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Buchvorstellung: Schon ganz schön alt, diese Jugendsprache

Buchvorstellung

Schon ganz schön alt, diese Jugendsprache

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    Die Tätigkeit ist nicht neu, das Wort im deutschen Sprachgebrauch dagegen schon.
    Die Tätigkeit ist nicht neu, das Wort im deutschen Sprachgebrauch dagegen schon. Foto: Christian Dittrich, dpa

    Wenn Jugendliche sich gegenseitig Digga nennen oder etwas chillig finden, unterstellt die ältere Generation ihnen gerne eine Verschandelung der Sprache. Dabei vergessen die werten Damen und Herren nicht nur, dass sie selbst in ihrer Jugend sicher Wörter verwendeten, die die Erwachsenen zur Weißglut brachten. Sondern auch, dass die jungen Menschen damit eigentlich nur eine lange Tradition fortführen. Schon vor 500 Jahren lässt sich eine Studentensprache in Deutschland nachweisen. Die jüngere Generation nutzt damals wie heute eigene Wörter, um sich von den Älteren abzutrennen und um ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. In „Krass – 500 Jahre Jugendsprache“ stellt der Autor Matthias Heine diese Jugendsprachkultur im Wandel der Jahrhunderte vor.

    Nicht nur, dass es eine eigene Jugendsprache gibt, hat Tradition. Manche Wörter halten sich auch um einiges länger, als die coolen Jugendlichen vielleicht zugeben wollen. Krass war schon vor etwa 250 Jahren ein Jugendwort, allerdings mit einer ganz anderen Bedeutung. Krasse Studenten waren ahnungslos in Bezug auf studentische Sitten und Regeln. Ihre Krassität mussten die jungen Studenten schnell ablegen, wenn sie dazugehören wollten. Überhaupt käme die Studentensprache vor 250 Jahren vielen Heutigen bekannt vor. Schon damals mogelten sie, waren sie abgebrannt und vieles war ihnen schnurzegal.

    Die Jugend schöpft jetzt auch aus dem Arabischen

    Ebenfalls nicht neu ist, dass angesagte Wörter aus anderen Sprachen entlehnt sind. Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich jedoch, aus welcher Sprache junge Leute ihre Wörter wählten. Es begann mit dem Lateinischen: Schon im 16. Jahrhundert finden sich in Quellen Sätze wie Totum ex! im Bezug auf das Trinken, heute noch heißt auf Ex trinken ein Glas in einem Zug zu leeren. Im 18. Jahrhundert liehen sich junge Menschen die Blamage aus Frankreich. Schon in den 1970ern kam das englische Wort cool in Mode. Bis heute stammen viele Jugendwörter aus dem Englischen, bei manchen Begriffen wie Habibi inzwischen auch aus dem Arabischen.

    Manchmal wissen Erwachsene nicht, was die Jugend meint mit all ihren neuen Wörtern.
    Manchmal wissen Erwachsene nicht, was die Jugend meint mit all ihren neuen Wörtern. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    Manche Jugendwörter haben, wie Matthias Heine schreibt, einen eher ungewöhnlichen Ursprung. So ist Tussi eine Abkürzung von Thusnelda, der Gattin des germanischen Heerführers Hermann, wahrscheinlich durch Kleists „Die Hermannsschlacht“ im Gedächtnis vieler Schüler verhaftet.

    Auch der Hipster hat einen spannenden Weg hinter sich. Mit Sklaven gelangte das Wort xippi für „wachsam, mit offenen Augen“ aus dem Senegal nach Amerika. Um 1900 stand es als hip bereits in Zeitungen und Büchern. Damals bedeutete es zudem „wissend“. Inzwischen sind daraus die Hippies, die Hip-Hopper und eben auch die Hipster entstanden. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Hipster noch schwarze Jazzmusiker, später dann weiße Jugendliche, die Jazz hörten. Inzwischen tragen Hipster lange gepflegte Bärte und Hornbrillen. Krass, oder?

    Matthias Heine: Krass - 500 Jahre deutsche Jugendsprache. Duden-Verlag, 272 S., 18 €.

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