Am 3. September erscheint der neue Roman "Endlich!" der 42- Jährigen, die mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in Hamburg lebt. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur löst die Autorin unter anderem das Rätsel, ob man 40 und gleichzeitig glücklich sein kann.
Herzlichen Glückwunsch! Ihre Heldin in ihrem neuen Roman "Endlich!" hat die 40 geschafft! Gibt es ein Leben nach diesem magischen Datum?
Kürthy: "Allerdings. Und zwar ein unverhofft bewegtes, aufregendes und gefährliches Leben. Frauen ziehen Bilanz und werden nervös, weil sie den Eindruck haben, sie müssten und könnten jetzt noch ein letztes Mal so richtig Bewegung in ihr Leben bringen. Da werden die letzten Eizellen mobilisiert, um doch noch ein Kind zu kriegen, Männer, Chefs und Städte werden verlassen, Brüste operiert und Salsakurse belegt. Es ist Halbzeit und kaum eine Frau will, dass alles einfach genauso weitergeht wie bisher. Keine meiner Freundinnen, und die sind alle um die 40, tickt auch nur ansatzweise normal. Keine lehnt sich entspannt zurück und schaut friedlich und weise auf das bisher Erreichte. Nein, sie benehmen sich alle, als hätten sie Zwiebackkrümel in der Strumpfhose. Mich selbst eingeschlossen."
Sie sind mit 42 Jahren zum zweiten Mal Mutter eines Sohnes geworden.
Kürthy: "Ja, das war meine Art, Schwung in mein Leben zu bringen. Ein Kind beschert einem eine sehr angenehme Mischung aus beruhigender Routine und atemberaubenden Abenteuern. Und es liefert einem ein gewisses Maß an Lebenssinn und Erfüllung gleich frei Haus mit was in meinem Alter eine große Erleichterung bedeutet."
Bisher hatten Sie das Thema Kinder in ihren Romanen - zumindest bei ihren Heldinnen - ausgeklammert. Woher kam jetzt die Wandlung? Weil Sie selber zum zweiten Mal Mutter wurden?
Kürthy: "Nein, es war einfach an der Zeit. Meine Heldinnen haben ja keine andere Wahl, als mit mir älter zu werden. Zwar warten wir alle immer noch auf Anrufe von Männern und quälen uns wie Fünfzehnjährige mit Liebeskummer, aber wir quälen uns auch mit unserem Kinderwunsch, oder mit der Frage, wie man einen Kindergeburtstag überlebt oder eben das Drama des eigenen 40sten. Wir werden langsam erwachsen ich, meine Bücher und meine Leserinnen hoffentlich auch."
Mütter belehren einen immer wieder, dass mit Kindern auch nicht alles rosig ist. Viele klagen über Probleme mit dem Partner, die Frauenzeitschrift "Brigitte" hatte gerade als Dossier: "Trennungsgrund Kind". Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Kürthy: "Wenn ein Kind zur Welt kommt, wird ein Paar zu Eltern. An dieser radikalen Funktionsveränderung scheitern sehr viele Beziehungen. Im ersten Jahr hat man es als Mann auch echt nicht leicht: Du hast es mit so einer stillenden, hormongeschwängerten Übertusse zu tun, die ständig "Duziduziduzi" schreit und sich um nichts anderes kümmert als um ihr Kind. Viele Männer kommen damit nicht zurecht. Die haben nämlich wenig zu tun im ersten halben Jahr, stehen ratlos auf dem Abstellgleis rum und betrachten die Symbiose zwischen Mutter und Kind mit gemischten Gefühlen. Mütter sind wirklich keine normalen Menschen. Neulich saß ich im Bus und hörte mich in Richtung meines Babys gurren: "Alles Klärchen, mein Bärchen?" Und zu Hause verirrt sich schon mal die ein oder andere lappige Stilleinlage auf den Wohnzimmertisch. Ich meine, damit musst du als Mann auch erst mal klarkommen. Das ist nicht leicht."
