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Festival der Nationen: Luxuriös

Festival der Nationen

Luxuriös

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    Makellose Technik im Dienst von Liszt, Rachmaninow und Richard Strauss: Diana Damrau in Bad Wörishofen.
    Makellose Technik im Dienst von Liszt, Rachmaninow und Richard Strauss: Diana Damrau in Bad Wörishofen. Foto: Franz Issing

    Visionen hat der Intendant des Festivals der Nationen, Winfried Roch, ohne Zweifel. Realisiert hat er heuer den Auftritt David Garretts mit einem Jugendorchester. Und zum Wörishofener Festival-Finale wartete er jetzt mit zwei weiteren Wunschträumen auf: Zum einen möchte er das Festival mit Stars und einer jungen Weltelite bis 2020 in der Kneippstadt fortführen, zum anderen stellt er sich Diana Damrau auf der Bühne des Kurhauses als Interpretin der Bach-Solokantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ vor.

    Alle Register gezogen

    Doch vor solcher Zukunftsmusik stand erst einmal die Gegenwart des vergangenen Wochenendes: Am Samstag zog Cem Mansur mit dem „National Youth Philharmonic Orchestra of Turkey“ im Kurhaus alle Register, um das Publikum zu begeistern. Gefeierter Star des Abends: der erst 15-jährige türkische Pianist Mertol Demirelli. Die Rupert-Gabler-Stiftung belohnte die Leistung des türkischen „Wunderknaben“ mit der Verleihung des „Prix Young Artist of the Year 2011“.

    Scheinbar alles

    Gabor Boldoczki blies am selben Abend das Trompetenkonzert von Haydn. Dieser Künstler beherrscht auf seinem Instrument scheinbar alles. Die holzbläserische Geläufigkeit ebenso wie die spektakulären Spitzentöne. Und das mit wirkungsvollen dynamischen Schattierungen. Leichtzüngig und extrem sicher im Ansatz, so kann sein Spiel beschrieben werden.

    Damrau zieht Bad Wörishofen vor

    Diana Damrau zog dann am Sonntagabend den Liederabend in Bad Wörishofen der „Echo-Klassik“-Verleihung vor: Statt in Berlin für die „Liedeinspielung des Jahres“ wurde die Sopranistin Diana Damrau im Geburtsort ihres Vaters zum Abschluss des Festivals der Nationen am Sonntag für ihren luxuriös-guten Liedgesang, Helmut Deutsch für seine luxuriös-gute Klavierbegleitung gefeiert. Dritte Hauptperson war Franz Liszt. Der Jubilar – er wurde 1811 geboren – hat für sein riesiges Œuvre auch viele Lieder komponiert. Diana Damrau gruppierte eine dreisprachige Auswahl, dazu wunderschöne russische Lieder von Sergej Rachmaninow, ebenfalls ein Klaviertitan.

    Ein „Habe Dank!“ für das Publikum

    Es erklangen zumeist Preziosen, oft kurze Szenen in hochexpressiver bis gütig-karikierender Interpretation. Der Klavierpart – obwohl sehr anspruchsvoll – war überraschend zurückhaltend (etwa in „O Lieb“, der Liedfassung des berühmten „Liebestraumes“), gab der Damrau den Vorrang, stützte sie beim Blühen, ließ sie gar allein. Nur in solistischen Momenten blitzte der „typische“ Klavier-Liszt auf.

    Faszinierend auch, wie der Komponist für jede Sprache eine eigene Tonsprache, für jeden Liedtext einen eigenen Ausdruck fand. In „S’il est un charmant gazon“ oszillierte der Klavierpart kristallin, verspielt, impressionistisch anklingend; das Petrarca-Sonett „Benedetto sia l’giorno“ wiegte sich im Tanz, bevor es sich dem Lyrischen über verträumt aufgefächerten Akkorden zuwandte.

    Dramatisch und zerrissen

    Dramatisch und zerrissen wiederum der Einstieg bei „Vergiftet sind meine Lieder“; schwebende Wagnerklänge ertönten dagegen in „Über allen Gipfeln ist Ruh’“. Schade, dass das Programmheft keine Liedtexte angab. Diana Damrau sang aus den Noten; ein, zwei Lieder wirkten etwas „druckfrisch“, doch die Interpretationen waren großartig, atemberaubend facettenreich, die Technik makellos und in den Dienst der Musik gestellt.

    Vollendet schönes Timbre

    Die Sopranistin mit dem vollendet schönen, unverwechselbaren Timbre intonierte mit grandioser Farbfülle, meisterlicher Aussprache, mit Mut zu leisen Tönen und Phrasen auch in der Höhe. Sie blieb in ihrer „Rolle“ bis zum letzten Klavierton. Helmut Deutsch begleitete auf Augenhöhe, fehlerfrei, flexibel, mit bewundernswertem Anschlags- und Dynamikreichtum. Beide tauchten in die Tiefen, in emotionale Extreme ein: Die Stille im ausverkauften Kurhaussaal hielt noch für Sekunden nach dem Verklingen.

    Passend: Richard Straussens „Zueignung“ als Zugabe mit bewegend schwelgendem „Habe Dank!“.

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