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Wissenschaft: Wer mag schon Wespen? Ehrenrettung der ewig Unverstandenen

Wissenschaft

Wer mag schon Wespen? Ehrenrettung der ewig Unverstandenen

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    In Nahaufnahme einfach faszinierend oder ziemlich gruselig? Das ist Geschmackssache. Die Fakten über die Wespen sprechen dagegen eindeutig für sie.
    In Nahaufnahme einfach faszinierend oder ziemlich gruselig? Das ist Geschmackssache. Die Fakten über die Wespen sprechen dagegen eindeutig für sie. Foto: Adobe.stock

    Sie vernichten Schädlinge und bestäuben Blüten. Dennoch haben Wespen einen schlechten Ruf. "Wespen zählen zu den Insekten, die wir lieben zu hassen – Bienen jedoch, die ebenfalls stechen, werden für die Bestäubung unserer Pflanzen und ihre Honigproduktion gepriesen", sagt Ökologin Seirian Sumner vom University College London.

    Ein Grund sei die wenigen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Tiere. Ihre Rolle im Ökosystem und ihr Nutzen für den Menschen seien bislang weitgehend ignoriert worden. "Daher fangen wir erst jetzt an, den Wert und die Bedeutung ihrer Leistungen für das Ökosystem richtig zu verstehen."

    164 Pflanzenarten sind allein auf Wespen angewiesen

    Insgesamt sind nach Angaben der Forscher bislang 103.000 Arten von Wespen wissenschaftlich beschrieben, 70 Prozent seien Parasiten, die oft nützlich für den Menschen seien, schreiben die Forscher im Fachmagazin Biological Reviews. So werden in Deutschland Schlupfwespen gegen den Maiszünsler und andere Schädlinge eingesetzt. Sie legen ihre Eier mithilfe ihres Legestachels in die Eier des Maiszünslers, die so letztlich zerstört werden.

    Die Forscher fokussierten sich nun jedoch besonders auf Wespen mit Wehrstacheln, zu denen auch die auf Kuchen oder Fleisch landenden gelb-schwarz-gestreiften Tiere zählen, wie die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris). Aus über 500 Fachartikeln zogen sie Informationen von 33.000 bekannten Arten dieser Wespengruppe.

    Die meisten dieser Wespen jagen andere Insekten oder zerstören deren Nachwuchs, indem sie ihre Eier darin ablegen. Dabei haben insbesondere die in sozialen Verbänden lebenden Wespen ein breites Beutespektrum, zu dem auch Spinnen und Heuschrecken zählen. Diese "stürzen sich vor allem auf das, was reichlich vorhanden ist", erläutert Sumner. Aus diesem Grund sei es unwahrscheinlich, dass sie zum Rückgang von bedrohten Insekten beitragen.

    Wespen haben großes Potenzial in der Schädlingsbekämpfung

    In Neuseeland, wo die Gemeine Wespe eingeschleppt wurde, könne eine Kolonie jedoch mehrere Kilo Insekten pro Saison und Hektar vernichten, schreiben die Forscher. Hier könne ein Wespenstaat überwintern und bis zu zehnfach größer als in Deutschland werden. Die eingeschleppte Wespe habe wegen der Insektenvernichtung erhebliche ökologische Auswirkungen. In kühleren Ländern wie Deutschland überwintert dagegen in der Regel nur die Königin und gründet im Frühjahr einen neuen Staat. Hier seien die Wespenstaaten sehr wichtig, um die Population pflanzenfressender Insekten in Schach zu halten.

    Auch Wespen mit Wehrstachel dienen vielfach zur biologischen Schädlingskontrolle, in tropischen Ländern etwa zur Bekämpfung des Kaffeekirschenkäfers oder von Schaben. In Brasilien habe ein Versuch mit der Feldwespe Polistes satan gegen einen Maisschädling – den Herbst-Heerwurm (Spodoptera frugiperda) – in einem Versuchshaus gute Ergebnisse gebracht. Der im tropischen und subtropischen Amerika heimische Schädling war nach Afrika eingeschleppt worden und es wird befürchtet, dass er sich bald auch in Europa ausbreitet. Insgesamt sei die Zahl solcher Versuche eher dürftig, obwohl die Fähigkeit der Wespen zur Schädlingskontrolle seit über einem Jahrhundert bekannt sei, schreiben die Autoren, die noch ein großes Potenzial in der Schädlingsbekämpfung durch Wespen sehen.

    Auf einem weiteren Gebiet ist der Nutzen der Wespen bekannter. Sie bestäuben nach Recherchen der Forscher nachweislich rund 960 Pflanzenarten. 164 davon seien komplett auf Wespen angewiesen, darunter auch Orchideen. Einige der Orchideen haben dafür sogar besondere Kniffe entwickelt: Sie bilden etwa Strukturen aus, die einem weiblichen Hinterteil ähneln, um männliche Wespen anzulocken. Andere verströmen Duftstoffe, wie sie etwa beim Raupenfraß entstehen, um den Wespen Futter vorzu-gaukeln. Viele Wespen bestäuben eine große Auswahl an Pflanzen, sodass sie einspringen können, wenn ein anderer Bestäuber ausfällt – die Honigwespe Brachygastra lecheguana mindestens 76 Arten.

    Doch was tun, wenn Wespen auf dem Kuchen landet?

    Insgesamt über 100 der Wespenarten in 19 Ländern dienen den Forschern zufolge heute schon als Nahrungsmittel für Menschen. Ihre proteinreichen Larven oder Verpuppungsstadien werden in Ostasien, Afrika oder Südamerika geerntet. In Lateinamerika werde auch Honig von Wespen gegessen. Nicht zuletzt haben Wespen potenziellen medizinischen Nutzen. So habe etwa ihr Gift sowie das Nistmaterial antibiotische Wirkung und sei in der Volksmedizin verwendet worden. Wissenschaftliche Studien zum Einsatz gegen Krebs und Mikroorganismen sind gestartet.

    "Ebenso wie andere Insekten gehen viele Wespen durch Faktoren wie den Klimawandel und Lebensraumverlust zurück", sagte Mitautor Ryan Brock von der britischen University of East Anglia. Es sei dringend nötig, sie und ihren Lebensraum zu schützen, um weiterhin von den weitreichenden Dienstleistungen der Wespen für das Ökosystem zu profitieren.

    Doch was tun, wenn eine Wespe um den Kopf herumfliegt oder auf dem Kuchenstück landet? "Einfach weggehen", rät Sumner. Sie verwechsle den Kopf mit einer Nahrungsquelle. Den Kuchen könne man beiseitelegen und die Wespe etwas fressen lassen.

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