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Neujahrsvorsätze: Das sagt die Psychologie: So klappt's besser mit den Neujahrsvorsätzen

Neujahrsvorsätze

Das sagt die Psychologie: So klappt's besser mit den Neujahrsvorsätzen

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    Mehr Sport: Das gehört zu den häufigsten Neujahrsvorsätzen.
    Mehr Sport: Das gehört zu den häufigsten Neujahrsvorsätzen. Foto: Christin Klose, dpa

    Haben Sie auch welche? Mal wieder? Und hat es mit den guten Vorsätzen, die nicht wenige vor allem zum Neuen Jahr, aber viele eigentlich ständig fassen, schon je geklappt? Mehr Sport treiben, Stress abbauen oder mit dem Rauchen aufhören? Eine schwedische Studie gibt nun Hinweise, wie es besser gelingen könnte, Vorsätze in die Tat umzusetzen.

    Demnach hängt ihr Erfolg nicht zuletzt davon ab, wie sie formuliert werden. Für Experten ist dieser Befund zwar nicht neu. Er enthalte allerdings wertvolle Erkenntnisse für die Corona-Pandemie, in der Vorsätze noch einmal eine andere Bedeutung bekommen könnten, sagt Sonia Lippke von der Bremer Jacobs University.

    Für ihre Untersuchung teilten die Wissenschaftler der Universitäten von Stockholm und Linköping 1066 Freiwillige in drei Gruppen ein, die alle Ende 2017 Neujahrsvorsätze fassten. Die meisten Vorsätze kreisten um die eigene körperliche Gesundheit, Gewichtsabnahme und bessere Essgewohnheiten. Die erste Gruppe bekam während der Studie gar keine Hilfe, die zweite etwas und die dritte viel – etwa in Form von regelmäßigen Kontaktaufnahmen und E-Mails mit nützlichen Tipps.

    Bei guten Vorsätzen lieber "Annäherungsziele" setzen

    „Es zeigte sich, dass die Unterstützung, die die Teilnehmer erhielten, keinen großen Unterschied machte, wenn es darum ging, wie gut sie ihre Vorsätze während des Jahres einhielten“, sagt Psychologe Per Carlbring von der Universität Stockholm. „Was uns überraschte, waren die Ergebnisse zur Formulierung des Vorsatzes.“ Tatsächlich führten „Annäherungsziele“ zum größten Erfolg, etwa Vorsätze, die etwas Neues in den eigenen Alltag oder eine neue Angewohnheit einführen. Ziele, bei denen es darum ging, etwas zu vermeiden oder damit aufzuhören, waren hingegen weniger erfolgreich. Die Forscher schließen daraus, dass schon die Formulierung von Neujahrsvorsätzen den Grundstein für Erfolg oder Misserfolg legen könnten: Wer seinen Vorsatz von „Ich werde aufhören/vermeiden…“ zu „Ich werde damit anfangen …“ umformuliere, haben eine größere Chance, das Ziel zu erreichen. Für die Bremerin Forscherin Lippke kennt das aus der Gesundheitspsychologie bereits: „„Gewichtsabnahme“ ist kein gutes Ziel, „fitter werden“ aber schon“, beschreibt sie. „Das hat die Studie gut gezeigt: Es ist einfacher, etwas zu machen als es zu lassen.“

    Was die schwedische Arbeit zudem wertvoll mache, seien ihre Konsequenzen für die Corona-Situation und die Lockdown-Phasen. So zeige die schwedische Arbeit, wie wichtig das in der Pandemie genutzte Vokabular sei. „Kontaktbeschränkungen“ sind ein Vermeidungsziel und derartige Ziele funktionieren schlechter“, so Lippke. Dazu sei der Begriff unklar formuliert und problematisch, vor allem in Verbindung mit dem sogenannten Social Distancing: „Es geht schließlich nicht darum, soziale Kontakte einzuschränken, sondern physisch Abstand zu halten.“ Gerade hinsichtlich der Gefahr der Vereinsamung sollten Maßnahmen daher als Annäherungsziele formuliert werden. „Diese könnten heißen ‚Ich bleibe zu Hause‘ oder ‚Ich rufe jeden Tag einen meiner Freunde an‘“, so die Psychologin. Und Flexibilität wahren, die überhaupt für den Erfolg von Vorsätzen eine große Rolle spiele: „Für den Lockdown bedeutet das beispielsweise, neue Wege des Kontakthaltens zu finden, etwa durch digitale Formate.“

    Gesünder ernähren: ein typischer Vorsatz fürs Neue Jahr.
    Gesünder ernähren: ein typischer Vorsatz fürs Neue Jahr. Foto: Christoph Kölle, dpa

    Während in der Studie die meisten Vorsätze körperliche Gesundheit, Gewicht und Ernährungsgewohnheiten betreffen, stehen in Deutschland laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der DAK „Stress vermeiden oder abbauen“ und „Mehr Zeit für Familie/Freunde“ ganz oben auf der Liste der häufigsten guten Vorsätze für 2021. Psychologin Lippke meint, dass Corona Anlass für die Reflexion der eigenen Vorsätze sein könnte: „Wir befinden uns in einer Zeit, andere Ziele zu bilden, die mehr mit der Verortung des Ichs in der Gemeinschaft zu tun haben, anstatt sich etwa darin zu erschöpfen, mehr Sport treiben zu wollen.“ Darüber hinaus gebe es wissenschaftlich keinen Hinweis darauf, dass Vorsätze erfolgreicher umgesetzt würden, wenn sie an den Jahreswechsel oder ähnliche Ereignisse geknüpft seien. „Wichtig ist die grundsätzliche Anfangsmotivation, und hier können einschneidende Erlebnisse wie ein Herzinfarkt viel stärker wirken.“ Um dauerhaft erfolgreich zu bleiben, müsse diese Anfangsmotivation aber regelmäßig angepasst werden: an die Rahmenbedingungen.

