Knapp eine Woche ist es nun her, dass das Hochwasser den Landkreis Günzburg traf. Bäche wurden zu reißenden Flüssen, sonst ruhige Seen überschwemmten Straßen und Wohngebiete. Mit der Flut wurden auch Hunderte Fische angespült und in eine lebensbedrohliche Falle gebracht: Sobald das Wasser wieder abfloss, waren die Fische in ihrer Pfütze gefangen. Ein Todesurteil, wenn da nicht ihre beherzten Retterinnen und Retter wären.
Die Hilfsbereitschaft von Menschen, deren Hab und Gut womöglich selbst vom Hochwasser bedroht war, beeindruckte den Günzburger Oberbürgermeister Gerhard Jauernig: "Als ich am Montagvormittag Auf der Bleiche unterwegs war, lagen da Dutzende von Fischen, die alle noch lebten. Und selbst in der Situation haben die Menschen noch gesagt: Jetzt helf’ ich erst den Tieren. Die Leute haben Wannen genommen, die Fische eingesammelt und zurück in die Günz gebracht."
Diese tierische Solidarität war vergangene Woche im ganzen Landkreis zu beobachten. Mit Keschern bewaffnet versuchten die Fischervereinsmitglieder, ihre Schützlinge wieder in das Heimatgewässer zurückzubringen. "Alle werden wir leider nicht retten. Selbst nach einigen Tagen waren manche Pfützen noch so tief, dass wir darin keinen Fisch fangen konnten", erklärt ein Mitglied des Fischereivereins Unterelchingen. Der Verein ist unter anderem zuständig für den Oberrieder Weiher. Hier hat das Hochwasser Beachtliches angerichtet: Freitagnacht brach der Damm zwischen dem großen Oberrieder Weiher und dem benachbarten, naturbelassenen Weiher – aus zwei Seen wurde quasi einer.
Der naturbelassene Weiher liegt zwei Meter höher als der erste Oberrieder Weiher, daher schwappte das ganze Wasser in den Letzteren hinüber, der sie nicht fassen konnte. Es gab keinen Halt, unaufhaltsam schoben sich die Wassermassen nach Nattenhausen und Breitenthal. Der Sportplatz verwandelte sich in ein Schwimmstadion, auch der neu gebaute Bauhof soff ab. Das Wasser schwappte durch Maschinen, nahm aus Kellern Heizöl mit und vermengte sich mit Gülle von den Feldern. Und diese Mischung lässt sich nun auch im Oberrieder Weiher wiederfinden. Laut dem Landratsamt kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es aufgrund von verendeten Tieren zu Verunreinigungen gekommen ist. "Also ich würde die nächsten Wochen nicht drin schwimmen", sagt der Angler.
In den Gewässern des schwäbischen Donautals lieber nicht schimmen
Das empfiehlt auch das Gesundheitsamt des Landkreises Günzburg: Die nächsten drei Wochen sollte nicht in den Gewässern gebadet werden. Denn diese Zeit benötigt das Landratsamt, um alle EU-Badeseen des wasserreichsten Gebiets in ganz Bayern zu überprüfen. Vor dieser Frist rät das Gesundheitsamt dringend von einem Bad ab: "So können beispielsweise Symptome wie Durchfall, Erbrechen oder Übelkeit auftreten und es könnte auch zu Bindehaut-, Wund- oder Hautentzündungen sowie zu allergischen Reaktionen kommen", wenn dennoch geschwommen werde.
Nicht nur bei den Menschen könnte die schlechte Wasserqualität negative Auswirkungen haben, die Schwermetalle und Felder-Fäkalien dürften insbesondere den Raubfischen zu schaffen machen. Laut dem Fischerverein Unterelchingen benötigt die Fischsorte viel Sauerstoff und am besten klares Wasser. Bei starker Verunreinigungen verstopfen die Kiemen.
Im schlimmsten Falle, wenn also viel im Wasser schwimmt, was dort nicht schwimmen sollte, könnte es übel werden: Die Schwebstoffe machen den See zusätzlich wärmer als üblich. Die warme Wassertemperatur führt zu einer starken Vermehrung von Algen. Die Wasserpflanzen sterben ab und bieten Nahrung für Bakterien. Zersetzende Bakterien sind aerob und benötigen Sauerstoff, den sie dem See entziehen. Wärme, Bakterien, Sauerstoffmangel – der See kippt um.
Die Badeseen in Günzburg werden alle vier Wochen überprüft
Ob es in einigen Gewässern im Laufe des Sommers so weit kommen wird, können selbst die erfahrenen Angler nicht einschätzen. Denn eine mögliche verschlechterte hygienisch-mikrobiologische Qualität der Seen lässt sich nicht mit dem bloßen Auge erkennen. Das Gesundheitsamt muss Proben entnehmen und diese in einem Labor auswerten. In der Bade-Hauptsaison zwischen Mai und September werden die Gewässer laut Landratsamt ohnehin alle vier Wochen überprüft. Wenn daraufhin eine Verunreinigung des Badesees festgestellt wird, wird die Bevölkerung entsprechend informiert und ein Badeverbot ausgesprochen.
Nach dem Hochwasser sieht die Lage jedoch anders aus: Es besteht ein allgemeines Badeverbot in den Gewässern des schwäbischen Donautals, das erst nach den Tests wieder aufgehoben wird. Doch nicht nur Krankheitserreger, ungeklärtes Abwasser, Tierkadaver und Heizöl stellen laut Gesundheitsamt ein Problem dar. Auch Äste und Müll, die in den getrübten Gewässern nicht direkt sichtbar sind, können gefährlich werden. Unfälle aufgrund einer starken Strömung in den Fließgewässern sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.