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Interview: Diana Damrau über ihre neue Rolle: „Es geht ans Eingemachte!“

Interview

Diana Damrau über ihre neue Rolle: „Es geht ans Eingemachte!“

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    Diana Damrau in spiegelnder Vervielfältigung, Ende Februar 2020 in München.
    Diana Damrau in spiegelnder Vervielfältigung, Ende Februar 2020 in München. Foto: Ulrich Wagner

    Wie viele Interview-Anfragen kommen denn durchschnittlich bei Ihnen im Monat so rein?

    Diana Damrau: Das weiß ich gar nicht. Jetzt war es so, dass die Bayerische Staatsoper die Anfragen an meine Agentur weitergab, und dann schauten wir zusammen das durch. Vorläufig ist dieses Interview das Einzige. Viel kann ich nicht annehmen. Sonst müsste man ja Tag und Nacht sprechen. Dabei habe ich noch einen Beruf, und jetzt ist Endspurt zur Premiere. Ich muss mich konzentrieren und ich muss mich auch regenerieren. Ich brauche meine Stimme zum Singen. In Verdis „I masnadieri“ geht es ans Eingemachte!

    Nach der Lucia di Lammermoor 2015 singen Sie endlich mal wieder in einer Neuinszenierung an der Bayerischen Staatsoper, zunächst für sechs Aufführungen. Sind Verdis „I masnadieri“ nach Schillers „Die Räuber“ eigentlich eine gute, eine starke Oper? So richtig hatte sie ja nie Fuß fassen können im Repertoire.

    Damrau: Es ist ein starker Stoff aus der gleichen Zeit wie „Macbeth“ von Verdi. Er hat in der Oper das Politische von Schillers „Die Räuber“ eher herausgenommen und das Stück auf wenige Personen konzentriert. Es wird zu einer Familiengeschichte, in der jeder sein Päckchen zu tragen hat. Zwischen größter Liebe und schlimmsten Hass als Extreme ist alles vertreten – untermalt von Verdis starkem Gespür für Dramatik.

    Passt Verdis häufig beschwingte Musik zu diesem tragischen, tödlichen Stoff?

    Damrau: Es kommt darauf an, wie man das singt. In meinem Duett mit dem Bösewicht Francesco liegt ein Walzertakt darunter, ja. Aber darüber wird es in der Melodie dramatisch. Da kann man Lauern, Abwehr, Kampf hören – bis es zum Eklat kommt.

    Starsopranistin Diana Damrau stammt aus Günzburg.
    Starsopranistin Diana Damrau stammt aus Günzburg. Foto: Ulrich Wagner

    In München scheinen Sie auf erhebliche weibliche Wehrhaftigkeit abonniert zu sein. Als Lucia hielten Sie eine Gesellschaft mit Pistole in Schach; jetzt als Amalia haben Sie Francesco, bei Schiller der Franz, zu entwaffnen – indem Sie seinen Degen an sich reißen.

    Damrau: Wir machen das ein wenig anders. Genau verraten darf ich es natürlich nicht. Nur so viel: Als Amalia werde ich psychologisch arbeiten, ich werde Francesco psychologisch verletzen. Die Amalia ist ja eigentlich ein sanftes, liebendes Wesen. Sie will jeden der Männer um sich herum geben, was er braucht. Dabei ist sie eigentlich allein.

    Als Amalia konkurrieren Sie mal wieder mit den besten Sängerinnen der Musikgeschichte – mit Jenny Lind, der Uraufführungs-Amalia, die im 19. Jahrhundert so berühmt war, wie Sie heute, dazu mit Joan Sutherland und Montserrat Caballé. Wie groß muss man sich also Ihren Respekt vor der Rolle vorstellen?

    Damrau: Jede Rolle ist eine Herausforderung. Und die Amalia ist ja auch ein Debüt für mich. Wenn man sich die Noten dieser für die „schwedische Nachtigall“ geschriebenen Partie anschaut, so ist das eine Stimme wie die der Gilda aus dem „Rigoletto“, ein Koloratur-Sopran – aber etwas dramatischer. Fast steckt da in der Partie auch ein wenig Todessehnsucht. Es gibt nicht viele Aufnahmen von „I masnadieri“; wir orientieren uns für diese Produktion aber eh an meiner Stimme.

