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Nattenhausen: Einst teilten sich vier Dörfer eine Feuerwehrspritze

Nattenhausen

Einst teilten sich vier Dörfer eine Feuerwehrspritze

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    Die Freiwillige Feuerwehr Nattenhausen im Jubiläumsjahr. Mit auf dem Foto auch die Mädchen und Buben der Kinder- und Jugendfeuerwehr.
    Die Freiwillige Feuerwehr Nattenhausen im Jubiläumsjahr. Mit auf dem Foto auch die Mädchen und Buben der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Foto: Alois Thoma

    Vier Gemeinden teilen sich eine Feuerwehrspritze! „Unvorstellbar“ wird sich heute mancher denken. Und doch gab es das. Bevor nämlich die Freiwillige Feuerwehr Nattenhausen am 24. April 1873 gegründet wurde, musste sie sich die Spritze mit den Gemeinden Ebershausen, Zaiertshofen und Seifertshofen teilen. Stationiert war diese im zentral gelegenen Seifertshofen. Erst nach der Vereinsgründung bekamen die 24 Nattenhauser Floriansjünger dann eigene Gerätschaften, darunter eine vierrädrige Druckspritze. Je nach Kassenlage und der Spendenfreudigkeit von Unterstützern wurde die Ausrüstung immer wieder auf den neuesten Stand gebracht. 

    Der Ökonom Johann Kling wurde bei der Gründung zum ersten Vorstand und der Ökonom und Schreinermeister Wilhelm Gschwilm zum Kommandant gewählt. Letzterer hatte dieses Amt von 1873 bis 1907, also 34 Jahre, inne. Nur der Kommandant Zacharias Thoma (1907 bis 1937) kam auf eine ähnlich lange Amtszeit. 

    Im Jahr 1901 gab es einen großen technischen Fortschritt. Die Firma Hilber und Miller, Löschmaschinenfabrikant aus Krumbach, fertigte für die Feuerwehr Nattenhausen eine handbetriebene Saug- und Druckspritze zum Preis von 1350 Mark. Acht Jahre später gab es wieder einen Grund zum Feiern. Dank der Spendenfreudigkeit der ehrgeizigen Wehrmänner und der Dorfbewohner konnte eine neue Feuerwehrfahne beschafft werden, die dann bei einem Fest mit 18 Gastvereinen unter anderem mit Festgottesdienst und Festzug und Blasmusik-Unterhaltungsprogramm eingeweiht wurde. 

    Im Krieg mussten Frauen an die Spritze in Nattenhausen

    Während des Zweiten Weltkriegs übernahmen "tapfere und mutige Damen“ laut Chronik die aktiven Aufgaben der Wehr, nachdem alle wehrfähigen Männer zum Krieg eingezogen worden waren. Unter der Führung eines kriegsversehrten einbeinigen Ex-Feuerwehrmanns, welcher stellvertretend die Aufgaben des Kommandanten übernahm, konnte der Feuerwehrschutz in dieser Zeit aufrechterhalten werden.

    In den Folgejahren stiegen die Mitgliederzahlen des Vereins und die technische Ausrüstung. So erhielt die Wehr unter dem damaligen Vorstand und Altbürgermeister Zacharias Spaun (1947 bis 1972) eine neue Motorspritze TS 8. Mit verschiedenen Leistungsabzeichen wurde auch ein guter schulischer Leistungsstand der Löschmänner erreicht. Wie andere Feuerwehren auch, litten die Nattenhauser unter Industrialisierung und daraus resultierender Landflucht. Viele Wehrmänner arbeiteten auswärts und konnten im Ernstfall nicht vor Ort sein. Deutlich wurde dies zum Beispiel beim Brand des Stalles und Stadels von Jakob Schweikard am 6. Dezember 1972, bei dem das Feuer alles vernichtete. Erfolgte die Alarmierung in Nattenhausen im Ernstfall und zu den Feuerwehrübungen bis dahin noch durch Hornsignal, so beschloss die Gemeinde dann im Jahr 1973 die Installation einer Feuerwehrsirene.

