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Ziemetshausen: Wenn lauter Krach heilig ist: Bischof Meier eröffnet Rätschenzeit

Ziemetshausen

Wenn lauter Krach heilig ist: Bischof Meier eröffnet Rätschenzeit

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    Die rund 70 Ministrantinnen und Ministranten lassen es bei der Eröffnungsaktion auf dem Kirchplatz ordentlich krachen.
    Die rund 70 Ministrantinnen und Ministranten lassen es bei der Eröffnungsaktion auf dem Kirchplatz ordentlich krachen. Foto: Mira Herold-Baer

    Sonderlich schön ist dieser Klang nicht. Das Rätschenkonzert kann eher als laut, gar unangenehm beschrieben werden. Nach christlicher Tradition soll es das auch sein - ein knatternder Lärm in den Ohren. Ohrenbetäubend sind die rund 70 Kinder und Jugendlichen allemal, als sie am Montag das Start-Getöse für die diesjährigen Rätschaktionen geben. Gemeinsam mit Bischof Bertram Meier drehen die Ministranten in Ziemetshausen eifrig an der weltweit größten Rätsche.

    Es ist die Eröffnungsfeier für die diözesane Rätschaktion. Bischof Meier hält im lila Messgewand den Gottesdienst, die Kirche ist fast ausschließlich voller junger Leute. Denn diesen Tag lassen sich viele der Ministrantinnen und Ministranten nicht entgehen. Etwa 70 sind gekommen, alle haben eine Rätsche dabei. Im Gottesdienst wendet sich der Bischof direkt an die Mädchen und Jungs: "Frage an euch: Warum gibt es eigentlich die Rätsche?"

    Bischof Bertram Meier bei seiner Predigt in der Kirche in Ziemetshausen.
    Bischof Bertram Meier bei seiner Predigt in der Kirche in Ziemetshausen. Foto: Mira Herold-Baer

    Es folgt eine kurze Stille, bis sich ein Junge traut: "Weil an Karfreitag die Kirchenglocken nicht läuten." Verstummen werden die Glocken sogar schon am Gründonnerstag zum Glorialied der Messe. Und damit zum letzten Abendmahl Jesu, das Schweigen ist ein Zeichen der Trauer über den Tod. Laut Volksmund fliegen die Glocken an diesem Tag nach Rom. Doch mit dieser Erzählung weiß der Bischof nichts anzufangen: "Dass die Glocken nach

    Still bleibt es am Karfreitag nicht

    Ob nun mit Glocken in Rom oder Ziemetshausen, still bleibt es am Karfreitag jedenfalls nicht. Dafür sorgen die Ministrantinnen und Ministranten, die mit ihren Rätschen durch die Städte und Gemeinden ziehen. Zu früheren Zeiten bekamen sie dafür Eier und Speck, später wechselte die Belohnung zu einem Geldsegen. Noch vor Jahrzehnten stellte das Geld den Jahreslohn für die jungen Gottesdiener dar, heutzutage müssen sie teilen. Die Hälfte des eingesammelten Erlöses wird gespendet, in der Diözese Augsburg seit 25 Jahren an ein Projekt von "Eine Welt". 

    In diesem Jahr kommen die Spenden der Organisation „HOSFA“ in Mityana in Uganda zugute. Die Organisation bietet an einer Berufsschule Kurse in Solartechnik an, von dem Geld werden Werkzeuge und Ausbildungsmaterial finanziert. Im vergangenen Jahr sammelten die 36 Ministranten-Gruppen knapp 18.000 Euro. Johannes Müller von Aktion Hoffnung ist von dieser Zahl nach wie vor beeindruckt. Er begleitet die Rätschaktionen seit vielen Jahren. Dabei hat er schon viel kindlichen Einfallsreichtum gesehen. "In Tussenhausen fuhren die Minis ihre riesige Rätsche einmal auf einer Ape durch die Gemeinde", erinnert sich Müller mit einem Schmunzeln.

    Die drei Minis zeigen vor der weltweit größten Rätsche aus Augsburg ihre Instrumente.
    Die drei Minis zeigen vor der weltweit größten Rätsche aus Augsburg ihre Instrumente. Foto: Mira Herold-Baer

    Ihre riesige Rätsche brachten die Tussenhauser Ministranten nach Ziemetshausen mit. Der ehemalige Oberministrant erklärt, wieso er und seine Kumpels das Instrument gebaut haben: "Na ja, wenn Augsburg so 'ne große Rätsche hat, dann wollen wir auch eine." Ganz sind sie nicht an das Augsburger Instrument rangekommen, denn dieses überragt selbst den Ziemetshauser Bürgermeister Ralf Wetzel. Bevor er gemeinsam mit Bischof Meier an der weltgrößten Rätsche aus Augsburg kurbelt, hebt der Bürgermeister in einer Rede den besonderen kulturellen Stellenwert des Rätschens in der Gemeinde hervor: "Bei uns hat die katholische Kirche seit Jahrhunderten einen besonderen Stellenwert. Wer Ziemetshausen kennt, weiß, dass das kein Lippenbekenntnis ist."

    Als Bischof Meier und Bürgermeister Wetzel schließlich das laute Konzert eröffnen, rollen im Getümmel hin und wieder kleine Bälle umher. Warum diese so ungewohnt aussehen, erklärt Ministrantin Romina Diwisch: "Die Bälle haben Kinder aus Uganda gemacht. Sie bestehen aus getrockneten Bananenblättern, die dann zusammengebunden werden." Einige der Bananenbälle sind mit bunten Schnüren geschmückt. Die Bändel konnten die Kinder nach dem Gottesdienst an einer der Stationen des Parcours abholen. Bei dem Rundlauf dreht sich alles um den Bananenball: Dosenwerfen, Eierlaufen, Kegeln, Torwandschießen. An diesem Tag haben nicht nur die Kinder in Uganda Spaß mit den runden Bananenblättern.

    Beim Torwandschießen zeigen die Ministrantinnen und Ministranten ihr Können mit dem Bananenball.
    Beim Torwandschießen zeigen die Ministrantinnen und Ministranten ihr Können mit dem Bananenball. Foto: Mira Herold-Baer

    Bischof Meier erinnert in seiner Predigt auch an die dunklen Tage, die derzeit herrschen: "Es sind nicht nur die großen Konflikte, wie in Israel oder in der Ukraine. Auch bei uns gibt es Kleinkriege." Vor allem die "finsteren Praktiken im Internet", wie Fake News, bereiten ihm große Sorgen. Er appelliert an den Verstand der jungen Ministrantinnen und Ministranten: "Lasst euch nie in solch einen Sog hineinziehen."

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