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Klassik: Beatrice Rana vor dem ganz großen Durchbruch

Klassik

Beatrice Rana vor dem ganz großen Durchbruch

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    Beatrice Rana, Pianistin, Italienerin.
    Beatrice Rana, Pianistin, Italienerin. Foto: Simon Fowler, Parlophone

    Ein Auftritt in einem renommierten Konzerthaus, ein erster Preis bei einem international bedeutenden Musikwettbewerb: Sie allein garantieren nicht automatisch die große Solistenkarriere.

    Der Auftritt im renommierten Konzerthaus könnte ja auch erst mal bewährungsweise im kleineren Kammermusiksaal neben der großen Bühne stattfinden – und mitunter wird von Konzertagenturen und Talent-Scouts eine zweite oder ein dritter Wettbewerbspreisträger der Goldmedaille vorgezogen. Auch in der Musikszene gilt: Können ist wesentlich, aber das Glück beschleunigt den Ertrag.

    Beatrice Rana, diese 28 Jahre junge italienische Pianistin, hat Können und Glück auf ihrer Seite. Entgegen der mittlerweile kursierenden demagogischen Polemik, dass Wettbewerbe ein Relikt des 19. Jahrhunderts seien, nahm sie an mehreren Wettbewerben teil – nicht nur um der Reputation willen, sondern auch, um Verbindungen zu knüpfen in die Branche. Beides gelang: Erste und zweite Preise gewann sie seit dem Jahr 2010 unter anderem im Namen von Muzio Clementi (Rom) und Van Cliburn (Texas) – hohe Dekorationen in Pianistenkreisen.

    Musikwettbewerbe haben doch ihren Wert

    Und der Dirigent Antonio Pappano schlug sie dann als Solistin für ihre erste Schallplatten-Aufnahme mit dem Orchester der römischen Academia di Santa Cecilia und mit Konzerten von Prokofjew und Tschaikowski vor (2015). So waren wichtige Einstiege geschaffen.

    Es ist auch wahrlich nicht so, dass die bedeutenden internationalen Wettbewerbe in großem Umfang das Handtuch werfen und die Segel streichen würden, weil ihnen angeblich Attraktivität flöten geht … So viel zu Sinn und Zweck von Wettbewerben, so viel auch hinsichtlich des außerordentlich unrühmlichen Endes des Augsburger Leopold-Mozart-Violinwettbewerbs.

    Heute jedenfalls hat sich Beatrice Rana, 1993 nahe Lecce am italienischen Stiefelabsatz geboren, zur Spitze der jüngeren Pianistengeneration vorgearbeitet. In der kommenden Konzertsaison wird sie bei allerersten US-Orchestern debütieren (Boston, New York) – und in München, beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, auch unter einem allerersten Dirigenten konzertieren: Yannick Nézet-Séguin. Der ganz große Durchbruch steht vor der Tür.

    In Bad Wörishofen spielt Beatrice Rana Beethoven

    Das Fundament dazu legten die Eltern Beatrice Ranas, als sie vier Jahre alt geworden war – Vater und Mutter sind Pianisten – und etliche Jahre später dann unter anderem Arie Vardi an der Musikhochschule Hannover.

    Aber vor Boston, München, New York ist Beatrice Rana in Bad Wörishofen zum Auftakt des Festivals der Nationen 2021 zu hören – abseits ihrer bisherigen musikalischen Schwerpunkte, die lauten: Bach, russische Musik und französische Musik – zu der an dieser Stelle auch Chopin gezählt werden soll, dessen Etüden opus 25 dieser Tage mit Beatrice Rana auf CD ausgeliefert werden (Warner Classics). Im Kursaal von

    Ob das Publikum einen Gegenentwurf zu Buchbinders Interpretation erwarten kann? Beatrice Rana, deren neue Heimat Rom heißt, erklärt im Interview mit unserer Zeitung: „Ich denke, es geht nicht darum, etwas anders oder genau so wie andere Interpreten zu machen, auch wenn Buchbinder eine Referenzgröße in Sachen Beethoven darstellt. Für mich ist die Hauptquelle und Referenzgröße alleine Beethovens Manuskript und Partitur – wobei ich für den Klavierpart die Henle-Ausgabe verwende und für den Orchesterpart die neue kritische Bärenreiter-Ausgabe. Ich weiß nicht, was dabei im Vergleich zu Buchbinder oder anderen Interpretationen herauskommt, aber ich hoffe, es wird gegenüber

    Das hilfreiche Studium der Komposition

    Gleichzeitig freilich ist Beatrice Rana (wie Buchbinder) der Auffassung, dass es im zweiten Satz des 5. Klavierkonzerts überirdische Schönheiten der Musik gibt: „Es ist immer bewegend zu erleben, wie Beethoven in den langsamen Sätzen das Klavier nutzt, um eine innige Verbindung mit dem Himmel oder mit Gott zu erhalten.“

    Demgegenüber gilt freilich auch: Analytische Einsichten in die Musik gehören ebenfalls zur Basis jeder Interpretation. Bei Beatrice Rana ist die Voraussetzung dafür bestens, hat sie doch neben Klavier auch Komposition studiert. So kann sie ein Werk gedanklich leicht auseinandernehmen: „Ich studierte sieben Jahre Klavier und dazu in enger Verbindung Komposition. Das waren einige der nützlichsten Jahre für mich, denn es half mir, beim Partiturstudium die Perspektiven zu wechseln und zu verstehen, was die Gründe beispielsweise für bestimmte kompositorische Entscheidungen sind, wie viel interpretatorische Freiheit zwischen präzisen Tempo- und Dynamik-Vorgaben besteht, wo die Schwierigkeiten beim Komponieren einer Fuge liegen. Ich versuchte, wie ein Komponist zu denken, und das alles half mir, Musik besser zu verstehen.“

    Gute Bedingungen also für Beatrice Ranas Auftritt in Bad Wörishofen, zu dem auch Mozarts Prager Sinfonie erklingen wird. Geist und Handwerk sind vorhanden – wie es um Beatrice Ranas musikalische Seele steht, hören wir dann ...

    Konzert-Höhepunkte beim Festival der Nationen in Bad Wörishofen:

    24. September: Beatrice Rana (siehe oben)

    25. September: Fazil Say spielt Mozarts Klavierkonzert KV 488 mit dem vbw Festivalorchester unter Christoph Adt. Dazu Schumanns vierte Sinfonie.

    26. September: Sabine Meyer spielt Mozarts Klarinettenkonzert KV 622 mit dem Kammerorchester des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks unter Radoslaw Szulc. Dazu Mozarts Sinfonie KV 550.

    28. September: Die Schwestern

    Khatia und Gvantsa Buniatishvili interpretieren Mozarts Konzert für zwei Klaviere KV 365 – zusammen mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian. Dazu Saint-Saëns und Mozarts „Jupiter“-Sinfonie.

    29. September: Die Sopranistin Olga Peretyatko singt Arien von Mozart und seinen Zeitgenossen. Es begleitet die Prague Royal Philharmonic unter Mathias Förster.

    30. September Der Geiger

    Nigel Kennedy spielt Beethovens Violinkonzert op. 61 und sein eigenes Violinkonzert „Für Ludwig van!“

    2. Oktober: Operngala mit Diana Damrau und Nicolas Testé sowie den Münchner Symphonikern unter Pavel Baleff.

    Alle Konzerte – bis auf das der Sopranistin Olga Peretyatko – werden zweimal gegeben: am frühen und späteren Abend.

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