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Film-Satire: Nach Terrordrohungen: "The Interview" über Kim Jong Un findet nicht statt

Film-Satire

Nach Terrordrohungen: "The Interview" über Kim Jong Un findet nicht statt

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    Die Poster hängen längst: Die Film-Satire "The Interview" über Nordkoreas Diktator Kim Jong Un findet nicht statt. Sony hat den Hollywood-Streifen mit Seth Rogen und James Franco zurückgezogen.
    Die Poster hängen längst: Die Film-Satire "The Interview" über Nordkoreas Diktator Kim Jong Un findet nicht statt. Sony hat den Hollywood-Streifen mit Seth Rogen und James Franco zurückgezogen. Foto: AFP PHOTO/STR

    Die USA haben ihren ersten Cyber-Krieg verloren. Nach Hackerattacken und Terrordrohungen ist der Hollywood-Konzern Sony Pictures Entertainment vor anonymen Angreifern eingeknickt – die Firma sagte die Premiere der Filmkomödie „The Interview“ über den nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un ab. Die US-Regierung ist zu dem Schluss gekommen, dass die Regierung in Pjöngjang selbst hinter der Erpressung steckt, weiß aber nicht, wie sie reagieren soll. Es ist das erste Mal, dass Drohungen eines anderen Landes in den

    Seth Rogen und James Franco spielen in "The Interview" mit

    Die Trailer liefen seit Wochen im Fernsehen, die Stars tingelten schon durch die Talkshows: „The Interview“ ist eine grotesk überzeichnete Komödie, in der zwei US-Journalisten von der CIA überredet werden, einen Mordanschlag auf Kim Jong Un zu verüben. Die Hauptrollen spielen Seth Rogen und James Franco, zusammen mit Evan Goldberg hat Rogen auch Regie geführt. Mit 40 Millionen Dollar hatte der Film ein eher schmales Budget, der Großteil davon wäre bei der Weihnachtspremiere wohl eingespielt worden.

    Aber der „geliebte Führer“ Kim Jong Un zeigte sich ob der Parodie wenig gnädig. In einer Beschwerde bei der Uno nannte Nordkorea den Streifen einen kriegerischen Akt. Auch in den nordkoreanischen Staatsmedien wurde der Film verdammt: Man werde sich gnadenlos rächen. Mit den Hackerangriffen auf Sony habe Pjöngjang aber nichts zu tun, hieß es dort. Da müsse es sich um die rechtschaffenen Taten von Unterstützern und Sympathisanten handeln.

    Ende November hatten unbekannte Angreifer begonnen, unveröffentlichte Filme und Drehbücher aus dem Sony-Fundus – darunter das Skript zum nächsten James-Bond-Abenteuer – online zu stellen. Gleichzeitig wurden private Daten von Mitarbeitern publiziert, darunter Sozialversicherungsnummern, E-Mails und Gehaltsinformationen. Sony sieht sich nun einer Klagewelle wegen unzureichenden Datenschutzes ausgesetzt. Und die Vize-Vorsitzende Amy Pascal musste sich für rassistische Scherze über den US-Präsidenten entschuldigen.

    In Mitteilungen an das zunehmend verzweifelte Unternehmen kündigten selbst ernannte „Guardians of Peace“ („Wächter des Friedens“) immer weitere Enthüllungen an. Ihre Forderung: „The Interview“ dürfe nicht in die Kinos gelangen. Man solle bloß nicht versuchen, sie zu finden, prahlten die Erpresser. Der Vorgang bewirkte eine Debatte, ob Journalisten sich mitschuldig machen, wenn sie über das Material berichten. An der Verbreitung des Films zweifelte aber niemand.

    Bis die „Wächter“ ihre Taktik änderten. Diese Woche drohten sie mit Terroranschlägen gegen Premierenkinos und ließen an der Größenordnung keinen Zweifel: „Erinnert euch an den 11. September 2001“. Das Ministerium für Heimatschutz hatte zwar keine Hinweise auf einen echten Anschlagsplan. Konkurrierende Studios sollen aber massiven Druck ausgeübt haben, weil sie nicht wollten, dass ängstliche Kunden den eigenen, parallel gezeigten Filmen fernblieben. US-Kinos wollten zudem ihre Besucher nicht durch Sicherheitsvorkehrungen an das Batman-Attentat von Colorado im Jahr 2012 erinnern. Zudem fürchteten sie für den Ernstfall ruinöse Klagen.

    Am Mittwoch entschieden die vier größten Kinoketten, "The Interview" nicht zu zeigen

    Am Mittwoch entschieden die vier größten Kinoketten, den Film nicht zu zeigen. Wenig später zog Sony ihn ganz zurück. Kurz danach meldeten mehrere Medien, die US-Regierung sei zu dem Schluss gekommen, dass die Hacker-Angriffe aus Nordkorea kamen. Das Weiße Haus zögert aber, Pjöngjang offen zu beschuldigen. Drohpotenzial gibt es kaum, denn Nordkorea ist schon mit allen denkbaren Sanktionen belegt. Der Daten-Geheimdienst NSA will jeden Hinweis auf seine Quellen vermeiden. Und Japan, das Mutterland des Sony-Konzerns, kann einen Konflikt gerade gar nicht brauchen: Es verhandelt mit Pjöngjang um die Freilassung mehrerer Staatsbürger.

    „Geht ins Kino!“, hatte Obama seinen Landsleuten vor kurzem als beste Antwort empfohlen. Diese Option ist nun vom Tisch, aber kaum jemandem ist dabei wohl. US-Firmen überprüfen die Sicherheit ihrer Computer, Beobachter sorgen sich, dass aus der Erpressung ein Präzedenzfall werden könnte. Der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2012, Mitt Romney, rief Sony auf, den Film kostenlos ins Internet zu stellen, eine Anregung, die öffentlich viel Zuspruch erhielt. Die Online-Ausgabe des Hollywood Reporter meldete diese Woche, eine südkoreanische Aktivistengruppe wolle DVDs von „The Interview“ mit Heißluftballons nach Nordkorea schicken. Es ist allerdings unklar, ob sie nun noch an Kopien gelangt.

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