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Nattenhausen: So stärkt Claudia Snehotta in Nattenhausen die Resistenz gegenüber Stress

Nattenhausen

So stärkt Claudia Snehotta in Nattenhausen die Resistenz gegenüber Stress

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    Herzarbeiterin Claudia Snehotta aus Nattenhausen erklärt, warum Resilienz gerade in Pandemie-Zeiten so wichtig ist.
    Herzarbeiterin Claudia Snehotta aus Nattenhausen erklärt, warum Resilienz gerade in Pandemie-Zeiten so wichtig ist. Foto: Marc Hettich

    Im Führungsmeeting eines Münchner Unternehmens. Eine Frau betritt den überwiegend mit Männern besetzten Raum. Eine Hand hat sie in der Hosentasche. Einer der Kollegen hat sie bereits mehrfach vor versammelter Runde beschämt. Doch diesmal ist sie vorbereitet. In der Hosentasche der Frau befindet sich eine rote Clownsnase. Diese soll sie daran erinnern, mutig den gewohnten Rahmen zu verlassen. Als wie erwartet ein verbaler Angriff erfolgt, reagiert sie gelassen: „Haben Sie heute schlecht geschlafen? Soll ich Ihnen vielleicht einen Kaffee bringen?“

    Diese kleine Geschichte hat eine Freundin von Claudia Snehotta so erlebt. Kennengelernt haben sich die beiden beim Jahrestraining „Der Clown als Spieler, Heiler und Lehrer“. „Es geht darum, den destruktiven Bereich zu verlassen und den Freiraum zu betreten, um spielerisch zu agieren“, erinnert sich die in Schießen geborene Nattenhauserin. Das bringe Leichtigkeit und Freude und gestalte wertschätzende Beziehungen. Im März 2021 - mitten in der Pandemie - hat sie sich selbstständig gemacht. Aber nicht etwa als Clownin, sondern unter dem Eigennamen „Herzdasein“ mit Seminaren und Coachings. Die Basis dafür hat sie bei einem mehrjährigen Ausbildungstraining in der Schweiz erarbeitet. Der mittlerweile verstorbene Burkhardt Kiegeland brachte ihr die sogenannte „Herzarbeit“ bei. Was verbirgt sich hinter diesem abstrakten Begriff?

    „Ziel ist, tief in sich selbst hineinzuhorchen“, erklärt die Mutter zweier Töchter. „Es gilt, das eigene Innenleben zu entdecken und anzunehmen.“ Das klingt zunächst einfach. „Das ist im Alltag jedoch eine Herausforderung.“ Es gehe oft nur darum, zu funktionieren. „Das geht schon, du musst dich nur anstrengen“ - das bringen wir schon unseren Kindern bei. Ein „Das ist nicht so schlimm“ bringe Heranwachsende dazu, ihren eigenen Gefühlen nicht mehr zu trauen. Die Folge sei, dass wir nicht mehr richtig damit umgehen können. „Jedes Gefühl trägt eine Kraft in sich, die dazu dient, unser Leben wirkungsvoll zu gestalten.“

    Die Nattenhauserin ist Montessori-Pädagogin

    In Claudia Snehottas Seminaren lernen Menschen diese Kraftaspekte kennen und erfahren harmonische Wege, mit ihren Gefühlen umzugehen. Dazu sei Körperarbeit, Atemarbeit und Emotionsarbeit förderlich. „Viele Menschen wissen auf einer rationalen Verstandesebene sehr genau, was sie blockiert“, stellt die gelernte Montessori-Pädagogin fest. „Diese Erkenntnis muss vom Hirn ins Herz und von da aus in den Körper rutschen und dort verankert werden.“ So kämen die Menschen in ein authentisches Handeln.

    In ihren Seminaren schafft Claudia Snehotta das passende Umfeld. Sie betont, dass ihre Arbeit sehr bodenständig sei. Die Körperübungen seien langsame, sachte Bewegungen, die jeder für sich praktiziere, mit dem Ziel, den Körper empfänglich zu machen. „Der Ausdruck ,Den eigenen Körper bewohnen’ fasst das sehr schön zusammen.“ Die Beschäftigung mit dem eigenen Innenleben sei Teil der Arbeit. Meditation und Stille fänden ebenso Raum wie spaßige und humorvolle Elemente.

