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Nattenhausen: An der Leistungsgrenze

Nattenhausen

An der Leistungsgrenze

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    Nicht nur die Milchkühe sind allmählich an ihrer Leistungsgrenze angelangt. Auch die Landwirte geraten in dem zunehmenden Preiskampf immer stärker unter Druck. Beim Hofgespräch in Nattenhausen appellierte der Bauernverband an die Verbraucher, mehr Verantwortung beim Einkauf zu übernehmen. (Symbolbild)
    Nicht nur die Milchkühe sind allmählich an ihrer Leistungsgrenze angelangt. Auch die Landwirte geraten in dem zunehmenden Preiskampf immer stärker unter Druck. Beim Hofgespräch in Nattenhausen appellierte der Bauernverband an die Verbraucher, mehr Verantwortung beim Einkauf zu übernehmen. (Symbolbild) Foto: Sebastian Kahnert/Archiv (dpa)

    Den Kühen im Stall von Adolf Seitz in Nattenhausen scheinen die Probleme der Menschen ziemlich egal zu sein. Zufrieden kauen sie auf dem frisch gemähten Gras herum, dass ihnen Seitz morgens serviert hat.

    Keinen Cent mehr für bessere Haltungsbedingungen

    Doch den Bauern steht das Wasser allmählich bis zum Hals. Um auf die existenzbedrohende Preisentwicklung aufmerksam zu machen, hat der Bayerische Bauernverband Günzburg zum Hofgespräch nach Nattenhausen geladen. „Es geht an die Substanz“, sagt Michael Wiedemann, Kreisobmann des Bauernverbands. Nicht nur für Milch, sondern auch in der Schweinemast und der Ferkelzucht sinken die Preise. Die Ursachen dafür sind vielfältig.

    „Mit Sicherheit macht die Menge auch etwas aus“, sagt Seitz, der 80 Rinder, davon 32 Milchkühe, auf seinem Hof in Nattenhausen hält. Deutschlandweit sei die Milchmenge seit 2013 pro Jahr um zwei bis drei Prozent gestiegen. Wenn jetzt die Absatzmärkte in China lahmen, oder durch das Handelsembargo Russland als Abnehmer deutscher Milch ausfällt, macht sich das schnell bemerkbar. „Wenn das Fass voll ist, reichen nur wenige Tropfen, um es zum Überlaufen zu bringen“, sagt Seitz.

    Politische Vorgaben, etwa zu den Haltungsbedingungen oder die neue Düngeverordnung bringen oftmals einen hohen Investitionsaufwand für die Landwirte mit. Gerade die kleinen Betriebe werden dadurch zur Aufgabe gedrängt. Pro Jahr hängen Wiedemann zufolge etwa drei bis vier Prozent der Milchbauern hierzulande ihren Beruf an den Nagel. In der Schweinemast sieht es kaum anders aus. „Der Metzger zahlt mir keinen Cent mehr für bessere Haltung“, sagt Max Miller, stellvertretender Kreisobmann.

    Milchleistung erhöhen?

    Weil Biomilch einen deutlich besseren Preis erzielt, als die konventionell produzierte, stellen inzwischen viele Landwirte um. Doch vor allem für die Höfe in Mittelschwaben, die nicht allein von der Milchviehwirtschaft leben, sondern auch Ackerbau betreiben, ist die Umstellung wesentlich schwieriger, erklärt Matthias Letzing, Geschäftsführer des Bauernverbandes Günzburg. Um einen Biohof erfolgreich zu bewirtschaften, brauche es viel Erfahrung, die sich nicht von heute auf morgen sammeln lässt. Und auch in diesem Bereich wird der Druck, preisgünstig zu produzieren, größer.

    Sind die Preise für Milch im Keller, haben die Bauern natürlich immer die Möglichkeit, die Milchmenge bis zu einem gewissen Maß zu steigern. Seitz bezweifelt allerdings, ob es der „Weisheit letzter Schluss“ sei, „mit enormem Kraftfuttereinsatz die Leistung der Kühe zu erhöhen“. Einig sind sich die Landwirte darin, dass die Verbraucher den Lebensmitteln wieder mehr Wertschätzung entgegenbringen sollten. Im Schnitt gaben die Menschen in Deutschland im Jahr 2012 nur knapp 14 Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel aus, ermittelte das Statistische Bundesamt. So wenig wie in kaum einem anderen europäischen Land. Dabei gebe es durchaus Verbraucher, die mehr Geld dafür ausgeben könnten.

    Verbraucher soll seinen Ansprüchen gemäß handeln

    Kürzlich organisierten die Landwirte im Bauernverband eine Protestaktion beim Discounter Aldi in Günzburg. Er sei erschrocken gewesen, als er das Kilo mariniertes Schweinesteak für rund drei Euro im Sonderangebot gesehen habe, sagt Wiedemann. Die Landwirte fordern nur ein, dass die Verbraucher, wenn sie regionale Produkte und eine artgerechte Haltung der Tiere verlangen, diese Kriterien beim Einkauf auch honorieren. „Der Verbraucher will mitreden, wenn es um das Ausbringen der Gülle oder den Spritzmitteleinsatz geht. Wenn er Ansprüche an die Produktion stellt, muss er auch danach handeln“, fordert Letzing.

    Es gehe nicht darum, „Barmherzigkeit“ einzufordern, sondern auf die „massiven wirtschaftlichen Probleme“ der Landwirte aufmerksam zu machen, sagt Wiedemann. Zu denen trage bisweilen auch das Finanzamt bei. In diesem Jahr kommen nach den vergangenen guten Jahren, hohe Nachzahlungsforderungen und stattliche Vorauszahlungen auf die Bauern zu. Er wünsche sich die Möglichkeit einer steuerfreien Risikorücklage für die Landwirte, um Krisensituationen finanziell abzufedern, sagt Wiedemann. „Wir können nichts für die Chinakrise, das Russlandembargo oder die anhaltende Trockenheit.“ Ausbaden müssen sie die Bauern aber trotzdem.

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