    Wie realistisch erscheint Ihnen die Bitte Amalias zum Finale, dass Carlo sie erstechen möge?

    Damrau: Ich denke, es ist keine Verzweiflungsbitte. Amalia begreift, dass Ihre Bestimmung die Liebe zu Carlo ist. Sie wählt die Liebe – und geht klar in den Tod hinein. Das Ganze ist ein unglaubliches Psychodrama – wie ein Alptraum.

    Kommen denn Ihre beiden Buben mit in die Premiere und Ihr Mann? Und wie kommentieren denn Ihre beiden Kinder, da sie jetzt etwas größer sind, den leicht exotischen Beruf von Mama und Papa?

    Damrau: Meine beiden Buben, sie sind jetzt sieben und neun, kommen zur Bühnenorchesterprobe; mein Mann ist zu Proben nach Mailand gefahren. Ja, es gibt eine Begebenheit, die sich ursprünglich auf Englisch abspielte. Einer meiner Buben wurde gefragt, ob er die Musik liebe, das Singen, die Oper? Und jedes Mal sagte er mit Nachdruck: Ja. Aber als er dann auch noch gefragt wurde, ob er mal so singen können möchte wie Mama und Papa, antworte er: „No, I want to be a professional singer. – – – Like Michael Jackson.“

    Bei unseren letzten beiden Gesprächen äußerten Sie einerseits starkes Interesse daran, nach Maria Stuarda auch die anderen beiden Tudor-Herrscherinnen Elisabeth I. und Anna Bolena singen zu wollen, andererseits auch die reiferen Richard-Strauss-Partien wie Feldmarschallin und Arabella. Gibt es da schon Vormerkungen im Terminkalender? Wohin wird die Reise Ihrer Stimme gehen?

    Damrau: Jetzt kommt erst noch einmal die „Maria Stuarda“ an der Met in New York. Und dann gehe ich Donizettis „Anna Bolena“ an, auch szenisch – während es bei Donizettis Elisabeth I. im konzertanten Bereich bleibt. Auch mit Strauss geht es weiter. Es geht in beide Richtungen weiter, aber ich darf es noch nicht veröffentlichen.

    Wenn Sie Zeit haben, was lesen Sie?

    Damrau: Ich fange jetzt „Nie wieder krank“ von Wim Hof an. Wir als Sänger müssen aufpassen. Abhärtung ist ganz wichtig – und auch, den Körper kennenzulernen. Es ist viel mehr möglich, als wir denken. Mein Bruder macht das und ist seit zwei Jahren nicht mehr krank. Ich werde sicherlich nicht im Bikini auf die Zugspitze steigen, aber man kann doch einiges tun, damit man fit bleibt. Es hilft auch dabei, ruhiger und gelassener zu werden.

    Lesen Sie auch die Kritiken zu Ihren Auftritten?

    Damrau: Jeder liest seine Kritiken. Ich hatte mal eine Zeit lang aufgehört, weil ich mich auf die Arbeit und die Familie konzentrieren wollte. Aber sie sind in aller Regel schon ein guter Indikator. Man muss halt schauen, was man an sich heranlässt.

    Diana Damrau, 1971 in Günzburg an der Donau geboren, gehört weltweit zur Spitze der Koloratur- und Belcanto-Soprane. Auch als Konzert- und Liedsängerin tritt sie regelmäßig in den Metropolen zwischen New York, Zürich und Wien auf. Sie studierte Gesang in Würzburg; heute lebt sie in mit ihrem Mann, dem französischen Bassbariton Nicolas Testé, und ihren zwei Kindern in Zürich. Die Münchner Premiere von „I masnadieri“ findet am Sonntag, 8. März, statt.

    Lesen Sie dazu auch: Neue CD: Diana Damrau singt Richard Strauss

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