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Das Blau der Côte d'Azur in Schwarz-Weiß

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Das Blau der Côte d'Azur in Schwarz-Weiß

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    Das Blau der Côte d'Azur in Schwarz-Weiß
    Das Blau der Côte d'Azur in Schwarz-Weiß Foto: DPA

    Bei Jacques Henri Lartigue (1894-1986), einem hierzulande wenig bekannten französischen Fotografen, lässt sich der Glanz der Sonnenküste auch in Schwarz-Weiß fühlen: das Glitzern der Sonne auf dem Wasser, die Kontraste brauner Körper, die in legerem Weiß stecken, die Schattenspiele auf palmenumsäumten Straßen und Stränden. Rund 170 Aufnahmen des Malers, Fotografen und Lebemanns Lartigue zeigt das Picasso-Museum Münster (Nordrhein-Westfalen) jetzt in einer Ausstellung.

    Pablo Picasso ist in einer kleinen Fotoserie zu sehen, aber eigentlich sind es nicht die großen Namen, die bestechen. Es geht vielmehr um Motive des Drumherums in der ausgehenden Belle Époque, als es zwar schon Luxushotels, Strandleben und Villen gab - der Massentourismus aber noch lange nicht an der südfranzösischen Riviera angekommen war. Leere Strände und Buchten, einsame Schwimmer im Meer, flanierende Frauen hat Lartigue wie zufällig abgelichtet. Schnappschüsse würde man heute sagen.

    Mit solchen Fotos - eigentlich gedacht als Gedächtnisstütze für geplante Gemälde - begann die fotografische Laufbahn des in einem Pariser Vorort geborenen Malers. Als solcher wurde er nie berühmt. Aber die Fotoalben des 1953 als "erster Amateurfotograf Frankreichs" gerühmten Künstlers fanden irgendwann Anklang. Als Spross einer reichen Familie hatte er keine Not, von seiner Kunst auch leben zu müssen. "Sein Tagebuch ist das eines Dandys, der in Luxushotels an der Côte d'Azur sein Dasein fristet, etwas malt und eben fotografiert", erzählt Münsters Museumsleiter. "Frühling, Frauen, Luxus", lautet ein Tagebuch-Eintrag.

    Ein "großer Fotograf" (Müller) sei er dennoch, vielleicht gerade weil er sorgenfrei ans Werk gehen konnte. Er musste und wollte nicht dokumentieren, sondern fotografierte aus rein privatem Blickwinkel und damit wohl unbekümmerter. Das Ästhetische der Kunst komme bei Amateuren manchmal sogar besser heraus, als bei Profis, deren Schaffen oft geplant sei, meint Müller.

    Die Münsteraner Schau "Côte d'Azur - Das Paradies auf Zeit" (bis 22. August) mit Bildern aus der Zeit zwischen 1908 bis 1980 zeigt aber nicht nur die zufälligen Augenblicke an der Sonnenküste. Lartigues Musen sind vertreten, seine Ehefrauen, auch die Schönen und Reichen von Nizza und St. Tropez sind ins rechte Licht gerückt. Auf Balustraden von Luxushotels, auf Strandliegen, Wasserski, mit dem Sonnenschirm in der Hand wird die unbeschwerte Vorkriegszeit spürbar. Er sei mal einer der ersten Paparazzi genannt worden, ein "Voyeur der Gesellschaft" war er allemal, sagt Müller.

    Dank guter Kontakte lernte er 1955 Pablo Picasso kennen, eine eher ungewöhnliche Fotoserie entstand: Picasso, der den Ruf eines Hypochonders hatte, in seiner Villa "La Californie" bei der Behandlung durch eine Ärztin. Nichts schlimmes, Picasso kokettiert mehr, als dass er leidet. Ein letzter großer Name in Lartigues Leben war Valéry Giscard dEstaing. Der französische Präsident ernannte ihn 1974 - da war Lartigue an die 80 - zu seinem offiziellen Fotografen. Im selben Jahr schenkte der Künstler sein rund 14 000 Fotos umfassendes Werk dem französischen Staat.

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