Und die Probleme, Kind und Beruf zu vereinbaren, sind ja auch nicht einfacher geworden...
Kürthy: "Da darf man sich nichts vormachen: Frauenkarrieren werden in der Regel durch Kinder beeinträchtigt. Nur eine meiner Freundinnen arbeitet wieder Vollzeit, ein halbes Jahr nach der Geburt ihres Sohnes. Sie hat eine Führungsposition, die sie mit reduzierter Stundenzahl nicht behalten könnte. So lebt sie also so, wie Männer es schon immer tun: Sie sieht ihr Kind morgens und abends und dazwischen liegen acht Stunden harte Arbeit. Das ist anstrengend besonders auch, weil man als Frau, im Gegensatz zu Männern, immer auch noch ein schlechtes Gewissen mit sich rumschleppt. Dem Chef, dem Kind, dem Partner gegenüber. Ich hoffe, dass die Situation für arbeitende Frauen mit der Zeit einfacher wird. Wenn immer mehr Frauen immer weniger bereit sind, auf Ihre Karriere zu verzichten, werden Bedingungen geschaffen werden müssen, die ihnen das auch ermöglicht."
Ihre Heldin hat Probleme mit der Untreue ihres Partners. Warum suchen viele Frauen häufig die Schuld bei sich?
Kürthy: "Das ist eine Spezialität von Frauen: Die Schuld bei sich suchen. Frauen geben auch Fehler offener zu. Deshalb sieht es so aus als machten sie mehr. Im Prinzip finde ich die Frage nach der eigenen Mitwirkung an einer Katastrophe jedoch nicht verkehrt. Und beim Thema Untreue lohnt sie sich allemal. Denn oft ist der Betrug ja nur das Ende eines Prozesses, an dem man selber nicht ganz unschuldig ist. Man muss Untreue nicht verzeihen, aber es ist möglich."
Und einen neuen Mann zu finden, ist ja auch nicht immer einfach...
Kürthy: "Vor allem ist es schwierig, einen besseren zu finden. Eine Freundin sagte es mal sehr pragmatisch und politisch unkorrekt: "Das ist wie mit Putzfrauen. Wenn du der einen kündigst, weil sie schlecht bügelt, dann stellst du bei der nächsten fest, dass sie nicht in den Ecken sauber macht." Kompromisse muss man machen - egal in welcher Beziehung. Eine Kosten- und Nutzenrechnung anzustellen, finde ich völlig in Ordnung. Aber viele Männer sind echt nicht so schlecht, wie ihre Frauen denken. Manche Weiber sind stetig vor sich hinsprudelnde Nölquellen, die immer andere, bevorzugt ihre Männer, dafür verantwortlich machen, wenn's nicht läuft. Also: Klappe halten und gehen. Oder Klappe halten und bleiben. Aber rummeckern und den Hintern nicht hochkriegen ist die schlechteste Variante."
Welche Botschaft möchten Sie Ihren Leserinnen mit auf den Weg geben?
Kürthy: "Verändere Dein Leben, sonst verändert es Dich. Meine Heldin lässt das Leben mit sich geschehen. Sie wird erst aktiv, als sie betrogen wird. Dann schlägt sie einen Weg ein, den sie schon längst hätte gehen sollen. Besser ist es, die Richtung gleich selbst zu bestimmen, statt zu warten, wo das Schicksal einen hinschubst."
Und wie wird es im nächsten Roman weitergehen? Mit Kindern? Oder ist der Alltag mit Kindern einfach zu langweilig?
Kürthy: "Kinder sind nicht langweilig. Aber Kinder sind was für Eltern. Und ich möchte und werde weiter Frauenbücher schreiben und keine Mütterbücher. Da wird gewiss mal das ein oder andere Baby durchs Bild krabbeln, aber mein Hauptthema bleibt die Frau, ihr Bindegewebe, ihr Liebesleben und ihr ewiges Bemühen, sich zu emanzipieren."