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50 Jahre AC/DC: Ein halbes Jahrhundert Starkstrom

Musikgeschichte

50 Jahre AC/DC: Ein halbes Jahrhundert Starkstrom

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    AC/DC – da waren sie noch alle beieinander (von links): Malcolm Young, Brian Johnson, Phil Rudd, Angus Young und Cliff Williams.  Seit 50 Jahren sorgen AC/DC für musikalische Hochspannung.
    AC/DC – da waren sie noch alle beieinander (von links): Malcolm Young, Brian Johnson, Phil Rudd, Angus Young und Cliff Williams. Seit 50 Jahren sorgen AC/DC für musikalische Hochspannung. Foto: Epa Scanpix Johannessen Archivbild

    Die Energiekrise des vergangenen Winters haben wir ganz gut überstanden, die nächste werden wir wohl auch noch packen. Doch am Horizont zeichnet sich eine ab, die sich weder mit Flüssiggasimporten noch mit heimischen Holzpellets in den Griff bekommen lässt: AC/DC geht altersbedingt so langsam die Puste aus. Das ist bitter, haben sie doch die Rockwelt ein halbes Jahrhundert lang von Australien aus mit Starkstrom elektrisiert – und zwar so intensiv und ausdauernd, dass ihnen niemand anderer das Wasser oder besser gesagt den Stecker reichen konnte. Mit ihren hochvoltigen Live-Shows konnten sie Steine zum Tanzen bringen. Und nie war die Armee der Luftgitarristen größer als vor einer AC/DC-Bühne. 

    Jubiläum: AC/DC haben vor 50 Jahren zusammengefunden

    Vor ziemlich genau 50 Jahren fing das an: Im November 1973 sammelten die Brüder Angus und Malcolm Young ein paar Typen zusammen und gründeten mit ihnen eine Band, am Silvesterabend desselben Jahres standen sie zum ersten Mal auf einer Bühne. Doch erst mit dem Auftauchen eines gewissen Ronald Belfort "Bon" Scott wurde AC/DC so langsam zu dem Energiebündel, das die Rockwelt nachhaltig erobern sollte. Er schob den damaligen Sänger der Band, den er für einen Schwachkopf hielt, mal eben beiseite und übernahm das Mikro. Bon Scott war ein rauer Macho-Typ mit Haaren auf der breiten Brust und schundigen Knastbruder-Tattoos auf den Armen. Auf der Bühne aber strahlte er dieses charmante, augenzwinkernde Etwas aus, das der harten Musik die nötige Leichtigkeit verlieh. Scott war deutlich älter als die Young-Brüder und mit seiner Präsenz der richtige Frontmann, um die Band durch die Bars, Kneipen und kleinen Konzertsäle zu führen, in denen der Alkohol in Strömen floss und eine Schlägerei zu einem gelungenen Abend dazugehörte wie die Faust aufs Auge. Als er sich auf dem Höhepunkt des ersten Erfolgs 1980 zu Tode trank und sich auf dem von ihm selbst beschworenen "Highway To Hell" begab, suchte sich die Band mit Brian Johnson einfach einen neuen Sänger, der weniger gefährlichen Sex verströmte, dafür mehr schwitzende Arbeiter-Kumpeligkeit.

    Die Zwei ziehen bei AC/DC die Show: Sänger Brian Johnson und Leadgitarrist Angus Young.
    Die Zwei ziehen bei AC/DC die Show: Sänger Brian Johnson und Leadgitarrist Angus Young. Foto: Emilio Naranjo, dpa (Archiv)

