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Interview: Helloween-Sänger Andi Deris: „Zehn Jahre sollten noch machbar sein“

Interview

Helloween-Sänger Andi Deris: „Zehn Jahre sollten noch machbar sein“

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    Selbstbetitelt „Helloween“ heißt das 14. Album der Band, das an diesem Freitag erscheint. Andi Deris singt seit 27 Jahren bei Helloween.
    Selbstbetitelt „Helloween“ heißt das 14. Album der Band, das an diesem Freitag erscheint. Andi Deris singt seit 27 Jahren bei Helloween. Foto: Mairo Cinquetti, dpa

    Herr Deris, ich habe eine Telefonnummer in Spanien bekommen. Wo erreiche ich Sie da?

    Andi Deris: Auf Teneriffa. Auf der Nordseite der Insel, um genau zu sein.

    Seit wann leben Sie da?

    Deris: 23 Jahre jetzt. Für mich ist das immer so wie Ferien. Ein Jahr bin ich meist mit der Band unterwegs. Also man kann sagen: In den 23 Jahren war ich zwölf Jahre hier. Hier lebe ich dann mit meinem Sohnemann Ron und mit meiner Frau. Meine Eltern sind vor zwei Jahren auch hergezogen.

    Andi Deris: Im Hardrock und Metal kommt einiges nach

    Schönes Leben für einen alternden Metaler. Pioniere wie Black Sabbath haben schon Abschied genommen, Deep Purple und AC/DC sind in die Jahre gekommen...

    Deris: Im Hardrock oder im Metal kommt schon einiges nach. Gott sei Dank. Es gibt alle Jahre wieder Bands, die den Sprung schaffen. Ich sehe das auch nicht so drastisch. Mit dieser Art von Musik ist auch der normale Werdegang noch möglich. Die Leute, die Rock mögen, gehen auch immer noch auf ein Konzert und hören sich neue Bands an. Da haben wir vielleicht auch noch einen Vorsprung gegenüber anderen Musikrichtungen.

    Sie sind jetzt 56 Jahre alt. Wie lange kann man das noch durchhalten, um in Würde auf der Bühne zu stehen?

    Deris: Ich bin erziehungstechnisch so aufgewachsen, dass man arbeitet bis ins Rentenalter. Also wenn es gesundheitlich geht, sollten zehn Jahre noch machbar sein.

    Die Band Helloween
    Die Band Helloween Foto: Martin Häusler/Another Dimension PR Agentur/dpa

    Corona hat den Konzerten nun einige Zeit den Garaus gemacht. Wann, glauben Sie, werden Sie wieder auf der Bühne stehen?

    Deris: Wir haben jetzt zweimal die komplette Welttour verschieben müssen. Das Management hat mit uns beschlossen, dass wir dieses Jahr gar nichts planen. Das ist ja auch eine finanzielle Kiste. Wenn man eine Welttour vorbereitet, sind eine Menge Leute beteiligt, und da schmeißt du viel Geld aus dem Fenster. Damit man nicht in einen Teufelskreis kommt und dann horrende Preise für ein Konzert verlangen muss, haben wir gesagt, wir verschieben alles bis ins Jahr 2022. Vielleicht können wir nächsten März oder April starten. Derzeit siehst du kein Licht am Ende des Tunnels. Ich denke, es bringt wenig, dann in Hallen zu spielen, wo nur wenig Fans zugelassen sind. Da müsstest du ja dann drei Abende hintereinander spielen.

    Das neue Helloween-Album war schon vor Corona fertig

    Sie haben jetzt das 14. Helloween- Studioalbum veröffentlicht. Selbstbetitelt. Auch schwierig in diesen Zeiten?

    Deris: Das Album war schon vor Corona fertig. Als der Lockdown im April in Spanien anfing, hätten wir zwar noch nach New York fliegen müssen, um noch einiges zu mixen. Aber da war dann auch alles geschlossen. Das habe ich dann hier in meinem Studio in Spanien machen können. Da habe ich ein superschnelles Internet, und das hat uns den Hals gerettet. Wir haben das mit dem Studio in

    HANDOUT - 11.06.2021, -, : Cover des Albums Helloween von der Band Helloween undatierte Aufnahme. Das neue Album der Band erscheint am 18.06.2021 über Nuclear Blast. Foto: /Nuclear Blast/ANOTHER DIMENSION PR AGENTUR/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über das Album und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
    HANDOUT - 11.06.2021, -, : Cover des Albums Helloween von der Band Helloween undatierte Aufnahme. Das neue Album der Band erscheint am 18.06.2021 über Nuclear Blast. Foto: /Nuclear Blast/ANOTHER DIMENSION PR AGENTUR/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über das Album und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

    Gehen wir ein bisschen in die Vergangenheit. Als Sie 1993 von Pink Cream zu Helloween gegangen sind, war es keine einfache Situation. Ihr Vorgänger Michael Kiske hat die Band im Streit verlassen und Sie durften ihn ersetzen. Bei den Fans hatten sie jedoch zunächst einen schweren Stand. Wie war das für Sie?

