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Brigitte Fassbaender: Die Mezzosopranistin mit dem „schönen Material“

Brigitte Fassbaender

Die Mezzosopranistin mit dem „schönen Material“

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    Auf die Karriere der Sängerin folgte die der Regisseurin: Brigitte Fassbaender.
    Auf die Karriere der Sängerin folgte die der Regisseurin: Brigitte Fassbaender. Foto: Frank Leonhardt, dpa

    Es gibt Stimmen, deren Klang sich festsetzt im Hörgedächtnis, nicht nur wegen purer Schönheit, sondern auch, weil er als idealer Ausdruck des Gesungenen erscheint. Die Stimme der Mezzosopranistin Brigitte Fassbaender gehört in diesen überschaubaren Kreis, sie ist unvergessen, obwohl sie nun schon seit mehr als dreißig Jahren nicht mehr auf der Bühne zu hören ist.

    Brigitte Fassbaender und ihr berühmter Vater

    Eine solche Stimme bekommt man nicht vererbt, das gilt auch für diese Sängerin, obwohl man bei ihr fast zweifeln mag, ist sie doch die Tochter von Willi Domgraf-Fass-baender, einem der großen deutschen Baritone seiner Zeit. Die in Berlin geborene Tochter Brigitte schickte ihm, der nach dem Krieg in Nürnberg wirkte, aus einer Laune heraus ein Tonband mit ihren Gesangsversuchen: „Hör dir das mal an!“ Und der Vater schrieb zurück: „Komm, das ist schönes Material!“ Sein Ohr trog ihn nicht.

    Gleich nach der väterlichen Ausbildung wurde Brigitte Fassbaender zu Beginn der 60er Jahre an die Bayerische Staatsoper engagiert und sang hier mehr als ein Jahrzehnt im Ensemble. München blieb sie auch verbunden, als ihre Karriere schon beträchtlich Fahrt aufgenommen hatte und der Sängerin die Türen der großen internationalen Opernbühnen offenstanden.

    Als primär lyrischer Mezzo hat Brigitte Fassbaender viele der großen Partien ihres Fachs gesungen, Mozart ebenso wie Italienisches, und klug die Finger von Ausflügen ins Hochdramatische gelassen. Doch es ist vor allem eine Partie, mit der ihr Name bleibend sich verbindet: die des Octavian, der Titelfigur in Richard Strauss’ „Rosenkavalier“. Hier entfaltete sich ihre Stimme in ganzer Pracht, mit betörenden Ausgeglichenheit der Register und der Fähigkeit, Empfindungen in feinsten Farbnuancen abzubilden. Der Fassbaender-Octavian an der Seite von Lucia Popps Sophie unter dem Münchner Dirigat von Carlos Kleiber – das war, das ist reines „Rosenkavalier“-Glück, leider nie im Studio aufgenommen, wohl aber auf DVD erhalten. Wo man dann heute noch sehen kann, dass die Fassbaender neben allen Stimmqualitäten auch bemerkenswerte darstellerische Meriten besaß.

    Nie hat sich diese Sängerin allein für die vokale Linie, immer auch für Textinhalte und Dramaturgisches interessiert, und so war es naheliegend, dass Brigitte Fassbaender sich zusehends das Liedrepertoire erschloss. Selbst vor den Schubert-Liedzyklen wie „Müllerin“ und „Winterreise“, die durch ihren maskulinen Erzähler scheinbar den männlichen Sängern vorbehalten sind, machte die Fassbaender nicht halt, und das sogar mit künstlerisch herausragenden Resultaten.

    Das selbst gewählte Ende der Karriere

    Ihr Ende als Sängerin kam 1995 überraschend – und war doch selbstbestimmt. Ihre enormen Ansprüche an sich selbst ließen ihr keine Wahl. Schon zuvor hatte sie begonnen, sich mit dem Regieführen ein zweites Standbein zu erarbeiten, seither ist sie als Szenografin gut beschäftigt – dieser Tage gab es eine Donizetti-Premiere in Regensburg –, zudem leitete sie ganze Häuser (Innsbruck) und Festivals (Garmisch-Partenkirchen). Und natürlich ist Brigitte Fassbaender eine gesuchte Gesangspädagogin, die ihren reichen Erfahrungsschatz mit Herzblut weitergibt. An diesem Mittwoch (3. Juli) wird diese Ausnahmekünstlerin 80 Jahre alt.

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