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Mode: Modetrend Turnbeutel: So kam der Erfolg der Taschen-Alternative

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Modetrend Turnbeutel: So kam der Erfolg der Taschen-Alternative

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    Uralt und trotzdem im Trend - das kann nur der Turnbeutel.
    Uralt und trotzdem im Trend - das kann nur der Turnbeutel. Foto: Christian Gall

    Mode ist unberechenbar. Kein Mensch kann mit Logik erklären, warum ausgerechnet der Turnbeutel wieder zum Trendobjekt wurde. Aber er hat den Sprung geschafft – vom Packesel für verschwitzte Sportklamotten zum modischen Taschenersatz. Als „Gym-Bags“ liegen sie massenhaft in den Auslagen von Bekleidungsgeschäften. Für den Geschäftsführer des Deutschen Modeinstituts, Gerd Müller-Thomkins, passt das in das Gesamtbild der Gesellschaft: „Sport nimmt einen immer größeren Teil im Leben ein, die Mode passt sich daran an.“

    Die Geschichte des Turnbeutels beginnt vermutlich im 18. Jahrhundert, als die Turnbewegung ins Rollen kam. An vielen Schulen wurden „Leibesübungen“ zum Pflichtfach, ein Vorgänger des heutigen Sportunterrichts. Für Schüler gehörte der Tunbeutel damit zur Standardausrüstung. Naheliegend, denn die Beutel sind unbestreitbar praktisch: billig in der Herstellung, einfach in der Handhabe und überraschend robust. Ein perfekter Aufbewahrungsort für Sportsachen eben. In den 1950er Jahren war er an vielen Schulen sogar pflichtmäßig vorgeschrieben.

    Doch im Turnbeutel steckt noch mehr – seine erste modische Revolution erlebte er in den 1980er Jahren. Die Beutel wurden bunt, zeigten abgesetzte Farben. Erste Sprüche und Motive zierten den Stoff – Comicfiguren waren damals beliebt. „Turnbeutel sind stadtfein geworden“, verkündete die Deutsche Presseagentur 1986. Aber der Trend hielt nicht lange. Der Stoffbeutel verschwand in einer Nische, hauptsächlich von alternativen Subkulturen genutzt. Auch in seinem ursprünglichen Verwendungszweck wurde er schrittweise ersetzt. Sporttaschen hielten im Lauf der 90er Einzug in die Umkleidekabinen und verdrängten ihren Vorgänger, sind sie doch bequemer zu tragen und bieten mehr Stauraum. Der Turnbeutel verschwand aus der Modewelt. Aber nicht aus der deutschen Sprache. Der Begriff „Turnbeutelvergesser“ ist ein perfektes Synonym für „Weichei“, zeigt die Formulierung doch deutlich, dass der Angesprochene nicht in der rauen Welt des Sportunterrichts bestehen kann.

    Der Turnbeutel galt schon einmal als Modeobjekt

    Seine Wiederauferstehung bestritt der Turnbeutel um das Jahr 2010. Große Modeschöpfer wie Karl Lagerfeld nahmen die Stoffbeutel in ihre Kollektionen auf. Andere Designer folgten – der Turnbeutel startete seinen Siegeszug. „Die Mode ist allgemein sportlicher geworden, man spricht dabei vom S-Leger-Style“, sagt Müller-Thomkins. Das sehe man auch an anderen Modestücken, etwa Sneakers oder Hosen mit Kordelzug. Der Turnbeutel hat seinen klassischen Jute-Look inzwischen hinter sich gelassen. Kleidungshersteller werfen ihn in zahllosen Variationen auf den Markt. Und der Kunde kauft. Beutel mit Markenlogos, Beutel mit bunten Mustern, Beutel mit pfiffigen Sprüchen … Für die Modebranche ist das eine Goldgrube. Die Preisspanne macht es deutlich: No-Name-Beutel kosten rund einen Euro, Ausführungen mit Markenlogo zwischen zehn und 15.

