Jahrtausendealte Bäume geben der Forschung Rätsel auf. Als chinesische Forscher kürzlich die bekannt langlebigen Ginkgos in unterschiedlichen Altern untersuchten, stellten sie in einer Studie, veröffentlicht in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften, Erstaunliches fest: Auch sehr alte Exemplare können im Blick auf Photosynthese und Samenkeimung in einem kerngesunden Zustand sein. Mit Blick auf die Genaktivität waren in bestimmten Zellen zwar altersbedingte Veränderungen messbar – die Forscher fassen aber zusammen: „Betrachtet man den Baum als Ganzes, ist kein Alterungsprozess erkennbar.“ Heißt das, dass Bäume theoretisch unendlich lange leben können?
Sergi Munné-Bosch von der Universität Barcelona ist überzeugt: Nein. Uralte Bäume seien genauso von den Abnutzungserscheinungen des Alterns betroffen wie andere Organismen. Das schreibt der Forscher nun in „Trends in Plant Science“. Sein Standpunkt in vier Worten: „Sie sind nicht unsterblich.“ Aber das Rätsel ihrer Langlebigkeit ist spannend genug.
Auf der Erde gibt es einige extrem alte Bäume. Methuselah, eine Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) im Inyo National Forest im US-Bundesstaat Nevada, bringt es zum Beispiel auf knapp 5000 Jahre. Die Zypresse von Abarqu im Iran ist mehr als 4000 Jahre alt. Einer der ältesten Bäume in Europa ist der Kastanienbaum der hundert Pferde, eine Edelkastanie (Castanea sativa), die auf ein Alter von 2000 bis 4000 Jahren geschätzt wird. Deren Geheimnis zu lüften, ist gar nicht so leicht. Es gibt schlicht sehr wenige davon, was ihre Erforschung erschwert. Für sehr alte Bäume ist es wahrscheinlicher, an äußeren Faktoren wie einem Brand, einer Dürre oder einer Krankheit zu sterben als an Altersschwäche.
Verschiedene Faktoren sind notwendig, damit ein Baum ein sehr hohes Alter erreichen kann. Dazu gehört, hohe Temperaturen, Nährstoffmangel und Dürren wegstecken zu können. Auch ein langsames Wachstum ist laut Munné-Bosch wichtig. Bei Ginkgos und anderen sehr alten Bäumen sei gezeigt worden, dass sie widerstandsfähig gegen Krankheiten sind, eine Vorliebe für Standorte ohne große Konkurrenz haben und immer wieder neu am Stamm austreiben können.
Munné-Bosch hält die Erkenntnisse der chinesischen Kollegen jedoch für wichtig. Dennoch ist er der Meinung, dass auch die effizientesten Mechanismen zur Verlängerung der Lebenszeit den Alterungsprozess nicht aufhalten können. Seiner Meinung nach sind Alterungsprozesse bei sehr alten Bäumen aus bestimmten Gründen aber schwer festzustellen. Einerseits können wegen der extremen Zeiträume keine Langzeitbeobachtungen gemacht werden. Andererseits gibt es kaum Vergleichsexemplare. „Wenn eine Baumart 5000 Jahre alt werden kann, ist es sehr schwer, auch nur zwei Bäume zu finden, die zwischen 2000 und 5000 Jahre alt sind“, sagt Munné-Bosch.