    Deren Wirkung erforscht Frank Wieber von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zentral. Der Psychologe sagt: „Durch die Änderung der Umgebung erreicht man oft die nachhaltigsten Verhaltensänderungen.“ Zudem sollte jemand gerade zu Beginn nicht mit zu viel Euphorie ein neues Ziel angehen. „Wer am Anfang zu eng fokussiert ist, unterschätzt vielleicht andere Verpflichtungen. Auf lange Sicht kann einem so der Treibstoff ausgehen“, beschreibt Wieber.

    Die Erfolgsformel für Neujahrsvorsätze lautet "WOOP"

    Außerdem sollten Ziele genau geplant und der Weg zu ihrem Erreichen überwacht werden. Hier könne die WOOP-Methode der Motivationsforscher Gabriele Oettingen und Peter Gollwitzer helfen. Die englische Abkürzung steht für „Wish“ (Wunsch), „Outcome“ (Ergebnis), „Obstacle“ (Hindernis) und „Plan“. Sie bedeutet, einen Wunsch zu formulieren, sich das gewünschte Ergebnis zu visualisieren, mögliche Barrieren zu dessen Erreichung bereits mitzudenken und schließlich einen konkreten Plan zu entwickeln.

    Jener Plan sollte in Wenn-Dann-Form formuliert werden, also etwa nach dem Muster: „Wenn ich einen Schokoriegel esse, dann mache ich fünf Liegestützen.“ Messbare Hinweise auf den Fortschritt bei den Verhaltensänderungen und sinnvolle Belohnungen könnten zusätzlich unterstützen, so Wieber. Dabei gelte es auch, mit Rückschlägen umgehen zu lernen: „Bei der Umsetzung seiner Vorsätze sollte man nachsichtig und rücksichtsvoll mit sich selbst sein.“ Und sich nicht zuletzt in Geduld üben: „Aus der Suchtprävention wissen wir, dass es sechs Monate bis zwei Jahre bis zum Aufbau von wirklich stabilen Gewohnheiten dauern kann.“

    Auf einen weiteren Aspekt verweist Sonia Lippke: „Für die Umsetzung eines Vorsatzes gibt es nur eine richtige Strategie, und diese lautet Individualisierung.“ Tatsächlich kursieren die unterschiedlichsten Tipps und Anleitungen für erfolgreiche Verhaltensänderungen, die von Visualisierungen über die Einbeziehung von Vertrauensmenschen oder Mentoren bis hin zu Zehn-Schritt-Plänen und ähnlichem reichen.

    Gute Vorsätze: Welche Strategie die richtige ist, hängt von der Persönlichkeit ab

    „Hier muss jeder selbst herausfinden, was für sie oder ihn wann und wie funktioniert“, erläutert Lippke. Wieber ergänzt: „Manche haben schon Schwierigkeiten, ein Ziel zu finden, andere, den ersten Schritt zu machen, und wieder andere, dranzubleiben – diese großen Unterschiede bedeuten, dass es kein Patentrezept für Verhaltensänderungen geben kann.“

    Entsprechend hänge es wahrscheinlich auch vom Persönlichkeitstyp ab, ob ein Annäherungs- oder Vermeidungsziel erfolgreicher sei. „Formuliere ich meinen Vorsatz aber als Vermeidungsziel, dann habe ich kein Alternativverhalten“, gibt Wieber zu bedenken. „Der Satz ‚Ich will keine Süßigkeiten mehr essen‘ enthält keine Alternative.“

    Entsprechend empfiehlt der schwedische Studienautor Carlbring mit Blick auf ein solches Ziel, stattdessen zu sagen „Ich werde mehrmals am Tag Obst essen“. Man ersetze dann Süßigkeiten durch etwas Gesünderes, was wahrscheinlich bedeute, abzunehmen und den eigenen Vorsatz einzuhalten. Carlbring betont weiter: „Sie können ein Verhalten nicht auslöschen, aber Sie können es durch etwas anderes ersetzen. Obwohl das bei dem Vorsatz „Ich höre mit dem Rauchen auf“ vermutlich schwieriger ist, weil man das vielleicht 20 Mal am Tag tut.“

    Auch hier empfiehlt Sonia Lippke, ein Annäherungsziel zu formulieren: „Das könnte zum Beispiel lauten ‚Als Nichtraucher werde ich fitter‘ oder ‚Als Nichtraucher werde ich viel Geld sparen‘.“ Wichtig sei aber vor allem, intensiv über seine Ziele und die Motivation sowie kleine erste Schritte zu deren Erreichen nachzudenken. Dafür biete die Zeit zwischen den Jahren vielleicht doch mehr Ruhe, gerade zu Zeiten von Corona. (von Alice Lanzke, dpa)

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