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Münsterhausen: Wie ein Zeitungsrest den Münsterhauser Wilddieb überführte

Münsterhausen

Wie ein Zeitungsrest den Münsterhauser Wilddieb überführte

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    Dieser Bildstock im Herrengehau südöstlich von Münsterhausen erinnert seit 150 Jahren an eine Bluttat, die einem jungen Forstgehilfen das Leben kostete.
    Dieser Bildstock im Herrengehau südöstlich von Münsterhausen erinnert seit 150 Jahren an eine Bluttat, die einem jungen Forstgehilfen das Leben kostete. Foto: Hans Bosch

    "Hier starb Oscar von Baldinger durch einen Schuß getödtet am 10. August 1871", so steht es auf einem Steinkreuz am Weg um den Unterberg im Waldgebiet Herrengehau südöstlich von Münsterhausen. Es erinnert an eine Tragödie vor rund 150 Jahren, die dem 29-jährigen königlichen Forstgehilfen das Leben kostete. Ein als Wilderer mehr oder weniger bekannter Mann war von ihm auf frischer Tat beim Abschuss eines Rehbocks ertappt worden. Es ergab sich vermutlich ein Schusswechsel, in dessen Verlauf der Forstmann durch zahlreiche Schrotkugeln getroffen wurde, während der Wildschütze unverletzt blieb.

    Der Ortshistoriker Eugen Miller hat für seine Chronik über den Markt Münsterhausen über diese Mordtat zahlreiche Gerichtsprotokolle durchforstet, eigene Nachforschungen angestellt und damit den Sachverhalt der Nachwelt erhalten. Danach war der ledige "Wirker" (damals die Berufsbezeichnung für einen Weber) den Jägern und königlichen Revierförstern in den ausgedehnten Waldungen zwischen Burtenbach, Ettelried, Ziemetshausen und den schönbornschen Waldungen nördlich Thannhausen schon längere Zeit als Wilderer im Verdacht.

    Immer wieder gelang dem jungen Mann die Flucht oder aber er verstand es, die Spuren seiner Untaten rechtzeitig zu beseitigen. Wie er das tat, ist im Münsterhauser Geschichtsbuch zu lesen: "Immer wieder schlug er den Förstern ein Schnippchen. Selbst als ihn Baldinger bis nach Hause verfolgte, konnte der von ihm erlegte Rehbock nicht gefunden werden. Und in der Wohnung wurde auch keine Waffe entdeckt. Wie war das möglich? Auf die Frage 'Wer hat geschossen?' antwortete die Mutter des Wilderers: 'Gschissa, gschossa – gwirkt hand meine Buaba!', und schaukelte neben zu sanft eine Wiege. Wie sich später ergab, befand sich in dieser kein Kind, dafür verdeckt mit einem Tuch der Rehbock samt Gewehr."

    Der Revierförster aus Thannhausen kommt dazu

    Dann kam der 10. August 1871: Der Wilderer wurde von dem Forstgehilfen Baldinger erneut auf frischer Tat ertappt und schoss als Erster mit einer Schrotflinte. Die Geschosse trafen den Förster in der linken Brusthälfte und waren durch starke Blutungen noch am Unglücksort tödlich. Zum Glück befand sich zur gleichen Zeit der herrschaftliche Revierförster Ferdinand Fischer aus Thannhausen in der Nähe. Er hörte den Schuss und fand wenig später den Toten. Der herbei gerufene Landarzt Dr. Hermann Hagen stellte als Todesursache "verblutet" fest. Der Wilddieb versuchte sein Heil in der sofortigen Flucht, eilte zu einer Münsterhauser Gastwirtin und fragte sie nach der genauen Uhrzeit. Sie gab ihm zur Antwort, er wisse doch, wo die Uhr hänge und solle selbst nachschauen. Der Grund für diese Frage ergab sich erst zu einem späteren Zeitpunkt. Der Wilddieb wollte beweisen, dass er zeitlich gesehen nicht der Mörder sein konnte. Seine Meinung: Die Entfernung vom Wald bis ins Dorf konnte in einer solchen Rekordzeit nicht zurückgelegt werden. Der damalige Landrichter Jaud aus Krumbach ließ ihn aber dennoch festnehmen.

    Der Tat überführt wurde der junge Weber dann doch. Bei einer Suche nahe der Stelle, von wo der tödliche Schuss abgegeben worden war, fand sich das Fragment einer Zeitungsseite. Das andere Teilstück entdeckte man bei einer Wohnungsdurchsuchung hinter dem Spiegel. Damit war klar, dass der Wilderer vor dem Zusammentreffen mit dem Forstgehilfen den Zeitungsteil zum Stopfen seiner Büchse verwendet hatte. Oscar von Baldinger wurde wenige Tage später nach Neu-Ulm überführt und dort begraben.

    Vom Schwurgericht in Augsburg zum Tode verurteilt

    Am 21. Dezember 1871, so ist es historisch vermerkt, verurteilte das Schwurgericht Schwaben in Augsburg den Wilderer wegen Mordes zum Tode. Der Angeklagte machte jedoch von dem damals möglichen Begnadigungsrecht Gebrauch. Der dafür zuständige König Ludwig II. von Bayern übte es in diesem Fall aus und so wurde das Urteil nicht vollstreckt, ein Grund dafür ist nicht bekannt. Der Wilddieb verbüßte eine längere Zuchthausstrafe, in deren Verlauf er sich dank seines Könnens als Weber im Fertigen von kunstvollen Altartüchern einen Namen machte. Er kam schließlich frei, heiratete und starb im Jahre 1916.

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