein Herz wie das von Nena etwas ganz anderes. Und gerade das ist nach 40 Jahren und an einem eigentlich ziemlich unglamourösen Abend wie in Augsburg zu erleben.

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