    Deris: Da war viel Bauchweh da. Ich hatte damals Stress mit Pink Cream, und Helloween hatte riesig Stress mit Michi. Ich hatte zu dieser Zeit schon lange eine fette Freundschaft mit Helloween-Gitarrist Michael Weikath. Er war ja auch Pink Cream-Fan, und als er mitbekommen hatte, dass bei uns die Fetzen fliegen, hat er mich angerufen, und ich bin nach Hamburg geflogen. Helloween waren von meinen Songideen total begeistert. Ich habe mich natürlich gefragt: Was ist jetzt meine Band? Bei Pink Cream waren Sie ja nicht mehr begeistert von meinen Songs. Da hast du natürlich viel Bauchschmerzen, aber ich bin mit einer gewissen Naivität rangegangen. Im Hintergrund wusste ich auch, dass bestimmt eine Million Pink-Cream-Fans mit rüberrutschen werden. Wenn ich mal egoistisch sein darf, war es auch ein Vorteil für mich. Denn bevor ich zu Helloween gekommen bin, hätte ihnen das letzte Album „Chamäleon“ fast das Genick gebrochen. Das war Pop und kein Heavy Metal. Die Fans waren dann beim nächsten Album „Master of the Rings“ von mir begeistert. Das war wieder

    Bei Helloween stehen jetzt zwei Sänger auf der Bühne

    Die Geschichte geht aber ja noch weiter. 2016 kehrte Kiske zu Helloween zurück. Jetzt sind bei Helloween zwei Sänger am Start. Ist das nicht komisch für Sie?

    Deris: Nein, überhaupt nicht. Die Idee mit Michi kam ja von mir. Wir saßen mit dem Management zusammen in der Hotelhalle und haben uns gefragt: Was können wir noch machen, was die Leute draußen begeistert? Kai Hansen war inzwischen zurückgekehrt, und da habe ich gesagt: Jetzt fehlt nur noch Michael Kiske. Mit dieser Idee gingen wir sehr vorsichtig um und der Plan war, dass wir es zunächst bei der Welttour 2017 probieren. Das wollten wir durchziehen, auch wenn sich die Leute auf der Bühne auf den Kopf hauen. Aber es gab überhaupt keine Probleme. Kiske wollte, und es hat geklappt. Ich habe mit ihm einen super Freund gewonnen und wir hängen sehr viel zusammen ab. Insofern hat das ein sehr gutes Ende genommen.

    Auf der Bühne ist das aber auch eine Umstellung. Statt fünf Leuten turnen jetzt sieben da oben rum …

    Deris: Nein, überhaupt nicht. Michael und ich lachen immer, weil: Wir haben jetzt den leichtesten Job. Normal ist Sänger der härteste Job bei einer Band, aber jetzt haben wir nur die halbe Arbeit.

    Auffallend bei Helloween ist auch, dass die Band sehr viel mit Harmonien in den Titeln arbeitet. Auf den letzten Alben „My God-Given Right“, „Straight out of Hell“ oder „7 Sinners“ sind viele „Metal-Ohrwürmer“ dabei. Das ist positiv gemeint...

    Deris: Geschmäcker sind ja Gott sei Dank verschieden, aber die Chart-Platzierungen dieser drei Alben waren auch traumhaft. Aber wenn wir bei einem neuen Album über das Songwriting sprechen, geht es nicht um Ohrwürmer, da geht es um Hooks. Wobei auch Hooks Ohrwürmer sein können, wenn du eine schöne Melodie hast.

    Auch viele Kids haben wieder den Metal entdeckt, meist zunächst als Metal Core, aber doch auch klassisch …

    Deris: In Europa hat das ein bisschen gedauert. Beim Rest der Welt hat das schon vor zehn Jahren angefangen, dass viele Jugendliche auf den Konzerten waren. Jetzt ist das überall gewachsen. Ob das weiterhin der Fall ist, da lassen wir uns überraschen.

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