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Kinofilm "Never Sorry": Der unbeugsame Individualist

Kinofilm "Never Sorry"

Der unbeugsame Individualist

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    Drei Jahre lang hat die Regisseurin Alison Klayman den Künstler Ai Weiwei begleitet und seine Familie, Freunde und Kollegen interviewt. Ihre 90-minütige Dokumentation „

    Ai Weiwei baute am „Vogelnest“ genannten Olympiastadion mit, distanzierte sich aber später und verurteilte das „falsche Lächeln für die Ausländer“, das die Propaganda mit Olympia 2008 aufzog. Nach dem verheerenden Erdbeben 2008 in Sichuan mit 87000 Toten sammelte Ai Weiwei die Namen von fast 5000 getöteten Kindern, denn viele Schulen waren durch Pfusch am Bau eingestürzt. Als er vor Gericht aussagen wollte, wurde er von Polizisten geprügelt, erlitt ein lebensgefährliches Blutgerinnsel im Kopf und wurde in einer Notoperation in München einen Monat später gerettet.

    In München stellte der Künstler eine gigantische Wand mit Rucksäcken aus, damit die toten Kinder von Sichuan nicht vergessen werden. In der Tate Modern Galerie in London verstreute Ai Weiwei Millionen von Sonnenblumenkernen aus Porzellan – als Symbol für das Individuum und ebenso eine Anspielung auf Mao Tse-tung, der als Sonne gesehen wurde, dem das Volk wie Sonnenblumen folgt.

    „Ich bin sehr stolz auf ihn“, sagt seine Mutter Gao Yin. „Er spricht für die einfachen Menschen.“ Sie hat Angst um ihn, sagt aber auch: „Ein Mensch kann die Probleme eines ganzen Landes nicht lösen, aber was passiert, wenn jeder die Probleme eines Landes ignoriert?“

    Ai Weiwei ist mehr als ein Künstler – sein Name stehe „für freiheitliches Denken und Individualismus“. Jahrelang lebte er in New York und erfuhr, wie das freiheitliche System funktioniert. „Freiheit ist ein merkwürdiges Ding: Wenn man sie einmal erlebt hat, bleibt sie im Herzen – und niemand kann sie wegnehmen.“ Er war geschockt, als 1989 in seiner Heimat die Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen wurde. 1993 kehrte er nach China zurück. Sein Vater ist alt und krank – und es gibt noch seinen Sohn Ai Lao.

    Sich selbst beschreibt Ai Weiwei im Film als „ewigen Optimisten“ und definiert: „Optimismus ist, wenn du vom Leben begeistert bist, wenn du neugierig bist und du weiter glaubst, dass es Möglichkeiten gibt.“ Aber dann wurde 2012 sein Studio in Shanghai abgerissen und er selber verschwand plötzlich.

    Sein Markenzeichen ist eigentlich „Never Sorry“ als Protest gegen die Gleichgültigkeit der Mächtigen in der Ausrede „So Sorry“. Aber nach 81 Tagen in streng bewachter Einzelhaft musste er nach seiner Heimkehr alle Fragen abweisen: „Tut mir leid.“ Andreas Landwehr, dpa ****

    Start in Augsburg, Ulm

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