    Bon Scott bildete zusammen mit dem kleinen hyperaktiven Angus in den 1970er-Jahren ein unschlagbares Bühnen-Duo. Während der eine die Mädchen beeindruckte, holte der andere mit seinem ekstatischen Gitarrenspiel die Jungs ab. Dass sich seine Zappel-Show zum Markenzeichen entwickelte, hatte er angeblich seinem Bruder Malcolm zu verdanken, der ihm vor einem Freiluft-Auftritt im April 1974 einen Rat gab. Angus hatte damals Angst vor dem Publikum und fragte den älteren Bruder: "Glaubst du, sie werden mich da draußen umbringen?" Der soll ihm geantwortet haben: "Du solltest besser ein bisschen herumspringen!" Das Zappeln wurde zu einer Überlebensstrategie vor einem stets krawallwilligen Publikum. "Ich weiß noch, wie ich an einem Abend ins Publikum blickte, und das war wie ein Pack von Mördern, deren Blicke zu sagen schienen: ,Schickt uns den kleinen Typen in den Shorts!' Ich dachte, wenn ich stillstehe, werde ich zur Zielscheibe für die Kerle, die Flaschen werfen. Also hörte ich nie auf, mich zu bewegen", erzählte er in einem Interview. 

    Bei AC/DC war Malcolm Young stets der Chef

    Neben der Zappelei war und ist sein Markenzeichen die Schuluniform, die irgendwie an ihm festgewachsen scheint. Malcolm soll ihm empfohlen haben, das Standard-Outfit der Ashfield Boys High School auf der Bühne zu tragen. Überhaupt Malcolm: Der 2014 verstorbene Gitarrist stand stets im Bühnenhintergrund vor seinem Verstärker und ließ die zwei Frontleute ihre Show abziehen, während er den Rhythmusknecht gab. Doch er war der Anführer dieses räudigen Rudels von Straßenkötern. Er war der Riffmeister. Seine Rhythmusarbeit? Ein Wunder an purer Ökonomie, die Essenz der Rockmusik. Er schaffte das Kunststück, den Riff-Rock von AC/DC mit minimalen Mitteln maximal erfolgreich zu machen, mit simplen, aber swingenden Akkordfolgen, die durch die ständige Wiederholung die Menschen hypnotisierten. Die Musik knipst das Hirn aus, schaltetet den Rest des Körpers auf Autopilot: Folge dem Riff, folge dem Groove und beweg deinen Hintern. Dazu lieferten der Minimal-Trommler Phil Rudd und der stoische Bassist Cliff Williams den granitsoliden Rhythmus. Das ist das simple Erfolgsrezept von AC/DC: Nie mehr zu spielen als unbedingt nötig, aber das dafür unnachahmlich und in betäubender Lautstärke. 

    Bei AC/DC ging es immer um Übertreibung

    Ein halbes Jahrhundert haben sie das nun getan, ohne sich auch nur um ein Jota von der Stelle zu bewegen. Sie sind eine der konservativsten Bands dieses Planeten und werden gerade dafür geliebt. Bei AC/DC weiß man immer, was man bekommt, doch das dafür in hoher Dosis. Bumm-Zack-Hardrock, auf den sich mittlerweile irgendwie alle einigen können. Bei den Texten hört eh niemand so genau hin. Die strotzen immer noch vor sexuellen Anspielungen oder besser: sexistischen Zeilen. Was allerdings der Popularität der Band niemals wirklich geschadet hat, auch bei vielen Frauen nicht. Die Gruppe wiederum beteuert, sie meine das alles gar nicht so. Angus Young sagte erst vor drei Jahren in einem Interview, AC/DC wollten gar nicht "so furchtbar ernst genommen" werden. "Es ging immer auch um Übertreibung." Sein Bruder Malcolm erklärte mal, dass die Worte eigentlich nicht wichtig seien: "Wir sind nicht wie irgendeine Macho-Band. Wir nehmen die Musik weit ernster als die Texte, die sind nur Wegwerf-Zeilen." 

    Nachdem AC/DC vor drei Jahren ihr letztes, ganz okayes Studioalbum "Power Up" rausgebracht haben, sind künftig eher keine Großtaten mehr zu erwarten: Brian Johnson ist im Prinzip taub, Phil Rudd durfte im September bei einem Live-Comeback in Kalifornien mal wieder nicht mitspielen und Cliff Williams hatte sich eigentlich schon aufs Altenteil zurückgezogen. Ist aber egal, man kann sich ja noch an dem heißen Zeug wärmen, das sie uns in 50 Jahren hinterlassen haben. 

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