    Das seien auch wichtige Voraussetzungen, eine gute Resilienz aufzubauen. Ein weiteres Schlagwort, das im Kontext mit der Pandemie und ihren sozialen Folgen häufig auftaucht. „Damit ist die psychische Widerstandsfähigkeit gemeint“, weiß die Dozentin, die ein Psychologiestudium abgeschlossen hat. Corona habe wie ein Verstärker viele Missstände sichtbarer gemacht. „Als habe jemand eine Decke weggezogen und zum Vorschein gebracht, was darunter schon lange rumort hat“, erklärt sie, und benennt konkrete Bereiche: „Die soziale Ungleichheit, die Ausbeutung von Menschen und Tieren, unser Umgang mit der Natur.“ Spätestens die gegenwärtige extreme Wettersituation zeige, dass ein Wandel notwendig sei. „Expert:innen und junge Menschen versuchen uns das schon lange klarzumachen“, fügt sie hinzu. Ihre Arbeit sehe sie als ihren Beitrag zu einem Wandel. Herzarbeit stärke die Achtsamkeit und Wertschätzung für das eigene Leben und damit gleichwohl auch das Mitgefühl für die Näherin und den Textilfärber eines T-Shirts, das für 1,99 Euro bei uns verkauft wird.

    Snehotta über die Säulen für eine gesunde Resilienz

    Wie können Menschen ihre durch eingeschränkte soziale Kontakte, fehlendes Vereins- und Kulturleben und digitale Überlastung geschwächte Resilienz stärken? Klassischerweise bilden sieben Säulen das Fundament für eine gesunde Resilienz: Vertrauen, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Lösungsorientierung, Akzeptanz, soziale Netzwerke sowie Ziel- und Zukunftsorientierung. Claudia Snehotta verdeutlicht das anhand einer bildlichen Umschreibung: „Das Schilfrohr bewegt sich bei Wind und Sturm, aber es bricht nicht. Es ist beweglich, kämpft nicht gegen das Unvermeidliche, ist flexibel und anpassungsfähig. Es wächst und reift beständig, es wird stark – aber nicht starr. Obwohl es in der Erde verwurzelt ist, ist es doch frei, bei Sonnenschein zu wachsen und zu gedeihen und sich geschmeidig im Wind zu wiegen.“ Diese gesunde Mischung aus Anpassungs-, Widerstands- und Veränderungskraft spiegle eine ideale Resilienz wieder.

    Entscheidend sei, diese Erkenntnis in den Alltag zu integrieren. Der 48-Jährigen scheint das gut zu gelingen, denn sie wirkt sehr mit sich im Reinen. Wenn sie mit ausladenden Gesten begeistert erzählt, strahlt sie mit den zahlreichen Blumen in ihrem Garten um die Wette. Das satte Grün im idyllischen Nattenhausen verbreitet eine harmonische Atmosphäre zwischen buddhistischem Zen-Garten und ur-schwäbischer Blühwiese. „Unser Wohnhaus wird gerade zum Gästehaus umgebaut“, erläutert sie. Im Juni und Juli hat die Herzarbeiterin mit Schnupperseminaren losgelegt. Im September stehen Workshops für die Schüler an der Montessori-Schule in Weißenhorn an. Nach der Fertigstellung der eigenen Seminarräume, die direkt an ihr heimisches Gartenidyll angrenzen, hat sie große Pläne. „Ich möchte Tages- und Wochenendseminare und Kurse über längere Zeiträume anbieten – inklusive Übernachtungsmöglichkeit. “Denn nachhaltige Herzarbeit erfordere Zeit und eine Vertrauensbasis zwischen ihr als Referentin und allen Teilnehmenden. Lachend fügt die Nattenhauserin hinzu: „Und eine Clownsnase in der Hosentasche hat auch noch keinem geschadet“.

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