    Als alltäglicher Begleiter kann der Turnbeutel durchaus herhalten. Wahlweise in der Hand, auf dem Rücken oder über der Schulter getragen ist er für jede Situation geeignet. Nur für schwere Beladung nicht – sonst schneiden die dünnen Träger in die Schultern ein. Doch genau das ist auch ein Teil des Modestatements – Turnbeutelträger wollen zeigen, dass sie nicht viele Utensilien brauchen. Es gehe um ein Lebensgefühl, sagt Müller-Thomkins: „Der Beutel drückt Unbeschwertheit aus. Wer eine schwere Tasche trägt, sendet ein ganz anderes Signal.“ In der Alltagsnutzung hat der Turnbeutel Vorteile gegenüber dem Rucksack: Er lässt sich kompakt zusammenlegen und verstauen, notfalls in der Jacken- oder Hosentasche. Außerdem ist er wesentlich leichter als ein Rucksack, der problemlos ein Leergewicht von einem halben Kilo auf die Waage bringen kann.

    Lange Zeit galten Turnbeutel als Kinder-Taschen. Das hat sich geändert.
    Lange Zeit galten Turnbeutel als Kinder-Taschen. Das hat sich geändert. Foto: Ole Spata ,dpa

    Das Leichtgewicht eignet sich daher nicht nur für den Alltag, sondern auch für spezielle Situationen – allen voran Festivals. Während Zelt und Campingutensilien in großen Taschen herbeigeschleppt werden, bleibt das „Handgepäck“, die notwendigsten Dinge, im Turnbeutel. Müller-Thomkins nennt ihn deshalb auch „Festival-Beutel“. Außerdem ist es kein Weltuntergang, sollte der Stoff von einem anstrengenden Festival Spuren davontragen – er ist wesentlich billiger zu ersetzen als ein Rucksack. Gebrauchsspuren können allerdings auch einen optischen Reiz ausmachen – immerhin zeigen sie, dass der Besitzer draußen unterwegs war und mit dem Beutel einiges erlebt hat – was den Sport-Livestyle nochmals unterstreicht.

    Turnbeutel sind auch auf Festivals praktisch

    Was die Optik angeht, hat der Beutel inzwischen wesentlich mehr zu bieten als sein Jute-Vorfahr aus den 50er Jahren. Viele Modelle sind im unteren Bereich mit Leder verstärkt. Schaut schick aus und verlängert die Lebenszeit, denn kantige Objekte setzen dem Stoff schnell zu. Auch mit Schmucksteinen besetzte Beutel sind häufig auf der Straße zu sehen. Passend zur Fußball-WM hat der Deutsche Fußball-Bund sogar einen Fanbeutel entworfen – natürlich mit dem Logo der deutschen Mannschaft.

    Gerne werden Turnbeutel aber auch verschenkt – vor allem für Werbezwecke. Wurden Besuchern von Messen oder Ausstellungen früher noch massenhaft Tragetaschen in die Hand gedrückt, ist es heute der Turnbeutel, der Werbelogos nach draußen tragen soll. „Oft stecken in dem Beutel dann noch kleine Utensilien und weiteres Werbematerial“, sagt Müller-Thomkins. Wer dem Beuteltrend folgen will, muss sich also nicht einmal unbedingt einen kaufen – womöglich wird ihm einer in die Hand gedrückt. Ob man es will, oder nicht.

    Das Ende des Turnbeutels ist noch nicht abzusehen, denn der sportliche Aspekt ist fest in der Modewelt verankert, sagt Müller-Thomkins: „Der praktikable Look und die reduzieren Formen begleiten die Modewelt nun schon seit einigen Jahren.“ Doch er betont, dass Mode immer in Bewegung ist – so schnell, wie ein Trend kommt, kann er auch wieder verschwinden. Der klassische Turnbeutel bekommt derzeit Konkurrenz von einigen neuen Varianten, etwa dem Netzbeutel. Noch leichter, noch luftiger ist das Transportmittel aus dünnem Stoffgeflecht. Praktisch ist es nur bedingt – kleine Gegenstände fallen einfach durch die Maschen. Eines kann man darin aber problemlos transportieren: die guten alten Sportklamotten.

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