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Neu-Ulm: Wenn ein falscher Offizier die Zeche prellt

Neu-Ulm

Wenn ein falscher Offizier die Zeche prellt

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    Ein „falscher Offizier“ musste sich jetzt vor Gericht verantworten (Symbolbild).
    Ein „falscher Offizier“ musste sich jetzt vor Gericht verantworten (Symbolbild). Foto: Picture Alliance/dpa

    Nett war der Herr Oberstleutnant und außerdem durstig. Und irgendwie wohl auch vertrauenswürdig: Denn der Wirt eines Gasthauses im Rothtal schrieb dem Gast nicht nur die Zeche in Höhe von zehn Euro (angeblich für vier Bier) an, sondern er lieh dem Mann auch noch 40 Euro. Der versprach, bald in Begleitung durstiger Kameraden zurückzukehren und dann die Schuld zu begleichen. Der Zecher ließ eine Telefonnummer und Namen zurück, der Gastronom sah ihn allerdings nie wieder, weshalb er Anzeige erstattete. Nun stand der mutmaßliche Zechpreller in Neu-Ulm wegen Betrugs vor Gericht.

    Dabei kam ans Licht: Es war keineswegs die erste krumme Tour des 49-Jährigen, der 20 Jahre seiner Lebenszeit in Gefängnissen gesessen hat, einen Teil davon noch in der DDR, wie Amtsgerichtsdirektor Thomas Mayer mit Blick in die umfangreichen Akten ermittelt hatte. Ein Oberstleutnant sei der Mann zwar nicht, wohl aber ein „Untermieter“ – und zwar in der Justizvollzugsanstalt in Kempten, wie der Richter weiter feststellte.

    Der Angeklagte, der in Handschellen von Polizisten in den Saal geführt wurde, räumte die Tat ein. Er habe den Wirt nicht betrügen wollen, allerdings sei ihm kurz nach dem Besuch des Gasthauses das Handy „abhandengekommen“ und damit der Kontakt zum Gläubiger. Zudem sei er wegen seiner Zuckerkrankheit im Krankenhaus behandelt worden und habe deshalb „nicht mehr daran gedacht“.

    Das wollte Mayer dem Mann offenkundig nicht so recht abnehmen, immerhin ergab ein Blick ins Vorstrafenregister 40 Eintragungen, die meisten davon einschlägig. „Sie machen einen unwahrscheinlich vertrauensseligen Eindruck, sodass ihnen die Leute glauben“, sagte der Richter, dem der Mann von Amtswegen kein Unbekannter ist. Mit der Zahl an Verurteilungen sei der 49-Jährige sein „Spitzenreiter“, wie Mayer sagte. Dabei habe sich der Mann nie „große Dinge“ zuschulden kommen lassen: Mal „lieh“ er sich 20 Euro in einem Geschäft in Leipzig, mal 70 in einer Apotheke in Langenau. Oft unter dem Vorwand, in einer Notlage zu sein, wie es im Gerichtssaal hieß.

    In vielen Fällen zahlte der Mann die Summen nicht zurück, weshalb Strafen folgten. Verurteilt wurde er bereits in Neu-Ulm,

    Der Angeklagte betonte, zuletzt vier Jahre krankgeschrieben gewesen zu sein, äußerte sich sonst eher knapp und empfahl sich schließlich ganz in die Obhut des Gerichts. „Ich lasse Sie entscheiden“, sagte er zu Mayer. Was der Angesprochene auch tat: Eine günstige Sozialprognose sah er bei dem 49-Jährigen nicht – weshalb er ihm, wie von der Staatsanwältin beantragt, wegen Betrugs in zwei Fällen (Zeche und Leihgabe) eine Haftstrafe von vier Monaten ohne Bewährung aufbrummte.

    Mayer entließ den Mann zurück ins Gefängnis nach Kempten, wo er aktuell aufgrund eines Urteils des Amtsgerichts Ulm einsitzt – nicht ohne ihm noch ins Gewissen zu reden: „Sie können diese Scheinwelt nicht ewig aufbauen“, sagte Mayer und fragte: „Wollen Sie ihre Rente denn im Knast verbringen?“ Der arbeitslose Mann müsse mit dem Geld auskommen, was ihm der Staat ausbezahle. Oder sich eben ein Zubrot verdienen. Richter Mayer äußerte dazu eine konkrete Idee: „Schreiben Sie doch Ihre Memoiren über Ihre Erfahrungen im Gefängnis. Damit könnten Sie sicher Geld verdienen.“

    Der Angeklagte nahm das Urteil äußerlich gelassen hin, behielt sich jedoch vor, Rechtsmittel einzulegen. Das Urteil ist demnach nicht rechtskräftig.

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