13-Jährige im Frack auf der Bühne, begleitet beim Auftritt von Profipianisten, so etwas befremde sie, sagt Gesangspädagogin Marianne Altstetter aus Wattenweiler. Derlei Kuriositäten könne man bei "Jugend musiziert" sehen, dem seit 1963 durchgeführten bundesweiten Wettbewerb für den musikalischen Nachwuchs in Deutschland, und zwar nicht gerade selten. Vor allem aber ärgere sie sich über die Wettbewerbsverzerrung, wenn ein Profimusiker ins Geschehen eingreife, und das sei inzwischen Normalität, nicht Ausnahme. Umso mehr sei die Leistung ihrer beiden Schüler Hannes und Hendrik Haider zu würdigen, die gemeinsam beim diesjährigen Landesentscheid von "Jugend musiziert" großen Erfolg hatten und nur um einen Punkt den ersten Platz verfehlten.
Hannes, elf Jahre alt, sang Knabensopran, Bruder Hendrik, 15 Jahre alt, spielte die Klavierbegleitung. Seit Ende November hatten sich die beiden unter Anleitung von Marianne Altstetter auf den Auftritt Ende März vorbereitet. Streng sind die Vorgaben für die Teilnahme am Wettbewerb. Hannes Haider hatte ein Lied solo vorzutragen. Er entschied sich für "When Israel Was in Egypt’s Land". Weiterhin waren drei Gesangsstücke mit Klavierbegleitung zu absolvieren, Originalkompositionen aus verschiedenen Jahrhunderten und unterschiedlichen Gattungen.
Schnell können sich die Haider-Brüder auf einen neuen Stil umstellen
Das Kunstlied "Schmetterling" von Johann Abraham Peter Schulz, eine Arie aus Glucks Oper "Die Pilger von Mekka" und eine Vertonung des "Vater unser" von Arvo Pärt forderten von Hannes und Hendrik Haider vor allem auch die Fähigkeit, sich von einem Augenblick auf den anderen auf einen neuen Stil, ein anderes musikalisches Empfinden, auf eine andere Emotionalität umzustellen.
Beim Pressetermin im Dachstudio von Marianne Altstetter trugen sie ihr Programm nochmals vor, klangschön, sicher und mit sichtlicher Freude an der Aufgabe. Alles andere als selbstverständlich ist es schließlich, dass Jungs in diesem Alter sich mit der Musik früherer Jahrhunderte oder geistlichem Liedgut anfreunden können. Zwar spielt Hendrik Haider auch gern mal Popmusik oder den Soundtrack von "Der Fluch der Karibik", doch sei er, und darauf legt er Wert, für Musik jeglicher Art offen.
Das ist eben auch eine Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb. Eine andere ist der Fleiß, täglich zu üben, eine weitere die Geduld. Völlig gelassen singt Hannes Haider seine Übungen zum Einsingen und zur Stimmbildung. Wie ein alter Hase absolviert er die Tonleitern, die Übungen zum Vokalausgleich oder die Minikoloraturen zum Training der Geläufigkeit. "Läuft", kommentiert Marianne Altstetter salopp. Die Brüder sind konsequent bei der Sache und fuhren im letzten Jahr als Gesangsduo zum Bundesentscheid von "Jugend musiziert" nach Oldenburg. Heuer war das aufgrund einer Altersbeschränkung nicht möglich.
Ihr Elternhaus in Münsterhausen hat ihre Liebe zur Musik geprägt
Die Liebe zur Musik bekamen Hannes und Hendrik im Elternhaus in Münsterhausen vermittelt, wo, wie Mutter Christine Haider erzählt, oft musiziert werde. Hannes Haider lernte als Fünfjähriger Gitarre zu spielen, als Elfjähriger Trompete. Als Kind spielte Hendrick Haider Flöte, doch das Klavierspiel, mit dem er als Fünfjähriger begann, sprach ihn deutlich mehr an. Seit drei Jahren sitzt er auch an der Orgel. Mit Marianne Altstetter arbeiten beide Jungen seit vielen Jahren zusammen. Lampenfieber kenne er nicht, erklärt Hendrik Haider, schließlich habe er schon viele Auftritte hinter sich.
Dazu zählen Weihnachtskonzerte oder Auftritte mit dem Schulchor oder Schulorchester. Beide Jungs besuchen den musischen Zweig des St.-Thomas-Gymnasiums in Wettenhausen. An der Schulaufführung eines Musicals im Sommer werden beide Jungen als Gesangssolisten eingesetzt. Zweimal waren sie im Fernsehen zu sehen und bei allen drei Pontifikalämtern mit Bischof Bertram Meier in Ursberg sangen sie solo. So muss es nicht verwundern, das Hendrik Haider sich vorstellen kann, später auch im Beruf auf der Bühne zu stehen. Wohin die Reise einmal gehen wird, ist völlig offen, ebenso, welche Stimmlage Hendrik singen wird, wenn der Stimmbruch sich erledigt hat. Bariton, meint er, wäre ihm lieber, doch Marianne Altstetter würde Tenor bevorzugen. Richtige Tenöre seien eben viel seltener, und für die gäbe es ungleich mehr Paraderollen.