Die neue Spielzeit beginnt, die ersten Theaterpremieren finden gerade wieder statt. Das kulturelle Leben und die Pandemie können also doch nebeneinander funktionieren – so scheint es auf den ersten Blick. Die Spielpläne der staatlich subventionierten Häuser sind wieder gut gefüllt. Selbst in Stadthallen gibt es wieder Programm. Sind die Probleme, die die Corona-Politik zur Eindämmung der Pandemie geschaffen hat, endlich vom Tisch? Kann man sich wieder uneingeschränkt den Inhalten der Künste widmen, ohne auf die Begleitumstände eingehen zu müssen?
Auf den zweiten Blick merkt man schnell, dass von Normalität im Kulturleben noch keine Rede sein kann. Dass die Stadt- und Staatstheater eine neue Saison einläuten können, liegt unter anderem auch daran, dass sie als subventionierte Häuser die Defizite, die sie einspielen werden, ersetzt bekommen. Denn: Überall fallen Sitzplätze weg, überall sind die Kapazitäten beschränkt, überall werden die Einnahmen aus dem Ticketverkauf in diesem Herbst geringer ausfallen. Für das Publikum wird die Herausforderung erst einmal ganz profan der Kartenkauf sein. Es gibt jetzt sehr viel weniger.
Dies führt in dem Teil des Kulturlebens, der keine oder nur geringe staatliche Unterstützung bekommt, etwa Kinos, Konzerte und Shows, zu erheblichen Problemen. Überall dort haben die Abstandsregeln und strikte Publikumsobergrenzen dramatische Auswirkungen. Viele Konzerte, die aus dem Frühjahr und Sommer in den Herbst verlegt worden sind, werden deshalb gerade ein zweites Mal verschoben oder ganz abgesagt. Die Stimmung dort ist miserabel, die Corona-Hilfen können die entgangenen Umsätze und Gewinne nur zu einem sehr geringen Anteil ersetzen.
Die Langzeitfolgen für das Kulturleben können nur erahnt werden
Sobald der Aufwand für Shows größer ist, sobald mehrere Künstler und dahinter eine Crew tätig werden müssen, rechnet sich das alles bei verminderten Platzkapazitäten nicht mehr. Die Langzeitfolgen der Corona-Politik für diesen Teil des Kulturlebens können im Augenblick nur erahnt werden. Ein komplettes Jahr ohne nennenswerte Einnahmen können nur etablierte, vorsichtig wirtschaftende Künstler, Agenturen und Veranstalter durchhalten.
Die Politik hat immer wieder den Schutz der Gesundheit als oberstes Ziel ausgegeben. Selbstverständlich hat beim Ausbruch der Pandemie im März niemand so recht gewusst, welche Maßnahmen effektiv und welche übertrieben sind. Heute hört man immer wieder, dass es einen zweiten Lockdown nicht mehr geben soll. Durch die wieder angestiegenen Infektionszahlen sind weitere Lockerungen wieder in weitere Ferne gerückt.
Fasching und Hochzeitsfeiern sind als Hotspots für Corona bisher aufgefallen
Die große Angst ist, dass Konzert-, Theater- und Kinosäle sogenannten Superspreader-Events den Raum bereiten könnten, mit dem Ergebnis, dass hinterher nicht mehr über die Kniffe der Inszenierung, sondern über die Kette an Ansteckungen gesprochen wird. Allerdings waren bislang nie Theater-, Kino- und Konzertsäle als Hotspots für die Verbreitung von Corona ins Gerede gekommen. Da haben der Fasching und Hochzeitsfeiern, Chorproben und Gottesdienste sich bislang einen viel schlechteren Ruf eingehandelt. Österreich hat es mit den Salzburger Festspielen vorgemacht, dass es in den Theatersälen auch mit weniger Abstand funktionieren kann. Politisch hat dort Kultur einfach einen anderen Stellenwert.
Ein Härtetest steht in der anlaufenden Saison sowieso noch aus: Wie verhält sich jetzt das Publikum inmitten der Pandemie? Überwiegt die Angst vor Corona, bleibt es zu Hause oder kommt es trotzdem noch?
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