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Dietmar Bär & Hakan Nesser auf der Lit.Cologne

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Dietmar Bär & Hakan Nesser auf der Lit.Cologne

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    Dietmar Bär & Hakan Nesser auf der Lit.Cologne
    Dietmar Bär & Hakan Nesser auf der Lit.Cologne Foto: DPA

    An seiner Seite in Köln ist der schwedische Krimi-Bestsellerautor Hakan Nesser. Die beiden sind seit Jahren ein eingespieltes Team. Doch bei der Lit.Cologne tauchen sie zum ersten Mal auf, unterhalten ihr Publikum brillant. Ihre Lesung am Samstagabend ist ein Höhepunkt und zugleich geistreicher und humorvoller Abschluss des elftägigen Literaturfestivals.

    Nesser hat seinen Erfolg dem 1993 geschaffenen eigenwilligen Kommissar Van Veeteren zu verdanken. Nach zehn Folgen, vielen Auszeichnungen und Verfilmungen schickte er den neuen Inspektor Barbarotti auf Spurensuche, wollte aber definitiv keine Serie mehr produzieren. Warum es doch anders kam, erklärt der in London lebende Krimi-Schreiber so: "Ich hatte für mein Buch "Mensch ohne Hund" 250 Seiten geschrieben, da steckte ich fest. Nach einem Monat klopfte ein Herr an meinen Kopf und sagte: "Ich bin Kommissar Gunnar Barbarotti und ich brauche vier Bücher". Jetzt sind es fünf, aber dann ist Schluss."

    Aus Nessers neuem Titel "Das zweite Leben des Herrn Roos" trägt Schauspieler Bär mit angenehmer Lesestimme vor, wechselt mühelos zwischen den Rollen. Man sieht die Hauptfigur Roos real vor sich sitzen, einen knapp 60-Jährigen, der sich mit runtergelassenen Hosen auf einer braunlackierten Klobrille vor den lästigen Freunden seiner Frau verdrückt. Der seine Zeit auf dem Fernsehsofa verschwendet, Fußball guckt, illusionslos, antriebslos, emotionslos. Bär gibt im ausverkauften Saal auch die zeternde Ehefrau Roos, die quengelt: "Willst du eigentlich noch mit mir verheiratet sein?"

    Der Roman kommt aber nicht trüb und triste rüber. Subtiler, trockener Humor blitzt hervor, treffende Charakter-Analysen à la Nesser fesseln, und natürlich wird es wieder rätselhaft und spannend. Ein Toto-Gewinn bringt Roos auf neue Gedanken, führt auf Abwege, eine merkwürdige Beziehung zu einer 20-Jährigen beginnt und schließlich kommt Barbarotti mit einer Ermittlung im Drogenmilieu ins Spiel. Der Schwede und der gebürtige Dortmunder spielen sich den Ball und die Pointen bei ihrem abendlichen Vortrag in Köln gekonnt zu. Bär ist dabei besonders gut aufgelegt, weil kurz zuvor Dortmund gegen Leverkusen 3:0 gewonnen hat.

    Der Schauspieler schätzt besonders Nessers Humor, hat schon viele seiner Krimis als Audio-Bücher eingelesen. "Wenn Hakan was neues schreibt, bin ich seine Stimme", erzählt der 49-jährige der dpa nach der Lesung. Seit vier Jahren tourt das Duo immer mal wieder durch die Lande. "Ich mache das nicht als Ablenkung vom "Tatort", sondern weil die Hörbücher in Richtung Theater gehen, das sind Stücke wie Drehbücher, das gehört auch zum Beruf Schauspieler."

    Bär spielt seit 13 Jahren in der ARD Ermittler Freddy Schenk, wird von vielen Leuten auf der Straße mit "Hallo, Herr Schenk" oder "Tag, Herr Kommissar" angesprochen, hat aber keine Sorge vor der Schublade "Tatort": "Ich suche mir ja auch andere Rollen aus, versuche wieder mehr Theater zu machen. Man kann sich ja auch nach drei, vier Dreharbeiten für "Tatort" pro Jahr nicht auf die faule Haut legen." Zuletzt war Bär im Kino in "Vorstadtkrokodile 2" als Papa von Bandenchef Olli zu sehen.

    Dietmar Bär und Kollege Klaus J. Behrendt alias Max Ballauf engagieren sich seit Jahren für philippinische Straßenkinder. Bär setzt sich auch mit einem Berliner Verein zusammen für chancenlose Jugendliche ein. "Man sieht, dass man mit einem prominenten Gesicht auch etwas Gutes machen kann." Der Missbrauch junger Menschen in katholischen Einrichtungen, der seit einigen Wochen ans Licht kommt, macht ihn wütend. "Da muss Strafe folgen, das muss Konsequenzen haben, auch für Geistliche. Es geht um Gerechtigkeit", sagt der Darsteller - und muss dafür nicht in die Kommissar-Rolle schlüpfen. Als solcher sollte er noch am Sonntagabend in "Kaltes Herz" wieder auf Verbrecherjagd gehen - mit Dienstwaffe und "Tatort"-Kollege Ballauf.

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