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Jazz: Rymden: Drei, die sich wie im richtigen Raumschiff fühlen

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Rymden: Drei, die sich wie im richtigen Raumschiff fühlen

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    Vorstoß in einen neuen Raum: Rymden mit (v.li.) Dan Berglund, Bugge Wesseltoft, Magnus Öström.
    Vorstoß in einen neuen Raum: Rymden mit (v.li.) Dan Berglund, Bugge Wesseltoft, Magnus Öström. Foto: Per Kristiansen

    Hinaus ins All. Unendliche Weiten. Unbegrenzte Möglichkeiten. Keine Flucht vor einer Erde, die sich in einen zunehmend ungastlichen Ort verwandelt. Es fühlt sich eher wie ein Nach-Hause-Kommen an. „Mit den Jungs spielen zu können, überhaupt wieder in einem Trio, das ist wirklich etwas ganz Besonderes“, gesteht Magnus Öström. „Wir fliegen. Aber nicht, weil wir von hier fortwollen. Es geht eigentlich darum, neue Territorien zu erkunden, sowohl musikalisch, philosophisch wie auch menschlich.“ Bugge Wesseltoft ergänzt, „dass es für uns eine Art Cartoon ist, ein Trip der Fantasie“. Und Dan Berglund fühlt sich „einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Oder besser: im richtigen Raumschiff“.

    So kongruent definieren die Mitglieder von Rymden – schwedisch für Raum – das Motto ihres aktuellen Albums „Space Sailors“ (Jazzland/Edel). Die konsequente Weiterführung des bereits spektakulären Erstlings „Reflections & Odysseys“, mit dem sich die schwedisch-norwegische Astronauten-Crew noch halbwegs gesettelt in der Erdumlaufbahn bewegte. Nun geht es schnurstracks Richtung Mars, vielleicht noch eine ganze Ecke weiter. Bilder tauchen dabei auf wie das des größenwahnsinnigen Filmbösewichts Hugo Drax, der 1977 in „Moonraker“ die ganze Menschheit ausrotten wollte und eine handverlesene Zahl genetisch makelloser Frauen und Männer vorübergehend in den Orbit schickte, um sie nach der „Säuberung“ wieder auf dem Planeten anzusiedeln. James Bond verhinderte das. Entsprechend beginnt der Opener „The Life and Death of

    Eine Supergroup reinsten Wassers

    Selten gab es im weiten Kosmos des Jazz eine Band, auf der derart hohe Erwartungen lasteten. Rymden, eine europäische Supergroup reinsten Wassers, musste sowohl die Sehnsucht nach Wesseltofts bahnbrechenden Elektronik-Spielereien der „New Conception of Jazz“ aus den 1990er Jahren befriedigen wie auch die nach dem Esbjörn Svensson Trio – kurz e.s.t. –, das bis zum Tod seines Gründers

    Öström und Berglund waren tragende Säulen bei e.s.t. „Ich hatte mir damals geschworen, nie wieder Teil eines Pianotrios zu sein. Was sollte nach Esbjörn auch kommen?“, gesteht Öström. „Aber die Zeit heilt viele Wunden. Von Jahr zu Jahr wuchs die Sehnsucht, wieder in dieser ganz speziellen Besetzungsform zu spielen. Außerdem habe ich Dan an meiner Seite vermisst. Er ist ein ganz außergewöhnlicher Bassist. Und Bugge ist einfach anders als Esbjörn – auf eine erfrischend positive Weise.“

    Den Ball spielt der mit Fender Rhodes, Moog, Celesta, anderen Preziosen sowie einem stinknormalen Flügel agierende Tastenzauberer Wesseltoft gerne zurück. Als Magnus und Dan bei ihm anfragten, sei ihm erst bewusst geworden, „dass ich in meinem ganzen Leben noch nie Mitglied eines Pianotrios war, obwohl ich das eigentlich immer wollte, vor allem mit zwei solchen Typen.“ Wer Wesseltoft kennt, der weiß, dass seine Interpretation eines gleichschenkligen Dreiecks nichts mit einer Blaupause „normaler“ Pianotrios zu tun haben kann. „Ich wusste, dass ich in diesem Fall viele elektronische Elemente relativ gleichberechtigt neben dem akustischen Flügel verwenden würde.“ Was letztendlich dazu führt, dass sogar der ansonsten eher zurückhaltende Dan Berglund merklich aufblüht: „Die anderen beiden geben mir viel Raum.“

    Meldet sich da etwa Juri Gagarin?

    Wesseltoft, Berglund und Öström verbindet nach über 70 Konzerten, ausverkauften Häusern und euphorischen Kritiken weit mehr als eine Geschäftsidee. Sie reanimieren nicht nur ihre eigenen Träume, sondern befriedigen auch die Sehnsucht zahlreicher Fans nach diesem ganz speziellen Sound. Unter dem Patronat eines guten Geistes.

    Erst kürzlich war die Band für ihr einziges Sommerkonzert im spanischen San Sebastian zu Gast. „Als wir nach dem Soundcheck zum Essen gingen und mit unseren Masken Platz nehmen wollten, da erklang plötzlich ,From Gagarin’s Point of View‘“, erzählt Magnus. „Ich bekam sofort eine Gänsehaut und dachte: Er beobachtet uns!“ Dan präzisiert im Hinblick auf den legendären russischen Kosmonauten: „Ich glaube, er wollte mitspielen.“ Bugge lächelt dazu milde: „Typisch!“

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