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Kommentar: Zensur von Sarah-Connor-Song "Vincent" ist prüde und albern

Kommentar

Zensur von Sarah-Connor-Song "Vincent" ist prüde und albern

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    Sarah Connor singt in „Vincent“ unter anderem über einen schwulen Jungen.
    Sarah Connor singt in „Vincent“ unter anderem über einen schwulen Jungen. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Vincent kriegt kein’ hoch, wenn er an Mädchen denkt.

    Die Zeile spielen oder nicht spielen? Darüber sind die deutschen Radiomacher gerade geteilter Meinung. Die Diskussion dreht sich um den ersten Satz von Sarah Connors neuem Song „Vincent“. Einige Medien wie Antenne Bayern haben mit der pikanten Aussage ein Problem, blenden sie aus und senden nur eine verkürzte Version. Andere Sender wie Radio Teddy aus Berlin gehen noch weiter und spielen das Lied überhaupt nicht.

    Zensur von Sarah-Connor-Song "Vincent" ist albern

    Warum ist das so? Die ersten neun Worte von Connors Song, so argumentieren die betroffenen Medien, werfen bei Kindern und deren Eltern Fragen auf. Fragen nach Sexualität. Nach Orientierung. Nach Identität und Aufklärung. Nach Coming-out. Denn mit all dem beschäftigt sich der Inhalt von „Vincent“. Für einige Sender zu prekär. Also üben sie unter dem Siegel des Jugendschutzes Zensur – was nicht nur limitiert und prüde ist, sondern vor allem albern.

    Albern deshalb, weil Sex im Programm, auf das Kinder im Internet oder beim Fernsehen täglich Zugriff haben, fast allgegenwärtig ist. Die Porno-Ästhetik mancher Videoclips auf Youtube trägt genauso wenig zur sittlichen Erziehung bei wie Amorelie und eis.de, die in ihrer TV-Werbung Vibratoren, Dildos und Liebeskugeln für aufregende Nächte anpreisen. Gleichzeitig wird Sarah Connor zensiert. Rappelt’s noch im Karton?

    Nicht alle Medieninhalte dürfen ungefiltert an Kinder gelangen

    Nein, das soll nicht heißen, dass sämtliche Medieninhalte ungefiltert an Kinder und Jugend dringen sollen. Songs, die offenkundig rassistisch, antisemitisch, schwulen- oder frauenfeindlich sind, müssen kontrolliert werden. Wenn aber in Robbie Williams „Come Undone“ eine Lücke klafft, weil das Wort „fuck“ einfach herausgenommen wurde, dann wird dadurch keine Jugend geschützt. Sie wäre genauso wenig gefährdet, wenn James Blunt in seinem Hit „You’re beautiful“ die Zeile „fucking high“ statt „flying high“ sänge.

    Offenbar ist die moralische Integrität gar nicht erwünscht, die Worte und Ausdrücke für Minderjährige kaschieren will. Und fast scheint es so, als ob Musikmanager die Tugendwächterrolle einiger Radiosender miteinkalkulieren. Denn könnte es nicht sein, dass Connor und ihr PR-Team eine Strategie verfolgen, wenn sie einen so aufgeladenen Satz an den Beginn eines Textes platzieren? Ein Versuch, Interesse auf eine Künstlerin, ihr Produkt, eine Botschaft zu lenken? Eine Provokation, um einen Diskurs über Toleranz und Homosexualität anzustoßen?

    Wir alle wissen: Was sich in den Schleier des Unanständigen hüllt, ist interessant, weckt Neugier – und wird gut gekauft. Mit Zensur sprechen die Medien genau die Reflexe jener Kinder und Jugendlichen an, deren Schutz man eigentlich vorantreiben will. Bestes Beispiel hierfür ist der „Explicit Lyrics“-Aufkleber. Ein Stempel, der auf Alben vor bestimmten Inhalten warnen soll, längst aber zum Gütesiegel avanciert ist. Und wenn das Connors Ziel war – wenn ihr Ziel war, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – dann war sie damit sehr erfolgreich. Anstatt also über Zensur zu diskutieren, sollten Radiosender „Vincent“ einfach spielen.

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