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Depeche Mode in München 2023: Regentänze im Stadionrund

Konzertkritik

Depeche Mode in München: Regentänze im Stadionrund

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    Mittlerweile bestehen Depeche Mode nur noch aus Martin Gore (links) und Dave Gahan. In München zeigen sie, wie gut sie mittlerweile haronieren.
    Mittlerweile bestehen Depeche Mode nur noch aus Martin Gore (links) und Dave Gahan. In München zeigen sie, wie gut sie mittlerweile haronieren. Foto: Stefan Prager

    Die Szenerie wirkt beinahe surreal: Am schwarzgrauen Himmel über dem Münchner Olympiastadion zucken die Blitze, unterm Bühnenhimmel zucken die Lichter und im Publikum zucken die Arme in die Höhe -– und von oben rauscht der Regen runter. Eigentlich die perfekte Atmosphäre für einen Auftritt von Depeche Mode, passend zu den wilden Seelendramen in ihren Songs, passend zu dieser mollsatten Regenmusik, die sich so wunderbar mit ausgestreckten Armen im Strom der warmen Wassertropfen tanzen lässt. Es ist ein Fest.

    Depeche Mode im Olympiastadion 2023: Gahan und Gore feiern Zweisamkeit

    Vor allem ist es ein Fest für Sänger Dave Gahan und den musikalischen Kopf Martin Gore. Mit der Tour zu ihrem aktuellen Album "Memento Mori" feiern sie nichts weniger als das Überleben dieser Band. Vor gut einem Jahr war überraschend der Mann gestorben, der mit seiner Unerschütterlichkeit und seiner Vermittlungskunst dafür gesorgt hat, dass die beiden dauerzankenden Alphamännchen Gore und Gahan nicht dieses dunkle Gesamtkunstwerk namens Depeche Mode zerstören. Dazu hatten sie sich jahrelang große Mühe gegeben, durch große Egos und einen selbstzerstörerischen Lebenswandel. Doch nun scheint es, als hätten die beiden gerade durch den Tod ihres so wichtigen Mittelsmanns, der deutlich mehr war als der unauffällige Tastendrücker im Hintergrund, stärker zusammengefunden. Diese altersweise Zweisamkeit feiern sie gegen Ende des Konzerts ganz besonders eindrücklich, als sie gemeinsam auf dem Steg im Publikum stehen und zu unauffälliger Pianobegleitung als erste Zugabe "Waiting For The Night" singen – zwei, die gemeinsam viel durchgemacht haben, sich brauchen und offensichtlich mit sich, dem Anderen und der Welt im Reinen sind. Und das zeigen sie gerade in diesem Stück höchst eindrucksvoll.

    Depeche Mode bleiben auch 2023 in München einzigartig

    Zeitweilig haben beide versucht, allein klarzukommen. Vor allem Gahan musste beweisen, dass er nicht nur einfach der Sänger von Gores Liedern ist, sondern ein eigenständiger Künstler. Das hat er mit seinen Soloalben und vor allem als Teil der Band Soulsavers souverän hinbekommen. Seine Stimme hat an Tiefe und Ausdruck gewonnen. Dennoch ist Gore eigentlich der bessere Sänger, was er an diesem Abend bei "A Question Of Lust" und "Soul With Me", nachdrücklich und heftig beklatscht, beweist. Aber er ist halt kein Frontmann wie Gahan, das Bühnentier. Der tanzt mit seinen 61 Jahren zwar nicht mehr ganz so wild und lasziv wie früher, doch er kreiselt immer noch gerne seine Gahan-Pirouetten, jongliert mit dem Mikrofonständer, dirigiert die Massen wie vor Jahrzehnten. Er ist eben der Mann, der den schweren Songs über Schuld, Schmerz, Sex, Sünde, Vergebung und Erlösung Leben gibt, Fleisch und Blut. Ohne ihn wären Depeche Mode nicht, was sie sind: der große schwarze Monolith, der einsam aus der Landschaft des Synthiepop herausragt. 

    Diese Band bleibt einzigartig, auch dank dieser unglaublichen Fülle an großartigen Songs, von denen es die meisten im Olympiastadion zu hören gibt. Natürlich muss auch das gute neue Album ausführlich berücksichtigt werden – immerhin mit fünf von insgesamt 23 Songs. Allerdings leiden vor allem der mächtig – nicht vom Himmel, sondern aus den Boxen – donnernde Anfang "My Cosmos Is Mine" und das nachfolgende "Wagging Tongue" unter dem Stadion-Wummersound, den der Mann am Mischpult erst im Laufe des Abends so richtig in den Griff bekommt. Das stört im Grunde nicht wirklich, wenn schon bei Nummer Drei "Walking In My Shoes" die erste Gänsehaut über den Oberarm kriecht und das Stadion sofort zu tanzen beginnt. Das ist zwar nicht komplett ausverkauft, aber sehr gut und damit angemessen gefüllt für diesen kraftvollen Auftritt, zu dem die altbekannten Tourmusiker Peter Gordeno (Keyboards) und Trommler Christian Eigner wieder ihren Teil beitragen.

    Konzertkritik: Die Bühne von Depeche Mode in München ist uninteressant, aber das macht nichts

    Die Auswahl der Songs war bei dieser bereits im März gestarteten Welt-Tournee weitgehend immer die gleiche, was zumindest kritische Fans in einschlägigen Foren immer wieder kontrovers diskutieren. Aber warum sollten Depeche Mode ihre Stückeliste jedes Mal ummodeln? Zumal es so viele Lieder gibt, die einfach gespielt werden müssen, wie eben "Enjoy The Silence" als letzte Nummer vor dem Zugabenblock, oder das finale "Personal Jesus", oder, oder ... Auch der Bühnenaufbau kam nicht überall gut weg. Für eine Stadion-Tour fällt er in der Tat recht spartanisch aus. Wenn man bedenkt, was andere Bands wie U2 oder die Rolling Stones an dieser Stelle schon aufgefahren haben, ganz zu schweigen von Rammstein, die knapp zwei Wochen vorher die Arena bedröhnten. Aber manchmal kommt es halt doch mehr auf die Musik an als aufs Drumherum. Im Fall von Depeche Mode liefert eben das Sommergewitter, das ab der Hälfte des Auftritts niedergeht, den natürlichen, ganz besonderen Stimmungskick. 

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