Für Aufregung unter bayerischen Theatern sorgt weiterhin die Zuschauerobergrenze von 50 Personen in Gebieten, die auf der bayerischen Corona-Warnampel als dunkelrot ausgeflaggt sind. Seit diesem Wochenende ist auch München mit seinen großen Opern- und Theaterhäusern davon betroffen. In Augsburg griff diese Regelung bereits vor einer Woche, seitdem musste das Staatstheater Augsburg schon mehrere Veranstaltungen absagen.
Intendant André Bücker hat für diese Maßnahme keinerlei Verständnis. „Das ist fast schon skandalös nach allem, was wir gemacht haben, um mit Hygienekonzepten vor und hinter der Bühne Publikum und Mitarbeiter zu schützen“, sagt er. Alle Regeln würden eingehalten, es musste noch keine Vorstellung wegen eines Corona-Falls unter den Mitarbeitern abgesagt werden, die Konzepte griffen also. „Unser Publikum fühlt sich sicher und es möchte weiterhin ins Theater kommen“, sagt Bücker. Die Kartennachfrage könne nicht befriedigt werden. „Diese Einschränkung der Freiheit ist nicht zu rechtfertigen“, so Bücker.
Den Theatern brechen Einnahmen weg
Kritik gibt es auch aus München. „Eine Begrenzung auf nur 50 Personen macht aus einem modernen, offenen Haus ein elitäres Bollwerk“, kritisierte die Bayerische Staatsoper in München, wo seit Montag verschärfte Corona-Regeln gelten. Den Häusern brechen nun wichtige Einnahmen weg, viele sehen sogar ihren Kulturauftrag in Gefahr. Trotzdem wollen die meisten weiterspielen, auch wenn statt 200 nur noch 50 Besucher kommen dürfen. Einige Theater stellen den Spielbetrieb dagegen ganz oder teilweise ein, weil es für sie mit 50 zahlenden Gästen schlicht nicht mehr rentabel ist.
„Gerade haben wir die Planungen für eine Bespielung unseres Hauses fertig, die wir sowohl auf der Bühne umsetzen als auch vor 200 Gästen einigermaßen wirtschaftlich abbilden können. Diese Arbeit war umsonst, wenn die Regelung so bleibt“, hieß es vom Deutschen Theater in München. „Vor 50 Gästen wird es bei uns keine Vorstellungen geben, da dies wirtschaftlich nicht machbar ist.“
Vor 50 Zuschauern kann man nicht mehr kostendeckend spielen
Das Mainfranken Theater, das sein Großes Haus gerade saniert, bespielt die Außenspielstätte „Theaterfabrik Blaue Halle“ vorerst nicht mehr, nur im Ratssaal Würzburg soll es weitergehen. Christian Stückl will sein Münchner Volkstheater offen halten. „Wir wollen uns nicht zusperren lassen“, schreibt sein Theater. „Das ist nicht wirtschaftlich, aber unser Kulturauftrag.“ Doch ein lohnender Betrieb sieht anders aus. Rund 300 Gäste wären im Volkstheater notwendig. Auch das Residenztheater erklärt, mit 50 Zuschauern könne man nicht mehr kostendeckend spielen. Das Haus hofft nun auf eine Sonderregelung für Theater nach dem Vorbild anderer Bundesländer.
Am Staatstheater Nürnberg sieht man die drohende Obergrenze auch mit Sorge. Intendant Jens-Daniel Herzog will aber weitermachen und digitale Formate stärker in den Blick nehmen. „Wir sind fest entschlossen, auch weiterhin gegen die Leere im Theater anzuspielen.“
Das Kunstministerium verweist auf den Kulturrettungsschirm
Sein Münchner Kollege Nikolaus Bachler von der Staatsoper wollte zusammen mit dem Residenztheater und dem Staatstheater am Gärtnerplatz mit einem Antrag die Begrenzung der Zuschauerzahlen abwenden. Bachler hatte mit den Erfahrungen eines Pilotprojekts argumentiert, an dem die Staatsoper, die Münchner Philharmonie und die Meistersingerhalle in Nürnberg beteiligt waren. Statt 200 durften sie 500 Zuschauer einlassen. Der Versuch belege, dass es bei der Größe des Nationaltheaters und bei Einhaltung vorbeugender Maßnahmen sehr gut möglich sei, vor 500 oder noch mehr Besuchern zu spielen, so Bachler.
Doch das Kunstministerium beschied anders: „Ich habe Verständnis für das Anliegen der Branche und weiß, dass es momentan sehr schwierig ist“, sagte Kunstminister Bernd Sibler (CSU). Man müsse umsichtig und vorsichtig reagieren. Der Pilotversuch und damit die Erlaubnis einer maximalen Zuschauerzahl von 500 Personen gelte aber automatisch als ausgesetzt, sobald die andere Regelung greife. Sibler verwies auf den Kulturrettungsschirm und geplante Künstler-Hilfsprogramme.
Ganz verstehen können das die Theater nicht: „Funktionierende Hygienekonzepte machen Theater- und Konzerträume derzeit zu den sichersten Orten in der Freizeitgestaltung“, ist die Leitung des Mainfranken Theaters in Würzburg überzeugt. Die Theatermacher hätten sich gewünscht, dass die Politik die jeweiligen Bedingungen vor Ort stärker berücksichtigt hätte. Eine Ansicht, die viele teilen: „Wir empfinden diesen Erlass als Willkür, da Kultureinrichtungen in den letzten Monaten bewiesen haben, dass sie gute Hygienekonzepte ausgearbeitet haben und sichere Orte sind“, heißt es auf der Internetseite der Münchner Kammerspiele. (mit dpa)
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