Litauen hat bei der Kunst-Biennale in Venedig mit einer zeitkritischen Oper den Hauptpreis für den besten nationalen Beitrag gewonnen. Für die „Sun & Sea (Marina)“ betitelte Performance hat das litauische Künstlerinnen-Trio Rugile Barzdziukaite, Vaiva Grainyte und Lina Lapelyte das Erdgeschoss eines alten Marine-Gebäudes im Herzen Venedigs in einen Strand verwandelt. Dort verbringen ziemlich gewöhnliche Leute ihre Freizeit. Die Biennale-Besucher beobachten das Treiben vom ersten Stock aus und sehen es wie aus einer Drohnenperspektive: Kinder rennen mit Eis in den Händen über den Sand, eine Frau cremt ihrem Mann seinen Rücken ein. Eine fröhliche Szene, die aber einen gar nicht so fröhlichen Inhalt hat.
Die Strandbesucher singen – über ihren Stress bei der Arbeit, das sich verändernde Klima, die Angst vor der eigenen Endlichkeit und dem Artensterben. „Ich weinte so sehr, als ich erfuhr, dass es die Korallen nicht mehr geben wird“, trägt ein Mädchen vor. Andere mäkeln über rücksichtslose Strandbesucher oder sinnieren über die vielen Orte, die sie auf der Welt schon gesehen haben. „In diesem Stück ziehen wir eine Linie zwischen der Zerbrechlichkeit des menschlichen Körpers und der Zerbrechlichkeit des Körpers der Erde“, sagt die Szenografin Rugile Barzdziukaite. Für die Jury ist das Werk eine „Kritik an der Freizeit und an unserer Zeit“, wie Stephanie Rosenthal erläutert. Die Direktorin des Berliner Martin-Gropius-Baus leitete in diesem Jahr die Jury.
Der afroamerikanische Filmemacher Arthur Jafa bekam den Goldenen Löwen als bester Künstler für seinen Film „The White Album“, der nach Ansicht der Jury „ein Essay, ein Gedicht und ein Porträt“ ist. Jafa verwendet eigenes Video-Material und Szenen aus Internet und Fernsehen, „um über das Thema Rasse nachzudenken“, wie es die Jury formuliert. Es ist ein aufreibender Mix aus Bildern des Hasses, der Gewalt, aber auch der Liebe und Zuneigung. „Der Film setzt sich nicht nur kritisch mit einem Moment voller Gewalt auseinander, sondern appelliert auch an unsere Liebesfähigkeit, indem auch die Freunde und Familienmitglieder des Künstlers gezeigt werden“, begründet die Jury. Die Biennale hatte bereits zuvor bekannt gegeben, dass der US-amerikanische Konzept-künstler, Autor und Aktivist Jimmie Durham den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk bekommt.
Bei der letzten Kunst-Biennale 2017 hatten zwei Deutsche Goldene Löwen erhalten. In diesem Jahr wurde der deutsche Pavillon von der Künstlerin mit dem Kunstnamen Natascha Süder Happelmann gestaltet. Die multimediale Installation setzt sich mit Migration, Integration und Fragen des Zusammenlebens auseinander. Die eben erst eröffnete Biennale läuft bis zum 24. November. (dpa)