Wenn ihr Name fällt, bilden höchste Töne die Begleitmusik. Kaum ein Zeitungs-, Rundfunk- oder TV-Beitrag, worin sich die Autoren nicht mit Hymnen überböten. Dies nicht zu tun, ist aber auch wirklich schwer im Fall von Joana Mallwitz. An ihrer Fachkompetenz als Dirigentin ist nicht zu zweifeln, das stellt sie bei jedem Auftritt unter Beweis. Dazu wirkt sie völlig uneitel, trägt immer ein einnehmendes Lächeln im Gesicht. Auch darf man sie für eine Erscheinung halten, so rank und hochgewachsen wie sie ist. Vor allem aber geht sie einem Beruf nach, in dem eine Frau immer noch als Ausnahmeerscheinung gilt. Schon gar, wenn ihr Beethoven, Brahms und Co. keinen Deut weniger packend gelingen als ihren männlichen Kollegen, den namhaftesten, versteht sich.
Joana Mallwitz wurde zur Dirigentin des Jahres 2019 gewählt
Ihr Werdegang weist Ingredienzien auf, nach denen der Star-süchtige Klassikbetrieb schnappt wie nach der frischen Luft. In Hannover war sie in jungen Jahren eine der Ersten am Institut zur Frühförderung musikalisch Hochbegabter (neben dem nicht weniger überfliegerhaften Pianisten Igor Levit). Mit 20 bekam sie am Heidelberger Theater ihre erste Stelle – noch hinter den Kulissen – und sah sich bald mit jener Situation konfrontiert, die in keiner Dirigenten-Erfolgsstory fehlen darf: Aus dem Stegreif sprang sie bei einer Opernpremiere ein und schlug sich mehr als beachtlich. Was die Ernennung zur Kapellmeisterin mit sich brachte.
Das Theater Erfurt war es, das der damals 28-Jährigen die erste Generalmusikdirektoren-Stelle antrug. Hier arbeitete sie sich nicht nur durchs Opernrepertoire, sondern führte auch „Expeditionskonzerte“ ein, in denen sie unter frechen Titeln wie „Der betrunkene Beethoven“ dem begeistert herbeiströmenden Publikum große Sinfonien in erklärendem Wort und anschließender Aufführung nahebrachte. Bald spitzte die überregionale Fachwelt die Ohren, erhielt die junge Dirigentin Angebote namhafter Orchester und Bühnen, wurde 2019 schließlich von der „Opernwelt“ zur Dirigentin des Jahres gewählt.
Dirigiert Mallwitz bald in Bayreuth?
Seit zwei Spielzeiten ist sie nun Generalmusikdirektorin am Staatstheater Nürnberg, an jener Stelle, an der zuvor schon Christian Thielemann seine Karriere in Fahrt brachte. Das scheint auch bei Joana Mallwitz nicht anders zu sein, hat man ihr doch angetragen, bei den Salzburger Festspielen in diesem Sommer Mozart zu dirigieren. Fast wäre dieser Ritterschlag aufgrund von Corona nicht erfolgt. Doch Salzburg spielt trotz Pandemie, und Mallwitz ist ab diesem Sonntag in Mozarts „Così“ mit dabei – als erste Frau, die bei den Festspielen eine ganze Opernserie musikalisch verantwortet.
Man muss kein Prophet sein um vorauszusagen, dass die Laufbahn der 34-Jährigen, die mit dem Tenor Simon Bode verheiratet ist, weiter nach oben führen wird. Ob sich gar hinter dem Geheimnis, das die Bayreuther Festspiele um den erklärt weiblichen Premierendirigenten des Jahres 2021 machen, der Name Joana Mallwitz verbirgt?
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