Schon lange wurde nicht mehr so viel in der Region gebaut wie jetzt. Die Flächen sind begehrt, die Preise für Grundstücke, für Wohnungen und Häuser steigen von Jahr zu Jahr, Baufirmen und Handwerker sind gefragt. Es herrscht Hochkonjunktur, natürlich auch für die Architekten. Aber nicht jeder Neubau, der gerade fertiggestellt wird, ist ein Beispiel für gutes Bauen. Genau da setzt der Thomas-Wechs-Preis an, der alle drei Jahre schwabenweit vom Bund deutscher Architekten Augsburg-Schwaben vergeben wird. In diesem Wettbewerb bekommen die Bauten ein Forum, die anderen Bauherren ein Beispiel sein können.
Unter den diesmal 67 eingereichten Projekten aus der Region sind drei mit dem Wechs-Preis geehrt worden. Diese Gewinner stehen exemplarisch für die Vielfalt der Architektur: eine soziale Wohnbebauung in Neu-Ulm, ein Wertstoff- und Straßenreinigungsdepot in Augsburg und der Neubau eines Architekturbüros in Königsbrunn.
Wertstoffdepots sind in der Regel Orte der Trostlosigkeit: eine Straße rund um große Abfall-Container, dazu irgendwo noch ein Bürocontainer, in dem die Arbeiter untergebracht sind. Ganz anders nun in Augsburg. Dort hat der Abfallwirtschafts- und Stadtreinigungsbetrieb der Stadt Augsburg (AWS) das Architekturbüro Knerer und Lang aus München damit beauftragt, ein Wertstoff- und Straßenreinigungsdepot im Norden der Stadt zu entwerfen. Herausgekommen ist ein lang gezogenes Gebäude, das vom Grundriss her wie eine Klammer ausschaut und sich bestens in die Umgebung einpasst. In der Randlage der Stadt wird der Rand selbst zum Gestaltungsprinzip, nach außen hin ist die Außenhaut aus Lärchenbrettern dunkel, nach innen strahlt der Hof blau. Die Container sind nicht in der Mitte, sondern am Rand unter dem Dach untergebracht. Für die dreiköpfige renommierte Jury (Armando Ruinelli aus Graubünden, Michaela Wolf aus Brixen, Bernardo Bader aus Dornbirn) ein „vorbildliches Projekt“.
Bezahlbares Wohnen in gelungener Architektur
Günstiges, aber ansprechendes Wohnen war das Ziel der Nuwog Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm. Zwischen Industriebebauung, dem Vorwerk der Bundesfestung Ulm und der Elefantensiedlung gelingt es den Architekten Braunger und Wörtz aus Ulm, ein markantes, schlichtes und klares Gebäude zu setzen. 31 hochwertige Wohnungen sind darin untergebracht, die gleichzeitig zu sozial-verträglichen Preisen angeboten werden können. Angetan ist die Jury auch von dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Das Äußere des Gebäudes ist rein mineralisch, es wurde kein Wärmedammverbundsystem verwendet, das verspricht eine lange Haltbarkeit und Nutzungsdauer des Gebäudes. Für die Jury ebenfalls ein Bau, von dem sich Bauträger und Architekten etwas abschauen können. Auffällig ist auch, dass die Nuwog Neu-Ulm regelmäßig mit neuen Projekten hervorsticht, die beim Thomas-Wechs-Preis gewürdigt werden. Architektonische Qualität gehört dort also zum System.
Das dritte mit dem Thomas-Wechs-Preis ausgezeichnete Bauwerk ist in seinen Dimensionen gegenüber den anderen beiden geradezu bescheiden. Das Architekturbüro 17A aus Königsbrunn hat für sich selbst auf einer bereits bestehenden Doppelgarage gebaut, 108 Quadratmeter Bürofläche vier Stockwerke hoch. Massivholz kam bei dem aufgesetzten Gebäudeteil zum Einsatz, die Garage wurde zum Eingangs- und Besprechungsraum umgestaltet. Außen ist das Gebäude weiß, die Innenräume sind schwarz. Für die Architekten hat das den Vorteil, dass sie durch die Fensterfront tagsüber nicht gesehen werden. Schwierig war im Vorfeld dieses Projekts, auch die Stadt davon zu überzeugen, an dieser Stelle einen solch architektonisch anspruchsvollen und klar strukturierten Bau zuzulassen. Der Jury gefällt daran besonders, dass eine Baulücke in Königsbrunn dadurch geschlossen wird und wie das Haus sich in die Umgebung einpasst – außerdem, dass das neue Projekt auf die Garage aufgesetzt wurde.
Anerkennung für das Gymnasium in Diedorf
Zusätzlich zu den drei Preisen sind drei weitere Projekte mit einer Anerkennung bedacht worden: zwei Einfamilienhäuser und eine neugebaute Schule. Das Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf ist von den Architekten Hermann Kaufmann und Florian Nagler aus München für 1000 Schüler gebaut worden – als Holzskelettbau, der ein Plus-Energie-Haus ist. Die Räume sind vielfältig zu nutzen, durch die Skelettbau-Weise kann die Schule in Zukunft auch baulich auf neue pädagogische Konzepte reagieren und Schulräume neu zuschneiden. Das hob auch die Jury hervor, die allerdings die Frage aufwarf, wie angemessen eine High-Tech-Klimanlage im ländlichen Raum sei.
Die Einfamilienhäuser sind in Mering (Eberle Architekten aus Augsburg) und Memmingen (Alexander Nägele vom Memminger Büro SoHo Architektur) gebaut worden. Das Haus in Mering ist ein zweistöckiger Wohnturm, einfach und klar gehalten, der sich von der konventionellen umgebenden Bebauung durch die klassisch moderne Formensprache abhebt. Das Haus in Memmingen entstand in einem vorstädtischen Einfamilienhausquartier auf einer äußerst knapp bemessenen Grundstücksfläche. Das wiederum hatte direkte Folgen für das mögliche Bauvolumen, das durch die Nachbargrundstücke und baurechtlichen Vorschriften vorgegeben war. Trotzdem ließen sich Architekt und Bauherr auf ein Experiment mit dem verwendeten Material und den Räumen ein.
Mit den ausgezeichneten Bau-Projekten stellt der Thomas-Wechs-Preis 2018 wieder Architektur vor, wie man sie sich viel öfter und häufiger wünscht. Denn bei jedem Neubau muss ja immer auch mitbedacht werden, dass er lange zu sehen sein wird, dass er über Jahrzehnte und länger das Gesicht der Stadt oder des Dorfes prägen wird.