    1973 feierte die 34 aktive Mitglieder zählende Feuerwehr unter Kommandant und Vorstand August Schmid das 100-jährige Bestehen drei Tage lang. 1995 bezog die Wehr das neue, in die „alte Schule“ integrierte, Gerätehaus und hatte dadurch sichtlich mehr Platz. Hier gab es erstmals auch eine Toilette, Waschmöglichkeiten, einen Ausbildungsraum sowie eine Heizung. Im Jahr 2008 beschaffte die Gemeinde als Ersatz für den veralteten Anhänger einen neuen Tragkraftspritzenanhänger inklusive neuer Pumpe. Unter der Organisation des Kommandanten Armin Blösch wurden mehrere Truppmann-Ausbildungen in Kooperation mit weiteren Wehren absolviert. 

    Die von Pferden gezogene Saug- und Druckspritze aus dem Jahr 1901 wurde bei einem Festumzug der Bevölkerung von Nattenhausen präsentiert.
    Die von Pferden gezogene Saug- und Druckspritze aus dem Jahr 1901 wurde bei einem Festumzug der Bevölkerung von Nattenhausen präsentiert. Foto: Alois Thoma

    Ab 1973 gab es eine Feuerwehrsirene für Nattenhausen

    Um die Einsatzbereitschaft auch tagsüber aufrechtzuerhalten, wurden 2019 Frauen in die Wehr integriert und sich um Nachwuchs bemüht. Und das mit Erfolg. Dank Info- und Schnuppertagen mit Kindern und Jugendlichen aus Nattenhausen konnte mit 19 Anwärtern eine Jugend- und Kinderfeuerwehr gegründet werden. Während der übungsfreien Zeit der Corona-Pandemie wurde der Kinder- und Jugendfeuerwehr ein eigenes Fahrzeug gebaut mit sämtlichen Gerätschaften für einen Löschaufbau in der kleinstmöglichen Ausführung. Dieses Engagement wurde zusammen mit der Feuerwehr Breitenthal mit dem ersten Platz der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg im November 2021 ausgezeichnet und mit einem Preisgeld von 1500 Euro honoriert. Des Weiteren starteten die Kommandanten Armin Blösch und Nicolai Ziegler eine Digitalisierungsoffensive. Das heißt: Neben digitalen Funkgeräten wurde auch die SMS-Alarmierung, welche die Sirene unterstützt, auf eine moderne App-Alarmierung umgestellt. Mit der Mobilfunkanwendung „FF-Agent“ können nun auch Einsatzschlagworte und Einsatzort übertragen werden. Gleichzeitig können über diese Applikation dem Gruppenführer auch Rückmeldungen über das Anrücken der Einsatzkräfte geschickt werden. Vervollständigt wird die Anwendung durch einen großen Bildschirm im Gerätehaus, welcher nochmals alle einsatzrelevanten Informationen auflistet.

    Feiern wird die im Jubiläumsjahr 45 Aktive, elf Jugendliche und acht Kinder zählende Wehr mit Kommandant Ziegler und Vorstand Andreas Rubenwolf den 150. Geburtstag mit einem zweitägigen Fest und folgendem Programm:

    Samstag, 1. Juli: 18 Uhr Festauftakt mit dem Musikverein Nattenhausen; 21 Uhr Stimmungsabend mit der Partyband „Die Dorfheiligen“
    Sonntag, 2. Juli: 8.45 Uhr Kirchenzug zum Festplatz; 9 Uhr Festgottesdienst; anschließend Festakt mit Ehrungen sowie Frühschoppen mit dem Musikverein Breitenthal; 14 Uhr Kinder- und Familiennachmittag; 18 Uhr Festausklang mit dem Musikverein Deisenhausen

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